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0861 - Gefangene der Namenlosen

0861 - Gefangene der Namenlosen

Titel: 0861 - Gefangene der Namenlosen
Autoren: Jason Dark
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Es war auch nicht dunkle Nacht. Wir standen uns bei hellstem Tageslicht gegenüber, allerdings auf einem ungewöhnlichen Platz, auf einem Friedhof und etwas geschützt durch das Geäst hoher Bäume und umgeben von halbhohen Büschen.
    Das alles interessierte nur am Rande. Ebenso wie die Beerdigung, deretwegen wir den Friedhof betreten hatten. Wichtig war für mich das kleine Monster.
    Es strahlte einen unwahrscheinlichen Haß aus. Durch diesen Haß hatte ich mich auch ablenken lassen, deshalb hatte ich es versäumt, daß Kreuz aus der Tasche zu holen.
    Ob der kleine Junge etwas davon gewußt hatte oder nicht, es war mir nicht klar, jedenfalls nutzte er die Gunst des Augenblicks und wuchtete sich hoch.
    Blitzartig sprang er mir entgegen, und dies ohne einen erkennbaren Ansatz. Er jagte auf meinen Kopf zu, während er im Sprung den rechten Arm ruckartig nach hinten bewegte.
    Damit schlug er auch zu.
    Eine kleine Faust wollte mich auf dem Kopf treffen. In diesem Moment durchzuckte die Warnung des Chiefinspektors mein Gehirn, der von einer unwahrscheinlichen Kraft dieses kleinen Kindes gesprochen hatte. Ich beherzigte sie und warf mich zur Seite.
    Zwar noch rechtzeitig, aber nicht schnell genug. Mich traf die Faust nicht im Gesicht, sie donnerte auch nicht auf meinen Schädel, sie streifte mich nur zwischen Ohr und Kinn. Diese Berührung reichte aus, um mich merken zu lassen, was an Kraft hinter diesem verfluchten Dämonenwesen steckte.
    Ich segelte irgendwohin, während ich glaubte, daß mein Kopf auseinanderplatzte. Etwas krachte unter mir zusammen. Ich fand mich in einem Busch liegend wieder, dessen Zweige mein Blickfeld einengten. Ich hörte auch ein heiseres Kreischen, einen Laut der Wut und des sicheren Sieges.
    Dann kam der Kleine.
    Nein, es war nicht der gleiche.
    Als ich mich aus dem Gebüsch befreien wollte und dabei in die Höhe schaute, ging über mir ein Halbmond aus Metall auf. Für mich sah es wirklich so aus, und ich wußte auch im ersten Augenblick nicht, wie ich damit zurechtkommen sollte.
    Nur war das kein Halbmond. Das war genau der Gegenstand, vor dem auch Tanner gewarnt hatte.
    Eine höllisch scharfe Sense, die einen normalen Griff aufwies, aber für das kleine, böse Kind viel zu groß sein mußte. Dennoch transportierte der Junge es mit einer Leichtigkeit, die mir schon einen gewissen Schrecken einjagte.
    Während er ging, bewegte sich das Sensenblatt. Die Strahlen der Sonne spiegelte sich darauf, und plötzlich raste die Waffe in einem schrägen Winkel nach unten, als sollte mir ein stählerner Halbmond den tödlichen Segen geben.
    Es war nicht einfach, ihr zu entkommen. Sie sichelte schräg in das Gebüsch hinein, in dem ich mich verkrochen hielt. Als sie fiel, rollte ich mich zur Seite. Ich mußte einfach auf dem Boden bleiben, wenn ich hochkam, bot ich nur Angriffsfläche. Also wälzte ich mich weiter, drückte dabei gegen sperrige Hindernisse, um mich zur Seite zu schaffen und wieder frei zu werden.
    Der Stahl räumte auf.
    Mit einem großen schrägen Schnitt teilte er die Zweige und fetzte die oberen Hälften davon. Mich erwischte er nicht, aber ich wußte auch, daß dieses Wesen so leicht nicht aufgeben würde.
    Zum Glück kam ich frei, rollte durch das Gras, sah auch den ersten Zwilling und hörte einen Schuß.
    Das dämonische Kind sprang in die Höhe, obwohl es von keiner Kugel getroffen worden war. Am Klang der Waffe hatte ich die Beretta erkannt. Also hatte mein Freund Suko eingegriffen, um das Erbe des abtrünnigen Josephiel zu vernichten.
    Der böse, kleine Kerl wirbelte herum. Von links sah ich Suko herbeieilen. Ich hörte auch über mir wieder ein Rauschen, die Senke senkte sich abermals, und ich warf mich mit einem flachen Sprung nach vorn, wobei ich ebenfalls die Beretta hervorriß, aber nicht zum Schuß kam, denn der erste der Zwillinge war schon weggehuscht.
    Er brach durch die Büsche wie eine Kanonenkugel. Für einen Moment war keiner der beiden zu sehen, doch hinter mir schwebte das Blatt der Sense über dem Buschwerk, und ich hörte eine schrille und sehr böse klingende Stimme.
    War es das Zeichen zur Flucht?
    Die Sense verschwand.
    Ich war trotzdem vorsichtig und rannte nicht hin. Die Beretta hielt ich längst fest, auch Suko stand jetzt an meiner Seite. »Mist, sie sind weg!«
    »Komm!«
    Ich nahm den Weg, den auch der erste Zwilling geflohen war. Er hatte eine regelrechte Bresche in die Buschreihe geschlagen. Nichts hatte ihn aufhalten können, wir folgten seinen Spuren
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