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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer
Autoren: Jason Dark
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und nahm es an mich.
    Aus dem Bett hörten wir ein Heulen, das uns zunächst an den Ton eines Werwolfs erinnerte. Aber das war er nicht. Er war etwas anderes. Er war eine Mischung aus Hund, Wolf und Katze. Es geschah in einem wahnsinnigen Tempo. Auf der Haut verschwanden die Haare. Dafür wuchs das dunkle Fell dort, aus dem zwei spitze Ohren hervorschauten. Da er noch immer auf dem Bauch lag, war sein Gesicht nicht zu sehen. Bill wollte schon zum Bett gehen, doch ich hielt ihn zurück.
    »Nein, nein, warte.«
    Hinter unserem Rücken hörten wir Lorna reden. Um sie konnten wir uns jetzt nicht kümmern. Sie war hoffentlich so vernünftig und blieb zurück.
    Die Kleidung wurde durch die Verwandlung zerrissen. Zerrissen wurde auch die Bettdecke durch die krummen Krallen, die fast so spitz wie Messer waren. Und die Haut auf dem Rücken beulte sich an zwei verschiedenen Stellen auf, so dass zwei Höcker entstanden, die immer spitzer wurden und dabei die Haut ausdünnten.
    Dann platzte sie auf!
    Der Druck war einfach zu stark gewesen, und im nächsten Moment schoss aus den Höckern etwas hervor, das sich sofort ausbreitete. Wir sahen zwei Flügel. Oder auch Schwingen. Sie bewegten sich hastig, und der Nachtschwärmer schaffte es, sich von seinem Bett zu erheben.
    Noch immer auf dem Bauch liegend, drehte er sich herum, und endlich sahen wir sein Gesicht.
    Ein Gesicht?
    Nein, das war nicht nur ein Gesicht. Das waren zwei Gesichter in einem. Das der Bestie und das des Menschen. Beide hatten sich übereinander geschoben, wobei das Gesicht des Menschen immer mehr verblasste und das zweite voller durchschlug.
    Bisher hatten wir nicht gewusst, mit wem wir es zu tun hatten. Nun war uns alles klar, und Bill konnte seine Meinung nicht für sich behalten.
    »Paul Erskine ist eine Kreatur der Finsternis!«
    Damit hatte er genau ins Schwarze getroffen. Er war nichts anderes als dieser verfluchte Urdämon, der es geschafft hatte, die urlangen Zeiten zu überleben und sich anzupassen. Es hatte die Kreaturen der Finsternis in ihrer schrecklichsten Form schon gegeben, da war an Menschen nicht zu denken. Da war die Erde wüst und leer gewesen, doch das Gute und das Böse existierten bereits, und das Böse war unter einem Deckmantel versteckt gewesen, aber der Mantel hielt nicht ewig. Er hatte Löcher bekommen, starke Risse, und so kamen die verfluchten Dämonen immer wieder frei.
    Sie nahmen dann ihre wahre Gestalt an, wenn sie auf Jagd gingen, und mein Kreuz, eine der wenigen Waffen, die es gegen sie gab, hatte für diese Verwandlung gesorgt.
    Es war ein unheimliches und auch Angst einflößendes Bild, als sich der Nachtschwärmer in die Höhe erhob. Der Raum hier war nicht besonders groß, und es sah bei ihm aus, als wollte er ihn von einem Ende bis zum anderen ausfüllen.
    Bill Conolly sprach mich mit hektischer Stimme an. »Willst du nicht schießen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht? Das verstehe ich nicht...«
    »Ich vertraue auf das Kreuz.«
    »Das hilft doch nicht.«
    »Warte es ab.«
    Ich wirkte sehr ruhig, was meinen Freund irritierte. Bill war nervös. Er schaute auch nicht nur auf den Nachtschwärmer über dem Bett, sondern drehte den Kopf zurück, denn dort stand noch immer Lorna Higgins, die uns zuschaute.
    Der Nachtschwärmer schrie auf.
    Es war kein lauter Schrei, eher einer, aus dem eine gewisse Hilflosigkeit sprach. Mehr jaulend und mehr angstvoll. Er bewies uns, dass sich diese Person in einem Zustand der Auflösung befand. Es waren seine letzten und auch verzweifelten Versuche, etwas zu erreichen. Er flatterte in die Höhe, das heißt, er wollte es, aber er kam nicht richtig vom Fleck weg, und so blieb er über dem Bett schweben.
    Und dann drehte er den Kopf!
    Dabei sackte er um keinen Zentimeter tiefer, aber wir sahen, wie er ihn bewegte und wie schwer es ihm fiel. Und wir vernahmen dabei Geräusche, die uns Schauer über den Rücken laufen ließen. Sie hörten sich an, als würden irgendwelche Stahlseile reißen, da konnten wir sogar dem halblauten Zinnnnggg ... lauschen.
    Keine Seile. Das waren die Sehnen in seinem Hals, die rissen wie zu straff gespannte Sprungseile.
    Der Kopf drehte sich weiter. Aus dem hohen Singen wurde ein Knacken und Knirschen, und dann fiel der Schädel einfach ab.
    Er landete auf dem Kopfkissen, als hätte ein wahnsinniger Henker sich diesen Platz ausgesucht.
    Bill schüttelte den Kopf. Er sah wie ich die uns zugedrehten Augen. Wir sahen auch den Mund, auf dem kein Grinsen mehr zu sehen war, denn
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