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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Prolog
    Wie in jedem Winter tränt mein Auge von den vielen Stunden im stickigen Rauch des Torffeuers. Ich blinzele einige Male und reibe mir die laufende Nase. Die geschwollenen Schleimhäute in Mund und Rachen brennen ein wenig vom Einatmen der verräucherten Luft. Ohne mich weiter daran zu stören, lehne ich mich zurück an die kühle Flechtwerkwand. Ich strecke meine Beine unter den kleinen Tisch vor mir und drehe den dicken Papyrus in den Schein des Feuers, um besser lesen zu können. Von draußen erklingt lautes Lachen und freudiges Geschrei, dann höre ich dumpfe Schläge gegen die andere Seite der Wand, an der ich sitze. Die Kinder bewerfen sich mit Schneebällen und haben ihre Freude dabei! Die hohe, klare Stimme meiner lieben Frau mischt sich in das Gelächter, sodann das Bellen der Hunde. Ein Gefühl des Glücks und der Wärme durchläuft mich, trotzdem ziehe ich den Umhang an meinem Hals enger zusammen. Ich muss dringend hinaus zu ihnen, etwas frische Luft schnappen! Zu lange habe ich heute schon wieder hier gehockt und geschrieben, gelesen und weiter geschrieben. Die düsteren Wintermonate, in denen die harte Feldarbeit ruht, sind ideal dafür. Ich will, nein, ich muss meine ungeheuerlichen Erlebnisse festhalten – sie aufschreiben und dann irgendwo sicher verwahren. An einem Ort, wo sie Jahrtausende überdauern können. Denn meine Aufzeichnungen sind nicht für die Menschen dieser Zeit, dieser Epoche bestimmt, schließlich gibt es keinen Einzigen unter ihnen, der meine Worte würde lesen oder gar verstehen können. Dennoch handelt die Geschichte von ihnen – besser: von uns! Es ist meine Geschichte und die ihre. Meine Danksagung an dieses Volk.
    Warum ich so dankbar bin?
    Weil ich hier mein Glück gefunden habe. In dieser uralten Welt, dieser uralten Zeit. Kaum etwas würde von ihr bleiben, kaum etwas würde man noch von ihr wissen nach 2000 Jahren. Die Kultur und die Rituale dieses Volkes, seine Sprache, seine Helden, seine Götter. Fast alles würde verschwinden, untergehen im Mahlstrom der Jahrtausende!
    Meine Geschichte soll dazu beitragen, ein wenig davon in die Zukunft zu retten. Diese Menschen, die sich selbst »Chauken«, also die »Hohen« nennen, haben mich aufgenommen und beschützt. Immer und bedingungslos. Ohne meine Familie und meine Freunde unter ihnen wäre ich längst tot und vergessen. Unsere Schicksale haben sich untrennbar miteinander verknüpft, haben sich vermischt wie die Wasser eines Baches, der in einen größeren Fluss mündet.
    Diese Erzählung ist mein Tribut an das Volk der Chauken – ein großartiges Volk von geruhsamen Bauern und immer, wenn es nötig war, auch tapferen und furchtlosen Kriegern. Ich selbst habe viele blutige Schlachten und harte Hungerwinter überstanden, mit den Chauken im »Gewaltigen Krieg« gekämpft, war Zeuge der Unterwerfung der Langobarden durch den angesehenen Tiberius, der später Kaiser von Rom wurde. Ich habe Arminius dabei geholfen, die drei Legionen des berühmten Varus in einer der bekanntesten Schlachten der Geschichte zu besiegen, und habe dafür einen der begehrten Legionsadler als Belohnung bekommen. Anschließend habe ich mit Mühe und Not die Vernichtungsfeldzüge des gerissenen Fuchses Germanicus überlebt. Ich habe schwere Verletzungen durchgestanden und schmerzliche Opfer gebracht. Lang ist all dies her und ich will auch nur von einigen dieser Ereignisse erzählen. Die letzten Jahre sind zunehmend schneller verflogen und meine Erinnerungen drohen zu schwinden. Vielleicht werden meine Aufzeichnungen eines Tages entdeckt, entziffert und gelesen – und die Erkenntnisse der nüchtern sachlichen Wissenschaft in ferner Zukunft revolutionieren! Geschichte würde umgeschrieben werden müssen, wenn irgendwann das öffentlich würde, was ich auf die Papyrusrollen in der Kiste neben mir geschrieben habe.
    Gedämpft erklingt erneut das Lachen meiner Kindeskinder von draußen herein. Offenbar sind sie nun gemeinsam in den verschneiten Wald gelaufen.
    Langsam erhebe ich mich und schüre das Feuer ein wenig, damit es wieder heller brennt. Meine Erlebnisse aufzuschreiben und dadurch in die Zukunft zu retten, ist das größte Geschenk, das ich meiner Familie und dem Stamm zurückgeben kann! Sollten die Schriftrollen jemals gefunden werden, würde der Name der Chauken eines fernen Tages erneut in aller Munde sein, verdiente Unsterblichkeit erlangen!
    Schmunzelnd bei diesem Gedanken lese ich die letzten Zeilen noch einmal, blinzele mit meinem
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