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Der Nachtschwärmer

Der Nachtschwärmer

Titel: Der Nachtschwärmer
Autoren: Jason Dark
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konnte.
    Sie wollte es nicht glauben. Sie schrie. Sie weinte, und dann sah sie das Ungeheuerliche.
    Der Nachtschwärmer ließ ihren Freund los.
    Felix fiel!
    Die Tiefe war wie ein mächtiger Trichter, der ihn schluckte. Ob er schrie, das konnte sie nicht hören, denn in ihren Ohren rauschte es plötzlich. Ihr Blut war durch das empfundene Entsetzen so in Wallung geraten, dass es im Kopf und in den Ohren rauschte und alles andere überdeckte.
    Irgendwann schaffte sie es auch wieder, sich zu bewegen. Wendy ging langsam rückwärts und blieb erst stehen, als sie mit dem Rücken gegen den Rand der offen stehenden Wagentür stieß.
    Der Stoß in den Rücken war nicht eben weich gewesen, und er hatte bei ihr eine Zündung angestellt, denn plötzlich kam ihr ein Gedanke, über den sie sich alles andere als freuen konnte.
    Sie dachte daran, dass nicht nur die Toten gefunden worden waren, sondern auch junge Frauen einfach verschwunden waren. Ihr Freund lebte nicht mehr.
    Man würde seinen Körper zerschmettert zwischen den Klippen finden, aber sie lebte noch.
    Und auch der Nachtschwärmer!
    Dieser Gedanke peitschte den Selbsterhaltungstrieb in ihr hoch. Jetzt dachte sie nicht mehr an ihren Freund. Sie wollte Zusehen, dass sie selbst mit dem Leben davonkam.
    Da gab es nur eine Chance!
    Sie musste den Wagen so schnell wie möglich starten und dann die Flucht ergreifen. Zurück in den Ort oder wieder zur Disco fahren, das war ihr egal. Nur weg aus der verdammten Einsamkeit und unter Menschen sein. Da würde sich der Nachtschwärmer nicht hinwagen.
    Was sie nun tat, wurde allein von ihrem Überlebenswillen bestimmt. Es hatte auch damit zu tun, dass sie seit zwei Jahren Auto fuhr. Sie kannte sich aus. Zwar war sie die Strecke von der Disco hierher nicht gefahren, was nichts machte. Der Rückweg würde schneller gehen, denn das Gelände führte leicht bergab. Sie durfte nicht zu schnell sein, denn auch auf dieser glatten Strecke hatte es in der Vergangenheit schon öfter Unfälle gegeben.
    Sie dachte an ihren Freund. Felix war tot. Es gab keine andere Möglichkeit. Das Bild, als die Bestie ihren Freund losgelassen hatte, würde sie nie vergessen. Das war der Sturz in den Tod gewesen, etwas anderes gab es für sie nicht.
    Wendy Baxter warf noch einen letzten Blick zum dunklen Himmel. Sie suchte dort nach dem fliegenden Schatten. Zugleich hoffte sie darauf, ihn nicht zu sehen, und genau diese Hoffnung erfüllte sich. Der Nachtwächter schien das Weite gesucht zu haben.
    Sicher war sich Wendy jedoch nicht. Aber die Leere des Himmels gab ihr schon einen Funken Hoffnung.
    Sie musste hier lebend fortkommen. Das Zittern allerdings konnte sie nicht vermeiden. Es verfolgte sie noch, als sie bereits im Wagen saß und versuchte, den Motor zu starten. Der Schlüssel steckte, das war okay, aber ihre Finger waren feucht von Schweiß, und so war es nicht verwunderlich, dass sie zwei Mal an dem Metall abrutschte, bevor sie das vertraute Geräusch hörte.
    Beim Anfahren beging sie den Fehler einer Anfängerin. Der Wagen sprang nach vorn. Wendy wurde in den Gurt gedrückt. Sie biss die Zähne zusammen und machte weiter. Um sich in Sicherheit zu bringen, musste sie drehen. Sie fuhr etwas zu schnell, die Reifen griffen nicht richtig, aber sie packte es trotzdem, und sie versuchte auch, sich einzig und allein auf die Fahrerei zu konzentrieren und nicht mehr an den Schrecken der nahen Vergangenheit zu denken.
    Weg! Nicht mehr in die Disco. Hinein in den Ort fahren. Dort gab es die nötige Sicherheit, wobei sich die Frage stellte, ob es wirklich eine absolute Sicherheit gab. Bestimmt nicht, wenn der Nachtschwärmer unterwegs war. Er bekam immer das, was er wollte. Man hatte ja nicht nur die Toten gefunden, es waren auch junge Frauen verschwunden, die nicht wieder aufgetaucht waren.
    Es gab Verdächtigungen. Es wurde viel geredet. Man passte in der Gegend auf, aber man vergaß auch wieder schnell. Wer aus der Disco kam und verschwand, wobei die Leichen nicht gefunden wurden, der hatte selbst Schuld. Sagte man.
    Die Leute konnten gnadenlos sein, und das konnte Wendy Baxter einfach nicht begreifen.
    Sie fuhr, und sie hatte dabei das Fernlicht eingeschaltet. Der Wagen hüpfte über den Boden, der bergab führte. Es war keine glatte Strecke, die sie zurücklegte. Immer wieder ragten die grauen Steine aus dem Boden hervor, die sie umkurven musste. Es gab Querrillen, es gab Mulden, in die der Wagen hineinglitt und immer wieder einen Stoß erhielt. Dennoch hielt
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