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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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Gemeinsam mit Ela und Thilo fuhr Anna hinter dem Mannschaftswagen des SEK her. Sie hielten außer Sichtweite des Hauses und warteten, während die vermummten Kollegen ausschwärmten.
    Die Zeit dehnte sich.
    Endlich krächzte Adomeits Stimme aus dem Funkempfänger: »Es kann losgehen.«
    »Du musst nicht, wenn du nicht willst«, betonte Ela noch einmal.
    Ihre Blicke trafen sich.
    Anna stieg aus.
    Sie kam sich albern vor in der gelb-roten Jacke mit DHL-Schriftzug und dem leeren Karton in der Hand. Das Holster trug sie weit hinten auf der Hüfte, damit Urban keinen Verdacht schöpfte, falls er zufällig gerade aus dem Fenster sah.
    Dass der ehemalige Kollege ihr Gesicht kannte, war unwahrscheinlich. Soviel sie wusste, waren sie sich nie begegnet.
    Die Fassade des Einfamilienhauses war ockerfarben verklinkert. Gleich hinter dem Grundstück begann der Stadtwald. Die Sträucher im Vorgarten benötigen dringend einen Schnitt, dachte Anna.
    Ihr fiel ein, dass sie echter wirken würde, wenn sie mit einem gelben Transporter vorgefahren wäre.
    Der Eingang lag an der Giebelseite des Hauses, wo auch die Garage stand. Eine Gegensprechanlage gab es nicht. Anna drückte den Klingelknopf. Er kann mich nicht kennen, wiederholte sie in Gedanken. Seine Dienststelle ist an der Heinrich-Heine-Allee gewesen, nicht in der Festung. Wenn sie sich aber doch einmal in der Kantine begegnet waren? Beim Karneval oder auf einer Weihnachtsfeier?
    Links und rechts von Anna duckten sich SEK-Beamte gegen die Mauer, um das Haus zu stürmen, sobald Urban die Tür öffnete. Sie wusste, dass weitere Männer von der Terrassenseite her eindringen würden. Sie brauchte nicht einmal das Haus zu betreten, so der Plan.
    Mir kann nichts geschehen.
    Anna klingelte noch einmal.
79.
    Mir tut noch immer alles weh.
    Ich muss schlimm aussehen, denn der Kerl hat geweint, als er mir das Essen brachte. Ich sei schuld an seinem Ausraster, hat er mir erklärt. Er habe das nicht gewollt. Tief in ihm gebe es ein Tier, das man nicht wecken dürfe.
    Wenn ich brav bin, sagt er, schlägt er mich nicht mehr. Es liege an mir, ob das Tier schlummert oder zum Monster wird. Ich verspreche ihm, ab jetzt zu gehorchen.
    Irgendwann werde der Tag kommen, an dem ich mich frei im Haus bewegen darf, behauptet er. Er wolle mich sogar mit nach draußen nehmen. Aber erst müsse ich beweisen, dass ich sein Vertrauen verdiene. Es werde Prüfungen geben, kündigt er an.
    In dem Moment, als er gehen will, klingelt es oben an der Haustür.
    Er lächelt mich an, aber sein Blick jagt mir Angst ein.
    Die erste Prüfung, sagt er. Ich lasse die Tür offen und du machst keinen Mucks. Haben wir uns verstanden, meine Tochter?
    Ich nicke. Mir ist klar, was passiert, sollte ich um Hilfe rufen: Zuerst tötet er seinen Besuch, dann mich.
    Es klingelt wieder.
    Nachdem der Dreckskerl gegangen ist, ziehe ich die Pritsche beiseite und setze mein Werk fort. An einer Stelle bin ich unter der bröckeligen Mörtelschicht auf Lehm gestoßen. Irgendwo jenseits der Wand ist die Freiheit. Wie lange werde ich brauchen?
    Die eigenen Zweifel an meinem Tun vertreibe ich, indem ich mir sage, dass ich nicht die Erste bin, die aus diesem Keller flieht.
    Das andere Mädchen hat es geschafft – ein schöner Gedanke.
80.
    Ein drittes Klingeln, der letzte Versuch.
    Von drinnen waren Schritte zu hören, ein Schlüssel im Schloss, dann wurde die Tür aufgezogen.
    Jochen Urban stand auf der Schwelle. Der Schädel unrasiert, kurze graue Stoppeln an den Schläfen. Ein breites Lächeln.
    »Mensch, Dominik!« Jochen umarmte ihn und tätschelte den Rücken. Dominik fragte sich, ob die Herzlichkeit echt war. Oder tastete Jochen ihn nach einer etwaigen Verkabelung ab?
    Katja Sick, die bei Urban Ermittlungen am Wochenende den Bürodienst versah, hatte Dominik verraten, dass er ihren Chef nicht zu Hause antreffen würde, also war er zum zweiten Mal an diesem Tag nach Kronenburg gerast. Es war Abend geworden und kühl, hier in der Eifel.
    »Komm rein, mein Junge!«
    Zögernd folgte Dominik. Er war nervös wie an seinem ersten Tag in der Altstadtwache. Die Pistole an seiner Hüfte fand er peinlich, auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass sie nötig war.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte Jochen.
    »Bernd Hilgers vom hiesigen Angelsportverein hat mir den Weg beschrieben.«
    »Der gute, alte Bernd. Ohne ihn könnte der Verein dichtmachen.«
    Es ging über eine steile Treppe in das Dachgeschoss. Sie betraten eine Art Wohnzimmer, mit billigen
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