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0447 - Der Drachen-Meister

0447 - Der Drachen-Meister

Titel: 0447 - Der Drachen-Meister
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Lyan griff nach dem Helm und stülpte sich ihn auf den Kopf. Sorgfältig zurrte er den ledernen Kinnriemen fest. Nicht, daß er den Helm wirklich gebraucht hätte, doch er verlieh Lyan ein etwas martialischeres Aussehen. Manchmal lächelte er über sich selbst. Er sah auch ohne Helm und ähnliche Dinge eindrucksvoll aus. Er besaß einen muskulösen, hochgewachsenen Körper, nach dem die Mädchen sich auf den Straßen von Sikaar umdrehten. Und wenn er nur einmal freundlich lächelte, umschwärmten sie ihn sofort. Er konnte jede Frau in Sikaar haben, wenn er nur wollte.
    Lyan pfiff. Die Echse senkte den mächtigen Schädel. Auf einen Wink ihres Herrn näherten sich zwei Sklaven und begannen der Echse das Zaumzeug anzulegen. Daraufhin knickten die Beines des Reptils ein, und es ließ sich willig den Sattel auflegen. Ein festgefügtes Ritual; wenn jemand zuerst den Sattel auflegen wollte, zerfetzte ihn das Biest mit seinen langen und spitzen Zähnen. Sobald es Zaumzeug trug, blieb es lammfromm - weil es genau wußte, daß die Zäumung es beim Fressen stark behinderte, daß sich ein Angriff auf den Menschen also nicht lohnte. Diese Echsen waren zwar nicht intelligent, aber sie besaßen eine zwingende Logik, der sie folgten wie ein Computer seinem Programm.
    Lyan lächelte.
    Die Echse kauerte solange auf dem Boden, bis der Reiter in den Sattel gestiegen war. Dann richtete sie sich wieder auf - vorsichtig, um ihn nicht abzuwerfen. Der Logiksektor des Reptilhirns sagte ihm: Wenn Abwurf, dann schmerzhafte Bestrafung. Und ein Wehren gegen die Bestrafung schied aus, solange das Zaumzeug angelegt war und das Reptil am Fressen hinderte - weil Töten ohne Fressen ebenso unlogisch war wie Verletzen ohne Töten. In den Gehirnzellen des Reptils gab es nur Ja-Nein-Entscheidungen, nichts anderes.
    Und die verdammten Biester konnten sich nicht erinnern. Sie besaßen kein Gedächtnis, sondern lebten und handelten nur für ihre Gegenwart. Deshalb waren sie die besten Kampftiere, die sich ein Mann wie Lyan vorstellen konnte. Fügte man ihnen Schmerz zu, änderten sie zwar ihr Verhalten, aber sie rächten sich nicht später, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben war, weil man ihnen das Zaumzeug abgenommen hatte. Es gab nur eine Art Grundspeicher, Erfahrungswerte, die elementar eingeprägt waren und nach denen sich die Ja-Nein-Entscheidungen richteten.
    Lyan ließ sich seinen Speer reichen.
    Dann berührte er einen Nervenknoten im Nacken der Echse, dicht unter einer Hornschuppe, die verkürzt worden war und dem Reiter damit die Möglichkeit gab, diese Stelle mit der Hand zu erreichen. Das Reptil setzte sich in Bewegung. Mit den Zügeln konnte Lyan es jetzt lenken.
    Er lenkte es auf die schwarze Öffnung im Berg zu.
    ***
    Professor Zamorra lächelte. »Wir haben lange keine Party mehr gefeiert«, sagte er. »Es wird Zeit. Außerdem haben wir einen Grund für ein Fest.«
    Robert Tendyke hob die Brauen. »Was für einen?« fragte er. Er sah aus dem Fenster. Unten im Tal zog sich das graue Band der Loire durch die Landschaft. Hier und da lagen Schneereste, die noch nicht abgetaut waren. Der Himmel war wolkenverhangen. Vor ein paar Stunden erst hatte es geregnet; die Straßen waren noch feucht. Wenn es zu frieren begann, würden sie spiegelglatt werden.
    »Schau in den Spiegel, dann kennst du den Grund, mein Freund«, sagte Zamorra. Der Mann, der eher wie ein James-Bond-Darsteller denn wie ein typischer Professor aussah, lächelte. Von der Statur her ähnelte er seinem Gesprächspartner, der aber anstelle von Zamorras legerer Freizeitkleidung völlig in Leder gehüllt war. Stiefel, Hose, Hemd - alles bestand aus weichem Veloursleder, und neben ihm auf der Tischplatte lag der ebenfalls lederne Stetson, ohne den er niemals in der Öffentlichkeit gesehen worden war. »Operettencowboy« hatte einmal jemand den Abenteurer genannt, der rund um die Welt reiste und seinem Hobby Gefahr hinterher lief, weil er nicht hinter einen Büroschreibtisch paßte. Den Schreibtisch überließ er lieber seinen Leuten. Ihm gehörte ein weltweiter Industriekonzern mit einer Menge von Sub-Firmen, über die er selbst möglicherweise längst die Übersicht verloren hatte. Es interessierte ihn auch kaum. Solange die Firmen ihren Mitarbeitern Lohn und Brot gaben und für Robert Tendyke selbst genug Geld abfiel, daß er seinem Hobby ungestört nachgehen konnte, kümmerte er sich herzlich wenig um all den Hintergrundkram.
    Irgendwann einmal in grauer Vergangenheit mußte er sich
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