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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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Teil I – Strippenzieher
Teil I
Strippenzieher
1.
    Grelles Licht blendet mich. Ich möchte … weiterschlafen …
    Wie aus weiter Ferne höre ich Geräusche. Etwas kratzt und schabt und klappert. Die Umgebung verschwimmt. Helle Flecken tanzen vor meinen Augen. Ich kann mich auf nichts konzentrieren.
    Scheiße, was ist los mit mir?
    Ich versuche, mich aufzusetzen. Fürchterliche Stiche in meinem Kopf, wie lange Nadeln, die mir jemand ins Hirn schiebt.
    Wo bin ich überhaupt? Das ist nicht die Wohnung meiner Tante!
    Die Pritsche ist hart. Die Wände sind weiß, kein Fenster, keine weiteren Möbel. Die Geräusche kommen näher. Dreht sich da ein Schlüssel in einem Schloss?
    Mein Mund ist trocken. Mein Kopf … als hätte ich gesoffen … aber das habe ich nicht!
    Keinen Schimmer, wie ich hierhergekommen bin …
    Die Tür schwingt auf. Mein Herz pocht rasend schnell. Die Umrisse eines Mannes. Ein Klirren, als ich zurückweiche. Da ist etwas Kaltes, Schweres um mein Handgelenk.
    Ich kann es nicht glauben …
    Die Stimme ist mir unbekannt: »Willkommen in deinem neuen Zuhause.«
    Mama! Mama, sag mir, dass das nur ein böser Traum ist!
2.
    Lilly gähnte, zugleich war sie aufgeregter als bei jedem Vorstellungsgespräch. Sie und Patrick trugen Businessklamotten und taten, als studierten sie die Anzeige auf dem Monitor.
    Ganz oben wurde ein Flug nach Antalya angekündigt – Touris, uninteressant.
    Dann folgten Geschäftsflieger-Destinationen: Berlin, Dresden, München.
    Es war kurz nach sechs, für Lillys Empfinden noch mitten in der Nacht. Aber hier war bereits eine Menge los.
    Frankfurt, Barcelona, Berlin.
    »Siehst du den Dicken im grauen Anzug?«, fragte Patrick.
    »Wo?«
    »Na, dort drüben. Der perfekte Otto.«
    So nannte Patrick eine mögliche Zielperson. Er wünschte sich einen pädophilen Otto. Einen heimlichen Kinderficker mit nackten Gören auf der Festplatte seines Laptops, den man leicht erpressen konnte. Aber auch einem Normalbürger sollte es eine Stange Geld wert sein, einen stibitzten Aktenkoffer samt Inhalt zurückzuerhalten. Glaubte Patrick.
    Lilly staunte, wie gelassen ihr Freund war. Und er sah verdammt gut aus, als sei er einer Armani-Anzeige entstiegen. Dabei stammte sein Anzug von H&M.
    Sie hatten lange überlegt, wie sie ihre finanzielle Lage aufbessern konnten. Seit sie ihr Studium beendet hatten, hangelten sie sich von Praktikum zu Praktikum. Manchmal gab es fünfhundert Euro im Monat, dann wieder gar nichts – außer der Hoffnung auf eine Festanstellung, die regelmäßig enttäuscht wurde.
    Lillys Ersparnisse waren so gut wie aufgebraucht und ihre Eltern nicht in der Lage, sie zu unterstützen. Patrick war zu stolz, seine Alten um Geld anzuhauen. Beide schrieben Bewerbungen am laufenden Band. Erst gestern hatte man Lillys Mappe bewundert, aber etwas von Einstellungsstopp erzählt. Und dass sie auf der Liste angeblich ganz oben stünde – davon wurde sie nicht satt.
    Sie hatte dafür plädiert, eine Waffe zu benutzen. Raubüberfälle in dunklen Ecken. Wenn schon kriminell, dann richtig. Aber Patrick hatte ihr das ausgeredet. Er hielt sich für den strategischen Kopf.
    Gestern hatte Patrick die Lage am Hauptbahnhof sondiert, sich dann aber für den Flughafen entschieden. Weniger Bullen, größere Fische.
    Lillys Horrorvorstellung: in der Abflughalle jemandem über den Weg zu laufen, der sie kannte.
    »Action, Süße«, raunte ihr Freund – nur die Heiserkeit in seiner Stimme verriet Anspannung. Er schlenderte auf die Kaffeebar zu.
    Jetzt erkannte Lilly, welchen Otto Patrick meinte.
    Das geht nicht gut.
    Lilly bezog Posten bei den Aufzügen und ließ den Blick schweifen, um sich zu vergewissern, dass sie sich im toten Winkel der Überwachungskameras befand.
    Patrick hatte die Bar erreicht. Der Otto war ein großer Kerl mit halblangem Haar, Lilly sah ihn nur von hinten. Dunkler Anzug, der um den Rücken spannte, Catcherfigur, fast so breit wie lang. Er stellte sein Köfferchen ab, ein kleines Ding aus Alu. Zugleich zog er sein Portemonnaie aus der Hosentasche und sprach die Bedienung hinter dem Tresen an.
    Patrick näherte sich dem Otto, reckte das Kinn und studierte die Angebotstafel, die über der Espressomaschine hing.
    Das kann nicht gut gehen!
    Lilly packte den Griff ihrer Tasche fester. Patrick wollte dieses abgewetzte Ding aus Kunstleder später auf der Flucht mit der Beute tauschen. Der Plan: Während Lilly den Otto Koffer über das Treppenhaus zum Auto schaffte, würde er mit dem alten
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