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0168 - Die Teufels-Dschunke

0168 - Die Teufels-Dschunke

Titel: 0168 - Die Teufels-Dschunke
Autoren: Jason Dark
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Müdigkeit in meinen Knochen. Sie war wie flüssiges Blei, das durch meinen gesamten Körper strömte und die Adern füllte. Ich kam mir in diesen Augenblicken vor, als hätte ich zuviel getrunken.
    Der Weg zum Bad fiel mir schwer, doch als kaltes Wasser über mein Gesicht strömte, ging es mir wieder besser. Zwei Minuten später war ich fit, und abermals eine Minute danach stand ich vor Sukos Wohnungstür und klingelte.
    Shao öffnete sehr schnell. Sie mußte in der Diele gestanden haben.
    Die Chinesin trug einen grünen Morgenmantel, der ihr bis zu den Knöcheln reichte.
    »Komm rein, John.«
    »Danke.«
    Hinter mir schloß Shao die Tür. »Was ist denn eigentlich los?« wollte ich wissen.
    »Wir haben Besuch, der dich sicherlich interessieren wird«, erwiderte sie.
    »Da bin ich gespannt. Im Wohnraum?«
    »Ja.«
    Der Besucher war eine Besucherin. Suko und sie saßen sich gegenüber. Sie drehten mir ihre Köpfe zu, als ich das Zimmer betrat.
    »Da bist du ja«, sagte mein Freund, stand auf und deutete auf die Frau. »Darf ich dir Mrs. Kan vorstellen?«
    Ich nickte lächelnd und schaute mir die Frau genauer an. Sie mochte etwa 60 Jahre alt sein, war eine schmale Person mit noch schmaleren Schultern und einem Gesicht, in das das Alter bereits zahlreiche Falten gegraben hatte. Der Blick ihrer Augen sah irgendwie stumpf aus, deprimiert und auch ängstlich. Sie hockte verschüchtert auf der Sesselkante und hatte beide Hände zusammengelegt. Als Faust lagen sie auf ihren Oberschenkeln. Das graue Kleid zeigte einen einfachen Schnitt, auch die Jacke war von minderer Qualität, und ihr Haar hatte sie im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden.
    Ich stellte mich vor und wandte mich dann an meinen chinesischen Freund. »Ist Mrs. Kan zufällig auch mit dir verwandt?«
    Die Frage kam nicht von ungefähr, denn Suko hatte auf der gesamten Welt seine Vettern sitzen. Es war schon ungeheuerlich, wen er alles kannte. Da konnte ich mich nur immer wundern.
    Er lächelte, bevor er eine Antwort gab. »Mrs. Kan ist kaum mit mir verwandt. Vielleicht eine Tante des siebten Grades. Ich konnte mich nicht einmal direkt an sie erinnern, wofür ich mich jetzt noch entschuldigen will, liebe Mrs. Kan.«
    »Es ist schon gut, Suko«, sagte sie leise. »Ich bin nur froh, daß ich dich gefunden habe.«
    Ich nahm Platz. Shao blieb im Hintergrund stehen. Eine Weile schwiegen wir, bis ich fragte: »Darf ich nun erfahren, worum es hier eigentlich geht?«
    »Ja, das darfst du«, erwiderte Suko und schaute auf die Frau.
    »Wollen Sie reden?«
    Mrs. Kan nickte. »Natürlich.« Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen und begann zu sprechen. »Wir leben seit einigen Jahren hier in London, nachdem es in Taiwan nicht mehr auszuhalten war. Viele Nationalchinesen haben wie wir die Heimat verlassen und sind entweder in die Vereinigten Staaten oder nach Europa gegangen. Wir haben uns London ausgesucht, und wir haben aus unserer Heimat natürlich unsere Lebensgewohnheiten und unsere Kultur übernommen. Wir sind hier Fremde, aber wir wollten nicht auch noch als Fremde leben. Uns Alten fiel es sowieso schwer in der neuen Umgebung. Ich bin über 70, müssen Sie wissen.«
    Ich schluckte. Teufel, da hatte ich mich aber verschätzt.
    »Den Jungen gelang es schnell, sich zu integrieren, wie man hier immer sagt. Viele bekamen sogar Arbeit. Sie waren fleißig und strebsam, einige bauten sich Geschäfte auf, und andere gingen den Weg des Verderbens. Sie gerieten aus der Kontrolle der Familie, fanden den Halt nicht mehr und glitten immer tiefer in den Morast hinein. So auch ein Neffe von mir. Man redete nur hinter vorgehaltener Hand von ihm, weil sich die Familie schämte, mit so einem Sohn belastet worden zu sein. Mein Neffe arbeitete für einen Verbrecher. Für einen Weißen. Er tötete Menschen in Costellos Auftrag. Das haben wir erfahren. Und wir wissen auch, daß dieser Costello ein König der Unterwelt sein soll.«
    Das stimmte wirklich, denn Costello, der größte Mafioso von London, war der führende Kopf. Er beherrschte praktisch den Markt, und er war auch mit mir einige Male aneinandergeraten. Einmal hatte er sogar versucht, die Horror-Oma Sarah Goldwyn und mich zu verbrennen. Wir hatten im letzten Moment entkommen können.
    Jetzt wurde der Fall wirklich interessant.
    Mrs. Kan fuhr fort. »Wir haben auf ihn eingeredet, nichts hat bei ihm geholfen. Er war nicht zu belehren. Hin und wieder kam er nach Hause, dann warf er mit dem Geld um sich, und er erweckte den Neid
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