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0675 - Der Geist von Château Montagne

0675 - Der Geist von Château Montagne

Titel: 0675 - Der Geist von Château Montagne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zurücklassung seines Hemdes aus ihrer Umarmung. Schnuppernd folgte er der Duftspur in Richtung Küche. Dort standen eine offenbar frisch gekochte Kanne Kaffee und zwei Tassen bereit. Und dazu eine Flasche Cognac!
    »Fast wie in alten Zeiten, als Raffael noch lebte«, schmunzelte Zamorra. »William scheint sich zu mausern.«
    William, der schottische Butler, gehörte eigentlich zu Lady Patricia und dem kleinen Sir Rhett und war mit den beiden zum Château Montagne übergesiedelt, als Zamorra ihnen angeboten hatte, während der Zeit des Heranwachsens des Jungen anstelle der schottischen Einsamkeit die französische Gastfreundschaft zu genießen - zumal hier Rhetts Sicherheit zuverlässiger gewährleistet werden konnte.
    Anfangs hatte William den alten Raffael Bois unterstützt, der schon längst im Pensionsalter gewesen war, aber von seiner Arbeit nicht hatte lassen können. Ihn wirklich in den Ruhestand zu versetzen, hätte den alten Mann umgebracht.
    Irgendwann gehörte William dann »richtig« zum Château. Und jetzt, nach Raffaels Tod, natürlich erst recht. Was geschah, wenn Rhett und seine Mutter irgendwann soweit waren, daß sie nach Llewellyn-Castle zurückkehren konnten, war längst nicht mehr sicher. Würde William mit ihnen zurückkehren, oder zog er es dann vor, im Château und in Zamorras Dienst zu bleiben?
    Aber vorläufig spielten diese Überlegungen noch keine Rolle.
    Was Zamorra in diesem Fall erstaunte, war, daß William plötzlich Raffaels Ahnungsvermögen zu entwickeln schien. Wie sonst hätte genau jetzt frisch gekochter Kaffee zur Begrüßung bereit stehen können? Immerhin hatte um diese späte Stunde niemand mit den beiden Heimkehrern rechnen können, die sich nicht angekündigt hatten.
    Zamorra schenkte den Kaffee ein und sorgte dabei für ein gediegenes Mischungsverhältnis mit dem braunen Göttertrank.
    »Frage mich bloß, warum William uns nicht auch begrüßt hat, wenn er schon alles für uns bereitgestellt hat«, überlegte Nicole. »Oder sollte es gar nicht für uns, sondern für anderweitigen Besuch sein?«
    »Wer sollte uns besuchen? Wer uns kennt, weiß, daß wir in diesen Tagen unterwegs waren. Und kurz vor Mitternacht Kaffee anzubieten, dürfte auch nicht gerade zu normalen Bewirtungsgepflogenheiten gehören. Das macht man doch nur, wenn man weiß, daß man's mit Nachteulen zu tun hat, wie wir es sind. Der Rest unserer Freunde und Bekannten ist doch eher tagaktiv. Nein, das ist schon für uns hingestellt worden. Aber daß William uns nicht selbst empfangen hat, wundert mich schon.«
    Nicole wandte sich dem Visofon zu und forderte über die Sprachsteuerung eine Verbindung mit dem Butler. Die Bildtelefonanlage, die per Tastatur oder Stimme interne und externe Leitungen schalten konnte und auch Zugriff auf das Computersystem erlaubte, verband alle bewohnten Räume des Châteaus miteinander.
    Nach ein paar Sekunden meldete William sich, ließ den Bildschirm aber dunkel. »Sie sind wieder zu Hause?« wunderte er sich.
    »Seit ein paar Minuten, William. Danke für den Kaffee.«
    »Was für ein Kaffee? Ich verstehe nicht.« Das Bild leuchtete auf und zeigte den Butler, der gerade die Knöpfe seiner gestreiften Weste schloß. »Wenn Sie Kaffee wünschen, werde ich selbstverständlich sofort eine Kanne aufsetzen und…«
    »Moment mal.« Zamorra schob sich, die dampfende Tasse in der Hand, neben Nicole in den Erfassungsbereich der Kamera. »Heißt das, den hier haben Sie nicht gekocht?«
    »Bestimmt nicht, Monsieur«, erwiderte William. »Ich wußte ja nicht, daß Sie heute abend zurückkehren, und ich bin auch in den letzten vier Stunden nicht mehr in der Küche gewesen.«
    »Na dann… Verbindung aus«, sagte Zamorra.
    Kopfschüttelnd sah er Nicole an.
    »Entweder will er uns auf den Arm nehmen, oder du hast recht und es war tatsächlich nicht für uns gedacht. Vielleicht erwartet Patricia noch Besuch und hat deshalb…«
    »Dann«, verkündete Nicole, »hat sie jedenfalls Pech und kann ihren Mitternachtsgast jetzt mit zwei Portionen weniger bedienen. Komm, verschwinden wir hier, ehe die sieben Zwerge kommen und fragen, wer aus ihren Tassen getrunken und an ihrer Cognacflasche herumgespielt hat.«
    »Meinst du, man könnte uns mit Schneewittchen verwechseln?« grinste Zamorra.
    »Dich bestimmt nicht«, lachte sie, griff nach seiner Hand und zog ihn mit sich, hinauf in die Wohnetage und in Richtung Bad, wobei sie eine bunte Spur fortgeworfener Kleidungsstücke hinter sich zurückließen,
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