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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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Monitor. Was hast du getan, Jochen Urban? Warum du?
    Dominik fragte sich, ob er etwas hätte ahnen müssen. Wir waren Partner und sind Freunde – zumindest habe ich mir das stets eingebildet. Wie blind bin ich gewesen?
    Er griff zum Hörer, um bei Urban Ermittlungen anzurufen. Dann legte er unverrichteter Dinge wieder auf. Er beschloss, dem Mann, dem er wie einem großen Bruder vertraut hatte, von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
    Dominik schloss die Schublade auf und holte seine Dienstwaffe hervor. Die Walther P99 lag schwer in seiner Hand. Er brachte das Holster am Gürtel an, verstaute die Pistole und steckte auch das Reservemagazin ein. Nach drei Jahren zum ersten Mal.
    Ihm war klar, dass er besser einen Vorgesetzten informieren sollte. Dass er die Festnahme einem Spezialeinsatzkommando überlassen müsste.
    Aber das kam für ihn nicht infrage.
    Dies war eine Sache zwischen Jochen und ihm.
76.
    Anna fühlte sich wie gerädert. Zu fliegen war für sie seit einiger Zeit purer Stress, doch sie konnte sich dem Trip nicht verweigern. Flugangst einzugestehen, wäre das Letzte gewesen, sich selbst gegenüber und erst recht den Kollegen. Sie und MK-Leiter Becker waren zu Vernehmungen nach Berlin gereist – die wichtigsten Leute aus dem Berliner Umfeld von Paula Busch im Stundentakt. Ein anstrengender Arbeitstag.
    Der Rückflug, eine Zumutung. Stickige Luft und Turbulenzen. Die enge Röhre der Kabine bis auf den letzten Platz vollgestopft. Und neben ihr ein schlecht gelaunter Thilo Becker, der ihr die Schuld daran gab, dass er Dominik Roth in die Mordkommission geholt hatte.
    »Nie wieder werde ich auf dich hören«, schimpfte Thilo.
    Anna blätterte im erstaunlich billig gestalteten Bordmagazin und versuchte, sich vom Gedanken an einen Absturz oder eine mögliche Panik an Bord abzulenken.
    Schließlich setzte der Flieger so sanft auf, dass Anna die Landung fast nicht mitbekommen hätte.
    Zwei Kollegen der Schutzpolizei holten sie mit ihrem blau-silbernen Passat am Ausgang ab. Anna und Thilo schalteten ihre Handys wieder ein. Sofort klingelten beide Geräte: Nachrichten auf ihren Mailboxen.
    Während der Streifenwagen über den Kennedydamm in Richtung Innenstadt fuhr, tippte Anna auf die Eins, presste den Apparat ans Ohr und erfuhr, dass die letzte Nummer aus der Verbindungsliste von Paula Buschs Mobiltelefon endlich identifiziert worden war. Sie gehörte einem Diensthandy des Vorstandsvorsitzenden der Düsseldorfer Rhein-Bank AG.
    »Das passt«, sagte Thilo, der die gleiche Mitteilung erhalten hatte.
    Anna ließ das Fenster ein paar Zentimeter nach unten gleiten, um den Fahrtwind zu spüren.
    Die Kollegen des Berliner Landeskriminalamts hatten die Nachbarn des Firmenapartments befragt, in dem die Repräsentantin der Deutschen Börse AG nach ihrer Trennung von Staatssekretär Lichtenberg gewohnt hatte. Eine Zeugin wollte Paula Busch mit Dingendorff zusammen im Hausflur getroffen haben. Das Paar habe einen »innig verbundenen« Eindruck gemacht, so die Formulierung des Protokolls. Die Aussage galt als glaubwürdig – das Gesicht des Topmanagers kannte jeder, der regelmäßig Fernsehnachrichten oder Talkshows verfolgte.
    »Aber die Begegnung fand vor über zwei Monaten statt«, fügte Thilo hinzu. »Und einer wie Dingendorff hätte sich längst gemeldet, wenn er etwas zur Aufklärung beitragen könnte, meinst du nicht auch?«
    »Hätte, könnte, lange her«, gab Anna zurück. »Du willst dich doch nicht davor drücken, den Bankenboss zur Vernehmung zu laden?«
    Thilo tippte auf seinem Smartphone herum und schwieg.
    Anna war froh, dass ihre gemeinsame Vorgesetzte Ela Bach das letzte Wort haben würde. Für Mordverdacht gab es keine Einkommensgrenze. Und die Leiterin des KK 11 kannte keine Scheu vor großen Tieren.
    Kurz darauf erreichten sie die Festung. Als Anna ihr Büro betreten wollte, entfuhr ihr ein leiser Ausruf der Überraschung.
    »Was ist los?«, fragte Thilo.
    »Ich hätte schwören können, dass ich mein Büro gestern Abend abgeschlossen habe.«
    »Passiert mir ständig.« Thilo zog seinen Schlüssel und ging weiter.
    Anna betrat den Raum. Auf den ersten Blick schien nichts verändert worden zu sein. Sorgfältig sortierte Anna die Papiere auf ihrem Tisch, kontrollierte die Schubladen, überflog die Rücken der Fallakten im Regal – nichts fehlte.
    Monitor und Rekorder standen seit gestern bereit zur Sichtung der Überwachungsvideos vom Flughafen. Sie hatte gerade damit beginnen wollen, als die
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