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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer
Autoren: Jason Dark
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an.
    Bill hatte sie noch nicht gesehen und Lorna auch nicht, aber sie merkte, dass etwas nicht in Ordnung war.
    Das Mädchen meldete sich mit fast überschlagender Stimme. »John, ich spüre es. Ja, ich spüre es, da ist was!«
    »Stimmt.«
    »Was denn?«, rief Bill.
    Ich musste meine Antwort herunterschlucken, denn in diesem Augenblick griff mich das Wesen aus dem Wasser an. Als hätte sich unter ihren Füßen ein Katapult befunden, so schnellte es in die Höhe. Die Fratze tauchte vor meinem Gesicht auf, ich sah auch die mit Fell bedeckten Arme und die krallenartigen Hände.
    Sie fasste nach meinem Hals.
    Ich wuchtete meinen Körper zurück. Dabei hörte ich Bill schreien, weil der Nachen wieder kriminell schwankte, aber das lag auch an dem Wesen, das seinen Oberkörper nach vom geworfen hatte und nun versuchte, das flache Boot zu entern.
    Jetzt wurde es auch von den beiden anderen gesehen. Sie hörten zudem das Kreischen, das aus der Kehle drang, und mir blieb nur eine einzige Wahl, um einem Angriff zu entgehen.
    Ich lag auf dem Rücken, und in dieser Position zog ich meine Beretta hervor.
    Sie war entsichert, ich brauchte nur abzudrücken, und das tat ich, als das Wesen seine Krallen in meine Beine schlug.
    Die Fratze war das Ziel!
    Der Schuss klang ungewöhnlich gedämpft innerhalb des Nebels, aber die Kugel jagte mitten in den Kopf hinein, der nach oben gerissen wurde, als sollte er den Halt mit dem Hals verlieren.
    Das traf nicht zu.
    Der Kopf blieb dran. Das Wesen schüttelte ihn heftig nach links und nach rechts. Da flogen nicht nur Wassertropfen weg, sondern ganze Brocken, die das zerstörende Silber aus dem Schädel gelöst hatte.
    Der Griff lockerte sich. Ich zog das linke Bein an und drückte es wieder nach vorn. Dabei traf ich die nackte Schulter des Wesens, das durch den Druck zurück ins Wasser fiel und dort versank.
    Die Erste war geschafft!
    Obwohl ich so dachte, stieg in mir das Mitleid hoch, dass ich mit diesem Wesen hatte. Nur das Gesicht hatte sich verändert, ansonsten besaß es einen menschlichen Körper, aber ich befreite mich von dem Gedanken, einen Menschen getötet zu haben.
    Obwohl Lorna nichts sah, hatte sie die Hände vors Gesicht geschlagen. Sie weinte. Sie wusste, was da geschehen war, und auch Bill fragte nur aus reiner Neugierde.
    »Die Erste?«
    »Ja.«
    »Ich habe sie kurz gesehen. Das war kein Mensch mehr, John. Sie hat sich in eine Bestie verwandelt...«
    »Sie war die Braut des Nachtschwärmers. Sie ist durch seinen Biss oder wie auch immer so geworden, und wir müssen davon ausgehen, dass es die beiden anderen auch noch versuchen werden.«
    »Okay. Dann mische ich mit.«
    »Nein, rudere du weiter. Aber halte die Augen offen. Die tauchen bestimmt gleich auf.«
    »Ist klar.«
    Innerhalb kürzester Zeit hatte der Fall eine verdammte Tragik bekommen. Bisher hatten die Menschen noch Hoffnungen haben können, was die Vermissten anging, das war nun vorbei. In den Körpern steckte der magische Keim, und es gab nur bestimmte Lösungen, um sie davon zu befreien. Eine hatte ich gewählt.
    Ich warf wieder einen Blick über die Bordkante. Die Fahnen des Nebels schienen sich an der Oberfläche festgehakt zu haben. Sie ließen sie stark verschwimmen, und es war für mich nicht klar, ob wir in der nahen Zukunft einen zweiten Angriff erwarten konnten.
    Wenn das passierte, dann würde die andere Seite sicherlich vorsichtiger zu Werke gehen.
    Bill stakte weiter. Er ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen, aber ich wusste, dass er innerlich verdammt erregt war.
    Lorna Higgins hatte ihre Hände wieder sinken lassen. »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
    »Die brauchst du nicht zu haben«, wiegelte ich ab. »Wir kriegen sie. Verlass dich drauf.«
    »Und was ist mit dem Nachtschwärmer?«
    »Den holen wir uns auch.«
    Sie gab keine Antwort mehr. Es war möglich, dass sie mir nicht glaubte, aber das war nicht mein Problem. Ich dachte in eine andere Richtung weiter. Es störte mich jetzt gewaltig, dass wir das andere Ufer noch nicht erreicht hatten. Der Nebel hatte uns wirklich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich hoffte nur, dass wir nicht orientierungslos durch den Sumpf trieben. Auf der anderen Seite war er kein Meer und auch kein riesiger See. Wir würden nicht die ganze Nacht hier draußen treiben, sondern mussten irgendwann ein Ufer erreichen.
    Um unsere Füße herum schwappte das Brackwasser, aber es gab keine neuen Wellen auf der Oberfläche, die auf einen Angriff aus der Brühe
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