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0976 - Flügel des Todes

0976 - Flügel des Todes

Titel: 0976 - Flügel des Todes
Autoren: Michael Breuer
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Frankreich, südliches Loire-Tal, 12.32 Uhr
    Missmutig blickte Stephane Chéne nach oben.
    Vor wenigen Augenblicken hatte noch strahlender Sonnenschein den Morgen erhellt, doch völlig abrupt waren dicke Wolken aulgezogen. Der Himmel färbte sich nachtschwarz. Schon einen Moment später prasselten die ersten Regentropfen hernieder.
    Chéne verzog das Gesicht. Schon seit Stunden hatte sich keine Mitfahrgelegenheit mehr gezeigt und auch jetzt war weit und breit kein Wagen in Sicht.
    Was für einen kurzen Moment nach einem harmlosen Schauer ausgesehen hatte, entwickelte sich schon nach wenigen Augenblicken zu einem Wolkenbruch ungeahnter Heftigkeit.
    »Das hat mir gerade noch gefehlt«, murrte Chéne. Er fuhr sich mit der Hand durch das lange, dunkelblonde Haar und ließ den prall gefüllten Rucksack von seiner Schulter zu Boden gleiten.
    Es war schon eine Weile her, dass er in Feurs seine Reise per Anhalter begonnen hatte und sein Ziel lag noch einige Kilometer entfernt. Wahrscheinlich würde er bei seinem Eintreffen nass bis auf die Haut sein, denn nach einem kurzen Schauer sah es wirklich nicht aus.
    »Ich bin halt zum Leiden geboren«, ließ er in einer jener selbst mitleidigen Anwandlungen vernehmen, die ihn zuweilen mehr oder minder unbegründet überkamen. Natürlich hörte ihn niemand und so musste er auch nicht mit dem üblichen Widerspruch rechnen.
    Seit ihn seine letzte Mitfahrgelegenheit an einer Raststätte abgesetzt hatte, war schon einige Zeit vergangen und seither war der Endzwanziger auf Schusters Rappen unterwegs. Das machte ihm nichts aus. Sitzen konnte er schließlich im Berufsalltag schon genug. Da war es eine richtige Erholung, sich wenigstens im Urlaub einmal ordentlich die Beine zu vertreten. Mit Beginn des Wolkenbruchs sank die Lust des Wanderers auf einen gepflegten Fußmarsch allerdings auf den Nullpunkt.
    Missmutig schlang er die Arme um den Körper. Mit der Sonne schien auch die Wärme verschwunden zu sein und trotz seiner eigentlich ausreichenden Bekleidung begann er zu frieren.
    Er sah sich um.
    Schon seit Stunden hatte er keinen Wagen mehr gesehen. Von daher pfiff er nun überrascht durch die Zähne, als sich am Horizont ein Auto näherte. Eilig streckte er den Daumen aus und signalisierte, dass er nach einer Mitfahrgelegenheit suchte.
    Der Wagen kam heran und rollte einige Meter vor dem Wanderer aus. Dieser grinste erleichtert darüber, nun nicht länger im Regen herumstolpern zu müssen. Eilig, bevor es sich der Fahrer anders überlegen konnte, hastete er auf das Auto zu. Es handelte sich um einen mitternachtsschwarzen Lexus.
    »Schicker Schlitten«, dachte Chéne noch bei sich, bevor er die Beifahrertür öffnete und den Kopf ins Innere steckte.
    Am Steuer saß eine junge Frau. Sie mochte etwa Mitte zwanzig sein, wirkte jedoch seltsam alterslos. Langes, blondes Haar umfloss ihre Schultern wie flüssiges Gold. Sie trug eine legere Bluse und Jeanshosen. Aus großen dunklen Augen musterte sie Chéne schmunzelnd. Dieser konnte ihren Blick nur stumm erwidern. Für einen kurzen Moment kam ihm die Fremde geradezu überirdisch vor. Mit ihrem wallenden Haar wirkte sie wie ein leibhaftiger Engel.
    »Springen Sie schon rein, bevor Sie da draußen absaufen«, erklärte sie und winkte aufmunternd.
    Eilig nahm Chéne auf dem Beifahrersitz Platz und deponierte den Rucksack zwischen seinen Füßen.
    »Besten Dank, Madame«, sagte er, zögerte einen Moment und stellte sich dann vor. »Stephane Chéne ist mein Name.«
    Die Fahrerin winkte lässig ab. »Keine Ursache, wohin soil’s denn gehen?«
    »Ich bin auf dem Weg zu einem kleinen Dorf, ein paar Kilometer von hier«, antwortete Chéne.
    Die Frau nickte lächelnd. Offenbar kannte sie sich in der Gegend aus. »Ganz in der Nähe gibt es ein ziemlich interessantes Schloss«, erwiderte sie nämlich, »Château Montagne, das sollten Sie sich unbedingt einmal ansehen.«
    Chéne nickte. Das sollte er vielleicht wirklich. Vorausgesetzt, Janine ließ ihm die Zeit dazu. Er hatte die flotte Zwanzigjährige vor ein paar Tagen in einer Diskothek in Feurs kennengelernt und sich auf Anhieb mit ihr verstanden. Man konnte sagen, es hatte gleich gefunkt.
    Obwohl Chéne zuweilen gern behauptete, geradezu unglaublich schüchtern zu sein, konnte davon in der Realität keine Rede sein. Tatsächlich konnte er nämlich eine gute Portion Charme an den Tag legen. So war es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass ihn Janine schon bald in ihr Heimatdorf eingeladen hatte, wo
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