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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan
Autoren: H Eckert
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ganze Aufwand? Er hatte längst zugegeben, einen der Schüsse abgefeuert zu haben.
    Thilo Becker leitete das Team, das Urbans Ferienhaus durchsuchte. Er schien Spaß daran zu haben, Dominik schmoren zu lassen, und Dominik fühlte sich wie in einem Film, in dem er bereits vor drei Jahren mitgespielt hatte. Wieder hatte er alles falsch gemacht.
    Erst Stunden später, zu Hause im Düsseldorfer Präsidium, händigte man ihm eine Decke aus. Ein Kollege brachte einen Trainingsanzug. Ein Arzt versorgte den Kratzer an seinem Arm, keine ernsthafte Verletzung. Ein Beruhigungsmittel – Dominik nahm es dankbar an.
    Doch auch nachdem er die Tablette geschluckt hatte, zerbrach er sich weiter den Kopf. Was hatte Jochen Urban zum Monster gemacht? Die Tragödie seiner eigenen Familie? Das Verschwinden Lisas? Dominik konnte sich nicht vorstellen, dass der Exkollege auch seine Tochter auf dem Gewissen hatte. Eher war Lisa geflohen vor dem dominanten Vater, in dessen Nähe sie zu wenig Luft zum Atmen gespürt hatte – so in etwa hatten die Vorwürfe von Jochens Exfrau Christiane gelautet.
    Dominik nahm sich vor, sie bald zu besuchen. Auch um der alten Zeiten willen, in denen er, Nelly und die Urbans so manchen Sommerabend miteinander gegrillt und gelacht hatten.
    Gegen drei Uhr begann die Vernehmung durch Thilo Becker und einen Mordermittler, den Dominik noch nicht kannte. Sie stellten Fragen, auf die er keine klare Antwort wusste. Warum er in Annas Büro eingebrochen war. Wieso er es für sich behalten hatte, als er seinen Expartner in dem Video erkannte. Weshalb er allein nach Kronenburg gefahren war, ohne Auftrag, ohne Absicherung durch ein Kommando der harten Jungs.
    »Gehört die Schrotflinte dir?«, fragte Becker.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Warum hast du Urban erschossen?«
    »Leck mich doch.«
    »Mach’s uns nicht so schwer, Kollege Roth. Jeder weiß, dass du Dreck am Stecken hast.«
    Dominik war zu müde, um sich aufzuregen. Die Fragen kreisten und wiederholten sich, dann zogen die zwei Männer des KK 11 ab. Dominik versuchte zu schlafen, doch der Stuhl war hart und die Bilder des Abends wichen nicht aus seinem Kopf.
    Die Morgendämmerung kündigte einen klaren, blauen Himmel über dem Rheinland an.
    Als sich die Tür öffnete und Kripochef Benedikt Engel mit ausgestreckten Armen auf ihn zukam, wusste Dominik, dass sich das Blatt gewendet hatte.
    Frisch geduscht, rasiert und in eigenen Klamotten nahm Kriminalkommissar Dominik Roth gegen elf Uhr vormittags zwischen Engel und KK-11-Leiterin Ela Bach auf dem Podium der Pressekonferenz Platz. Das Briefing und die nachfolgenden Fragen und Antworten drangen nur bruchstückhaft in sein Bewusstsein. Das Blitzlichtgewitter riss kaum ab. Dominik sehnte sich nach Schlaf und vermutlich würde das Lächeln, das er für die Kameras aufsetzte, nur als dümmliches Grinsen rüberkommen. Doch das war ihm egal.
    Er war der Held.
    Die Behörde hatte beschlossen, seinen Alleingang als mutige Rettungstat zu interpretieren – jedes Warten auf Verstärkung hätte Leonies Leben gefährden können. Sein Einbruch in Anna Winklers Dienstzimmer wurde schlicht unter den Teppich gekehrt. Selbst die Vorwürfe der Strafvereitelung und der unerlaubten Nebentätigkeit hatten sich in Luft aufgelöst, denn auch die Staatsanwaltschaft stimmte zu, dass der Polizei ein tadelloser Retter weit besser zu Gesicht stand als ein außer Kontrolle geratener Ermittler. Zumal im Überschwang der Freude über Leonies Befreiung mit kritischen Nachfragen nicht zu rechnen war.
    Als Dominik in der letzten Reihe der Zuhörer Hanna erkannte, war er schlagartig wach. Sie war in Begleitung ihrer Schwester erschienen. Susanne Hachmeister stand bei ihnen. Sie trug ihren Nadelstreifenanzug, die Frisur mehr denn je aufgedonnert.
    Dominik hatte den Eindruck, dass Hanna seinem Blick auswich. Er konnte es kaum erwarten, mit ihr zu reden. Alles richtigzustellen. Um Verzeihung zu bitten.
    Endlich beendete der Polizeisprecher die Fragerunde und auch die Fotografen packten zusammen. Die Pressemeute drängte zum Aufbruch. Das Theater war überstanden.
    Engel legte die Hand auf Dominiks Arm und raunte: »Wir reden in den nächsten Tagen über Ihre Zukunft, Kollege Roth.«
    Dominik stieg vom Podium. Er hatte es eilig. Am Ausgang stauten sich die Journalisten, doch als sie den Helden erkannten, machten sie ihm Platz.
    Im Flur stieß er auf Britta Kaul, Leonies Mutter. Sie gaben sich die Hand, dann fiel ihm die Frau um den Hals, weinend vor
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