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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer
Autoren: Jason Dark
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nicht so wie ich.« Er saß und wischte dabei über sein Gesicht. Im nächsten Moment weiteten sich seine Augen. »Verdammt. Wo sind denn unsere drei Ladies?«
    Ich deutete auf das Wasser.
    »Was?« Er schüttelte den Kopf. »Hast du sie denn nicht zurückhalten können?«
    »Nein, es ging alles zu schnell.«
    »Sie werden ihn gehört haben«, sagte Lorna mit leiser Stimme. »Ich glaube, dass der Nachtschwärmer sie gerufen hat.«
    »Ist er da?«
    »Nein, aber nah«, erwiderte Lorna und schaute dabei in die Runde. Sie hatte sich inzwischen wieder hingesetzt, und die Angst war ihr jetzt anzusehen.
    Bill wischte sein Gesicht von den letzten Wassertropfen frei. »Hast du eine Erklärung, John? Was Lorna sagte, ist mir zu wenig.«
    »Es muss reichen.«
    Lorna mischte sich wieder ein. »Es ist sein Einfluss«, erklärte sie. »Sie gehören ihm doch. Ich sollte ihm auch gehören. In dieser Nacht wollte er mich zu seiner Braut machen, und das wird auch noch passieren. Wir können ihm nicht entkommen.«
    »Das steht noch nicht fest«, erklärte Bill und griff wieder nach der Stange. »So leicht lassen wir uns auch von einem Nachtschwärmer nicht an der Nase herumführen.«
    »Er ist schon nahe.«
    »Abwarten.«
    Auch wenn ich Lorna glaubte, keiner von uns sah ihn. Der Nebel umgab uns nach wie vor wie dichte Tücher, die sich schwerfällig bewegten. Es hatte auch keinen Sinn, wenn wir mit unseren kleinen Lampen leuchteten, der Dunst würde die Helligkeit schlucken.
    Bill ruderte weiter. Ob es die exakte Richtung war, wusste er nicht, und ich konnte ihm auch nicht helfen. Zudem hatte ich jetzt etwas anderes zu tun, denn ich hielt Ausschau nach den ins Wasser gesprungenen drei Frauen.
    Nichts war von ihnen zu sehen. Das Wasser hatte sich auch wieder beruhigt. Die letzten Wellen waren verlaufen, und ich dachte daran, dass Menschen so lange nicht tauchen konnten. Es sei denn, sie zählten nicht mehr dazu. Dann sahen die Dinge anders aus.
    Uns umgab eine gefährliche Stille, die nur von den Klatschgeräuschen des Wassers unterbrochen wurde, wenn Bill die Stange eintauchte. Wir waren konzentriert, denn jeder von uns rechnete mit einer plötzlichen Veränderung.
    Sie trat noch nicht ein. In den nächsten zwei Minuten bekamen wir die nötige Ruhe. Bill hatte sich zu einem perfekten Bootsführer entwickelt. Wenn das so weiterging, konnte er bald als Gondoliere in Venedig arbeiten. Ich beobachtete die Wasserfläche, so gut es der Nebel zuließ, und ich war auch davon überzeugt, dass die drei Frauen nicht abgetaucht waren, sondern unseren Weg begleiteten und nur auf einen günstigen Moment warteten, um eingreifen zu können.
    Eigentlich hätten wir das Ufer mit dem trockenen Boden schon erreicht haben müssen. Dass es nicht der Fall war, ließ eine bestimmte Vermutung zu, über die ich aber nicht länger nachdenken wollte. Mir kam nur der Gedanke, dass wir uns auf dem Nachen wie auf dem Präsentierteller befanden.
    »Ich wäre ja schon froh, wenn wir irgendwo andocken würden«, sagte Bill, »aber das ist...«
    Er verstummte.
    Auch ich sagte nichts, und Lorna schwieg ebenfalls, denn wir hatten etwas gehört. Von außen her hatte es einen Stoß gegen die Nachenwand gegeben, so heftig, dass der kniende Bill leicht ins Trudeln geriet. Keiner von uns glaubte, dass wir gerade in diesem Augenblick gegen ein Hindernis gefahren waren, so etwas war zu unwahrscheinlich. Ich saß am dichtesten an der Bordwand, schaute darüber hinweg – und sah dicht unter der Wasserfläche die Umrisse eines fast nackten Frauenkörpers. Er war gegen die Bordwand gestoßen und wieder nach unten gesackt.
    Aber er trieb höher. Er durchbrach die Oberfläche und sein Kopf erreichte den Nebel.
    Ich sah das Gesicht trotzdem.
    Es war nicht mehr das einer Frau oder eines Menschen. Mich starrte eine Bestie an...
    ***
    Sekundenlang stockte mir vor Überraschung der Atem. Was ich hier sah, passte überhaupt nicht zusammen. Der jugendliche Körper, die straffe Haut, die Attraktivität und jetzt das verdammte Gesicht.
    Nein, die Fratze!
    Einfach hässlich. Dämonisch, irgendwo auch eklig. Bleich und eine Mischung aus Katze und Wolf mit einem breiten Maul, in dem die langen Zähne schimmerten. So also sahen die Bräute des Nachtschwärmers aus. Sie hatten sich in ihrem Aussehen ihm angeglichen. Man konnte sie nur als widerlich bezeichnen. Da war auch nichts mehr von den Haaren zu sehen, denn sie waren vom dichten und jetzt nassen Fell abgelöst worden.
    Wir starrten uns
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