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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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Plastikteil vor der Aufzugtür warten und den Harmlosen spielen, falls die Bullen ihn ansprachen. Sehen Sie, Wachtmeister, der Herr muss mich verwechselt haben, denn das ist nicht seine Tasche, sondern meine …
    Sie zitterte vor Aufregung. Hier liefen die Typen umher, die am Wirtschaftsboom verdienten, von dem seit einem Jahr alle redeten, und der nach ihrem Eindruck auf der Ausbeutung einer Generation von Praktikanten beruhte. Das Land ging den Bach runter. Die Steuerzahler mussten für die Spekulationsverluste der Banken und die angebliche Rettung Griechenlands aufkommen, nur die Reichen wurden noch reicher. Lilly war informiert. Sie las die Zeitung, vor allem den Wirtschaftsteil, auch wenn sie die Dinge anders bewertete als die meisten Redakteure, die darüber schrieben: Eigentlich war ein breiter Aufstand angesagt, nicht eine individuelle Aktion.
    Lilly setzte ihre Sonnenbrille auf. Im Gang zum Parkhaus gab es jede Menge Kameras, todsicher.
    Jetzt: Patrick schnappte sich das Aluding.
    Der Catcher bemerkte es sofort und bekam Patrick am Arm zu fassen.
    Scheiße, ich wusste es!
    In diesem Moment reichte die Bedienung das Wechselgeld über die Theke. Patrick riss sich los und ließ den Koffer fallen. Der Dicke bückte sich danach und schien zu überlegen, ob er die Verfolgung aufnehmen sollte, doch Patrick war bereits in den Shopping-Arkaden zwischen Boss und Etro verschwunden.
    Der Catcher wandte sich der Asiatin hinter dem Tresen zu, steckte die Münzen ein und wanderte mit seiner Tasse an den nächsten Stehtisch, das Aluköfferchen nicht mehr loslassend. Rasch trank er den Espresso aus und schlug dann den Weg zu den Flugsteigen ein.
    Minuten vergingen.
    Lilly malte sich aus, dass die Sicherheitsleute Patrick beobachtet hatten. Dass er in einem fensterlosen Kabuff im Kellergeschoss des Düsseldorfer Flughafens feststeckte. Dass die Bullen ihm zusetzten. Würde Patrick sie verraten?
    Hinter ihr öffnete sich die Aufzugtür. Reisende schoben ihre Rollkoffer vorbei.
    Dann ein leiser Pfiff. »Hey, Süße!«
    Lilly fuhr herum. Patrick rieb sich den Arm, wo der Catcher ihn gepackt hatte. Er drückte den Schalter. Lilly trat zu ihm in die Kabine, bevor sich die Tür wieder schloss.
    »Der Typ hatte sowieso kaum etwas dabei«, berichtete Patrick. »Der Koffer war viel zu leicht.«
    Eine Etage tiefer stiegen sie aus. Ankunftsebene. Übergang zum Parkhaus zwei.
    »Sag mir Bescheid, wenn du eine Toilette siehst«, bat Patrick und blickte sich um.
    Lilly ergriff seine Hand und beschleunigte ihren Schritt. »Erst mal weg von hier!«
    Eine Horde fröhlicher Frauen strömte aus dem Raum mit den Gepäckbändern in den Empfangsbereich. Braun gebrannt und im Urlaubsfummel. Lilly fragte sich, woher die Leute kamen. Zwei Jahre lang hatte sie auf jegliche Reise verzichten müssen, und dabei würde es auf absehbare Zeit auch bleiben, wenn ihre Raubzüge nichts einbrachten.
    »Wart hier auf mich!« Patrick hatte Toiletten entdeckt und steuerte die Tür mit dem Männer-Zeichen an.
    Kaum war sie hinter ihm ins Schloss gefallen, stürmte Patrick auch schon wieder heraus – eine Aktentasche aus braunem Leder in der Hand. Er eilte in Richtung Parkhaus.
    Lilly drängte sich durch die Menge und hastete ihrem Freund hinterher. Sie senkte den Kopf und wagte es nicht, sich umzusehen.
    Garantiert hat uns die Security im Blick.
    Sie fanden den Polo. Patrick zückte den Autoschlüssel. »Magst du fahren?«
    Lilly schüttelte den Kopf. Sie war viel zu aufgeregt.
    Auf der Heimfahrt sprachen sie kein Wort. Vor ihrem Wohnblock in Ratingen-Lintorf setzte Patrick das Auto in eine freie Lücke. Die Sonne strahlte unter der Wolkendecke hervor und ließ die Regenpfützen schillern. Lilly kniff die Augen zusammen. Sie stellte fest, dass sie ihre Sonnenbrille verloren hatte.
    In der Wohnung angekommen, verschwand Patrick aufs Klo und rief: »Allein die Tasche ist etwas wert, was meinst du?«
    Er hatte recht: feines, genarbtes Leder, edle Beschläge, so gut wie neu.
    Die Spülung rauschte, Patrick kehrte in die Küche zurück. »Mach das Teil auf, Süße.«
    »Ich?«
    »Unser erstes Beutestück. Stand ganz allein im Vorraum. Der Besitzer wollte es anscheinend nicht auf die vollgepissten Fliesen mitnehmen. Jetzt mach schon auf!«
    »Hat dich wirklich niemand gesehen?«
    »Garantiert nicht. Höchstens von hinten.«
    Lilly hob das Lederding prüfend an. Viel konnte auch hier nicht drin sein. Der Deckel hatte zwei Zahlenschlösser, aber sie waren unverriegelt.
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