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0675 - Der Geist von Château Montagne

0675 - Der Geist von Château Montagne

Titel: 0675 - Der Geist von Château Montagne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Pater Ralph war nicht unbedingt das, was man einen »Nachtmenschen« nennen konnte. Aber wenn seine ausgedehnten Spaziergänge mal etwas ausgedehnter wurden, war er auch in den dunklen Stunden noch unterwegs und hielt es nicht einmal für nötig, böse Geister mit munter dahingepfiffenen oder gesungenen Liedchen abzuschrecken. Sein Glaube war stark genug, diese eventuellen Geister fernzuhalten - so es sie denn tatsächlich in der Umgebung gab und sie versuchten, ihn zu foppen oder ihm gar Schaden zuzufügen.
    Was bisher nie geschehen war.
    Allerdings hatte Pater Ralph schon etliche Dinge erlebt, die in den Bereich des Übersinnlichen einzuordnen waren, seit er in diesem kleinen Dorf an der südlichen Loire als Geistlicher tätig war, und immer hatte Professor Zamorra damit zu tun gehabt, oder es gab andere Zusammenhänge mit seinem Château.
    Pater Ralph stand diesen Dingen recht aufgeschlossen gegenüber. Und er fand es wichtig und richtig, was dieser Zamorra tat, auch wenn der Professor kein Kleriker war, sondern der Hölle, so gesehen, als »Laie« entgegentrat. Wobei Pater Ralph ihn keinesfalls als »Laien« im eigentlichen Sinn betrachtete; Zamorra hatte es durchaus verdient, »Meister des Übersinnlichen« genannt zu werden.
    Nicht alles, was Zamorra tat, gefiel dem Pater. Nicht alles, was Zamorra tat, konnte in dieser Form den konservativen Kräften der Kirche gefallen - aber der Zweck heiligte die Mittel.
    In Gedanken versunken über Feldwege schreitend, näherte er sich geraume Zeit nach Sonnenuntergang wieder dem Rand des kleinen Dorfes und bemerkte fast zu spät zwei Menschen, die zwischen Strauchwerk neben dem Weg standen und in Richtung Dorf sahen. Seine eigenen Schritte waren den beiden Jugendlichen ebenfalls entgangen, die jetzt erschreckt zusammenzuckten.
    Schmunzelnd registrierte Pater Ralph die geöffnete Bluse des Mädchens und die geöffnete Hose des jungen Burschen, nur war wohl nicht er es gewesen, der die beiden bei ihrem Treiben gestört hatte, denn das hatten sie schon unterbrochen, ehe er in ihre Nähe kam.
    »Ist es dafür nicht ein bißchen zu kalt hier draußen?« grinste er. »Na ja, wahre Liebe friert niemals…«
    »Pater Ralph!« keuchte das Mädchen entsetzt. Hastig bemühten sich die beiden zu verpacken, was es zu verpacken galt.
    »Ich werde euch schon nicht exkommunizieren«, versprach der Pater, »und auch nicht bei euren Eltern verpetzen, aber daß man das, was ihr da tun wolltet, Sünde nennt, wird euch ja wohl bekannt sein. Ist etwas passiert?«
    Philippe deutete zum Dorf hinüber.
    »Da brennt Licht«, sagte er.
    »Natürlich brennt da Licht, wo Menschen woh…« Ralph unterbrach sich. »Du meinst doch nicht etwa…?«
    Das leerstehende, allmählich verfallende Haus am Dorfrand, einige hundert Meter von den anderen Häusern entfernt?
    »Vor ein paar Minuten ging da Licht an«, sagte Madeleine. »Und gleich im ganzen Haus. So, als würde da einer wohnen.«
    »Seit ich denken kann, hat da nie ein Mensch gelebt«, sagte Philippe leise. »Das Haus stand immer leer. Und jetzt brennt Licht. Da stimmt doch was nicht, oder?«
    »Oder hat es jemand gekauft und wohnt da jetzt? Aber davon hätten wir doch etwas mitbekommen müssen«, fügte Madeleine hinzu.
    Das Dorf war klein, und selbst kleinste Veränderungen sprachen sich wie ein Lauffeuer herum. Wenn jemand in das seit rund 30 Jahren leerstehende Haus eingezogen wäre - es wäre niemandem entgangen.
    Ralph schüttelte den Kopf. »Von einem Kauf ist mir nichts bekannt«, sagte er. »Ich wüßte auch nicht, von wem jemand dieses Haus kaufen sollte. Die, denen es einmal gehörte, sind schon vor meinem Amtsantritt gestorben, und seither hat niemand Anspruch erhoben. Es gibt scheinbar gar keinen Besitzer.«
    »Gibt es das denn, Pater?« wunderte sich Philippe. »Alles muß doch irgendwem gehören.«
    »Alles gehört in Wirklichkeit Gott dem Herrn«, erklärte Ralph. »Allerdings verlieh er die irdischen Besitztümer den Menschen mit dem Auftrag, sich die Erde untertan zu machen. Was«, fügte er etwas bitterer hinzu, »manche dieser Menschen entschieden zu wörtlich zu nehmen pflegen.«
    Plötzlich verloschen die Lichter in dem Haus, und wenig später trat eine dunkle Gestalt ins Freie. Einen Moment lang verharrte die Gestalt reglos, dann tauchte sie unter. Wenig später flammten Autoscheinwerfer auf, und ein Fahrzeug entfernte sich von dem Haus und auch vom Dorf, verschwand in Richtung Feurs.
    »Wir werden sehen, was das zu bedeuten
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