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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer
Autoren: Jason Dark
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Sie waren bis zu den Klippen gefahren und hatten dann gestoppt. Irgendwo arbeitete der Motor noch nach, anders war das leise Knacken nicht zu erklären, das bei Wendy Baxter eine Gänsehaut verursachte. Sie fühlte sich unwohl, und das sagte sie auch.
    »Verdammt, ich wollte nicht, dass du hier zu den Klippen fährst. Scheiße ist das.«
    Felix Molina lachte. »He, ich weiß gar nicht, was du hast. Hier ist es doch super.«
    Wendy ballte die Hände zu Fäusten. »Ich wollte nicht hierher. Verstehst du das?«
    »Aber in der Disco wolltest du auch nicht bleiben.«
    »Stimmt!«
    »Deshalb stell dich nicht so an!«
    Wendy kniff die Lippen zusammen. Sie hatte Angst, und diese Angst war als Kribbeln zu spüren, das durch ihren Körper rann. Die Angst konnte sie schlecht in Worte fassen. Zumindest war der Grund dafür nicht rational erklärbar. Er hatte auch nichts mit Felix zu tun, denn sie mochte ihn, und sie hatte schon öfter mit ihm geschlafen. Beide verstanden sich im Prinzip gut. Sie hatten sich wirklich gesucht und gefunden, aber manchmal konnte sie die Anwandlungen ihres Freundes nicht verstehen. Da fiel er einfach aus dem Rahmen. Dabei brauchten sie nicht mal bis an die Klippen zu fahren, um allein sein zu können. Felix hatte eine eigene Bude, in der sie ungestört waren, aber nein, er musste ja noch diesen verdammten Turn machen, und das ärgerte sie.
    Am meisten jedoch ärgerte sich Wendy über ihre eigene Unsicherheit. Sie hatte das Gefühl, dass etwas in der Luft lag. Es war nicht zu sehen, sie konnte es auch nicht richtig beschreiben. Für sie war es etwas Bedrohliches, das die Nacht für sie bereit und auch versteckt hielt. Sie konnte es nicht beschreiben, aber wenn sie es auf einen Nenner brachte, dann lautete der: Gefahr!
    Sie holte tief Luft.
    »Hast du was?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    Wendy musste zwei Mal schlucken, bevor sie antworten konnte. »Ich habe einfach nur Angst.«
    »Vor wem?« Er knuffte sie an. »Doch nicht vor mir – oder?«
    Wendy drehte den Kopf. Was sie sah, gefiel ihr. Felix war kein so angepasster Typ, er war jemand, der seinen eigenen Weg ging, und das demonstrierte er auch nach außen. Hell gefärbte Rastalocken, die er jeden Morgen neu flocht und band.
    Ein Gesicht, in dem keine Falschheit zu lesen war. Wendy hatte sich zuerst in seine Augen verliebt, die so sanft schauen konnten. Später hatte sie festgestellt, dass Felix auch so jemand war, der einen anderen Menschen ernst nahm. Nur hin und wieder flippte er aus. Da musste er seinen Kopf einfach durchsetzen.
    »Nein, vor dir nicht.«
    »Super. Vor wem dann?«
    »Vor dem fliegenden Ungeheuer.«
    Sie hatte leise gesprochen. Entsprechend laut klang das Lachen des jungen Mannes. Es schallte durch den Wagen, und erst als Wendy mit den Fäusten gegen das Armaturenbrett trommelte, hörte es auf.
    »Lass das!«
    »Warum? Soll ich weinen?«
    »Nein. Aber du nimmst mich nicht ernst.«
    Felix Molina nickte. »Stimmt, ich nehme dich nicht ernst. Was du gesagt hast, ist Mist. Das kannst du vergessen. Das war ein Schuss in den Ofen. Das fliegende Ungeheuer – wenn ich das schon höre. Das gibt es nicht. Das ist unmöglich. Wie wurde es noch genannt in den Zeitungen?« Er hatte den Kopf nach links gedreht, um Wendy anschauen zu können, die blass und steif neben ihm saß.
    »Der Nachtschwärmer.«
    »Toll.«
    »Es gibt ihn«, flüsterte Wendy »Denk doch mal an die Menschen, die in diesem Sommer verschwunden sind. Sie waren plötzlich weg, und niemand hat sie mehr gesehen. Sie sind nicht wieder aufgetaucht. Sie... sie...«
    »Es verschwinden immer wieder Leute.«
    »Ja, das weiß ich. In den Zeitungen steht das. Sie tauchen auch in den meisten Fällen nicht mehr auf. Aber hier sind sie aus dem Umkreis verschwunden, und da steckt mehr dahinter, das kann ich dir schwören. Glaub an mich.«
    Felix grinste breit. »Klar, ich glaube an dich. Wenn nicht, wären wir nicht zusammen.«
    Wendy drehte ihm wieder den Kopf zu. »Ach ja? Hast du das ehrlich gemeint?«
    »Habe ich.«
    Sie zeigte ein scharfes Grinsen. »Sehr gut, mein Lieber, sehr gut. Wenn du an mich glaubst, dann musst du auch akzeptieren, dass ich Angst habe.«
    »Ja, das hast du. Aber Angst vor etwas, das es nicht gibt.« Felix fuchtelte mit den Händen. »Das sind doch Märchen. Du weißt selbst, wie die Leute hier sind. Die erzählen immer viele Geschichten. Sie bilden sich was ein. Die dichten sich irgendwelchen Scheiß zusammen, wenn die Dinge schlecht für sie laufen. Warum glaubst
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