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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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okay?«
    Auch das noch, dachte Udo. Er säuberte den Glastisch, riss eine sterile Verpackung auf, entnahm eine mittelstarke Nadel und wählte das passende Griffstück aus dem Ultraschallreinigungsgerät.
    »Machst du eine Matrize?«
    »Nicht nötig.«
    »Aber bitte sorgfältig arbeiten.« Sie zog ihr T-Shirt über den Kopf, öffnete den Verschluss ihres BH und streckte sich bäuchlings auf der schwarzen Lederpolsterung aus.
    Wenn Sandra jetzt aufkreuzt … Dann ist das eben eine normale Kundin. Basta.
    Mit dem säurefreien Filzschreiber übertrug Udo das ausgesuchte Muster auf Lillys Schultern. Sie kontrollierte die Vorzeichnung im Spiegel und war zufrieden. Udo bemerkte ihren skeptischen Blick auf sein Werkzeug.
    »Es pikst, aber das hältst du aus.«
    »Und hinterher?«
    »Ein Gefühl wie ein Sonnenbrand. Du wirst frieren. Und mächtig stolz sein. Oder willst du kneifen?«
    Lilly legte sich wieder hin.
    Udo sprühte die Haut mit Desinfektionsmittel ein. Das Spulengerät surrte. Er musste rasch arbeiten, damit er es in einer Schicht schaffte. Lilly war zierlich, die Fläche war nur begrenzt groß. Er würde auf Schattierungen verzichten, denn sonst müsste er einen höheren Preis nehmen. Ob Lilly überhaupt Kohle hatte?
    »Was macht dein Job?«, fragte er. »Werbung, oder?«
    »Sie haben mich reingelegt.«
    »Wieder nur ein Praktikum?«
    »Sie haben mich rausgeschmissen, nur weil ein Kunde abgesprungen ist.«
    »Beim nächsten Mal klappt es sicher.«
    »Gibt kein nächstes Mal. Schluss mit der Ausbeutung. Ich gehe zum Gegenangriff über.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das willst du gar nicht wissen.«
    »Teuflische Rächerin, haha.«
    Er wischte das Blut ab. Es würde ein gutes Tattoo werden.
    »Kannst du schweigen?«, fragte Lilly.
    »Natürlich.«
    »Und versprichst du mir, zur Zeitung zu gehen, falls mir etwas zustoßen sollte?«
    »Lilly, du machst mir Angst.«
    »Zur Morgenpost. Sprich mit dem Chefreporter.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde das Schwein abknallen, das für meinen Rausschmiss verantwortlich ist. Diesen Finanzboss, der ganz Deutschland verarscht und jetzt auch noch zu Europas Manager des Jahres gewählt worden ist.«
    »Lass deine Scherze. Echt jetzt.«
    »Jemand muss doch etwas tun. Das kapitalistische System erschüttern. Den Massen ein Zeichen setzen, um den ganzen Wahnsinn zu stoppen!«
    Udo fiel nichts ein, was er entgegnen könnte. Lilly machte Witze.
    Fünf Stunden später besah sie sich das Werk im Spiegel. Dabei ballte sie die Fäuste und blickte grimmig.
    »Gefällt’s dir nicht?«
    »Doch, super.«
    Udo machte ein Foto für seine Mappe, dann zog sie sich an.
    »Wie wär’s mit der ersten Rate?«, fragte er.
    Ein Schmatz auf beide Wangen. »Mehr ist heute leider nicht drin.«
    Und weg war sie.
    Er hätte es sich denken können. Udo war sauer, als er aufräumte. Lilly hatte ihn mal wieder ausgenutzt. Die Frau war völlig verrückt. Das Schwein abknallen. Ein Zeichen setzen. Und wenn sie es womöglich ernst meinte?
    Ihm fiel ein, dass sie einst Sportschützin gewesen war und sogar Pokale bei den Wettkämpfen der Jugendlichen gewonnen hatte. Udo fragte sich, ob er besser die Polizei verständigen sollte, und griff nach dem Telefonhörer.
    »Na, hattest du Kundschaft?«
    Udo fuhr herum. Sandra. »Ja, äh, ein Kerl hat sich die Schultern tätowieren lassen.«
    Sandra umarmte ihn. Ein inniger Kuss. Er spürte ihr Zungenpiercing und musste an das Metall denken, das sie an anderen Stellen trug.
    »Magst du nicht den Laden abschließen?«, fragte sie.
    Udo kam ihrer Bitte nach. Als er zurückkehrte, streifte sein Blick den Ordner, der noch auf dem Tisch lag. Erst jetzt fiel ihm die kleingedruckte Bildlegende auf. Streng genommen waren das gar keine Teufelsflügel gewesen.
    Am Rand der Seite stand: Schwarzer Schwan.

Nachwort
    Liebe Menschen aus unterschiedlichen Zusammenhängen haben mir Einblicke in ihre Arbeit gestattet, mein Schreiben kritisch begleitet, mich mit Anregungen versorgt und dabei nicht auf die Uhr geschaut.
    Insbesondere geht mein großer Dank an Raymund Braun, Annette C., Klaus Dönecke, Klaus Eckert, Goeta Feldmann, Wolfgang Kral, Thomas Kürten, Ingo Liese, Michael Meller, Christoph Müller, Bruno Schröders, Guido Schweers und meine wunderbare Frau Kathie Wewer.
    Als das Manuskript erst zu zwei Dritteln und noch in roher Verfassung vorlag, fand es das Kulturamt Düsseldorf bereits auszeichnungswürdig. Vielen Dank für das Arbeitsstipendium Literatur 2011 der
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