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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Autoren: Stephen King
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Freundlichkeit in Person. Heißer Kaffee an einem kalten Tag - was könnte besser sein? Vielleicht gewürzter heißer Apfelwein; sonst fällt mir nichts ein. Also, wo war ich gleich wieder? Oh, ich weiß. Dwight Cheminoux. Weit oben in der County war das. Knapp südlich der Hainesville Woods.«
    Darcy trank noch einen Schluck Kaffee. Sie betrachtete Ramsey über den Rand ihrer Tasse hinweg und hatte plötzlich das Gefühl, wieder verheiratet zu sein - eine lange Ehe, in vieler (aber nicht in jeder) Beziehung eine gute Ehe von der Art, die sich am besten mit einem Scherzwort beschreiben ließ: Sie wusste, dass er es wusste, und er wusste, dass sie wusste, dass er es wusste. Eine solche Beziehung war nicht viel anders, als sähe man bei einem Blick in einen Spiegel einen weiteren Spiegel und darin eine ins Unendliche fortgesetzte Reihe weiterer Spiegel. Die eigentliche Frage war jetzt, was er mit seinem Wissen anfangen würde. Was er tun konnte .
    »Nun«, sagte Ramsey, indem er seine Kaffeetasse abstellte und sich unbewusst das schmerzende Bein zu reiben begann, »es war einfach so, dass ich gehofft habe, diesen Kerl provozieren zu können. Ich meine, er hatte das Blut einer Frau und zweier Kinder an den Händen, daher habe ich mich berechtigt gefühlt, mit nicht ganz sauberen Methoden zu arbeiten. Und das hat geklappt. Er ist geflüchtet, und ich habe ihn in die Hainesville Woods verfolgt, in
denen alle Meile ein Grabstein steht, wie es in dem alten Song heißt. Und dort sind wir in Wickett’s Curve verunglückt - er ist gegen einen Baum gefahren, ich in seinen Wagen. Davon habe ich dieses Bein, von dem Stahlstift in meinem Genick ganz zu schweigen.«
    »Das tut mir leid. Und der Mann, den Sie verfolgt haben? Was hat er bekommen?«
    Ramseys Mundwinkel gingen zu einem schmallippigen, einzigartig kalten Lächeln nach oben. Seine jungen Augen blitzten. »Den Tod, Darcy. Hat dem Staat vierzig oder fünfzig Jahre Kost und Logis in Shawshank gespart.«
    »Sie sind ein regelrechter Himmelhund, nicht wahr, Mr. Ramsey?«
    Statt verständnislos dreinzusehen, legte er seine missgebildeten Hände mit den Handflächen nach vorn neben den Kopf und leierte im eintönigen Singsang eines Schuljungen herunter: »›Ich verfolgt ihn die Nächte und die Tage hinab, ich verfolgt ihn durch der Jahre Bogen, ich verfolgt ihn durchs Labyrinth meiner …‹ Und so weiter.«
    »Haben Sie das in der Schule gelernt?«
    »Nein, Ma’am, im Jugendverband der Methodisten. Ach, das liegt schon viele Jahre zurück. Habe damit eine Bibel gewonnen, die ich im Jahr darauf im Sommerlager verloren habe. Nur habe ich sie nicht verloren; sie ist mir gestohlen worden. Können Sie sich vorstellen, dass jemand so tief sinkt, dass er eine Bibel stiehlt?«
    »Ja«, sagte Darcy.
    Ramsey lachte. »Kommen Sie, Darcy, nennen Sie mich einfach Holt. Bitte. Das tun alle meine Freunde.«
    Bist du mein Freund? Bist du’s?
    Das wusste sie nicht, aber eines stand für sie fest: Bobs Freund wäre er nicht gewesen.
    »Ist dies das einzige Gedicht, das Sie auswendig können? Holt?«

    »Nun, früher habe ich ›Der Tod des Taglöhners‹ aufsagen können«, sagte er bescheiden, »aber jetzt erinnere ich mich nur noch an den Teil, in dem es heißt, dass die Heimat der Ort ist, an dem sie einen aufnehmen müssen, wenn man dorthin zurückkehrt. Das ist wahr, finden Sie nicht auch?«
    »Unbedingt.«
    Seine hellen haselnussbraunen Augen sahen forschend in ihre. Die Intimität dieses Blicks war unanständig, als musterte er sie unbekleidet. Und angenehm, vielleicht aus demselben Grund.
    »Was wollten Sie meinen Mann fragen, Holt?«
    »Nun, ich hatte schon mal mit ihm gesprochen, wissen Sie, obwohl ich mir nicht sicher bin, dass er sich daran erinnern würde, wenn er noch lebte. Das liegt schon lange zurück. Wir waren beide erheblich jünger, und Sie müssen fast noch ein Kind gewesen sein, wenn man bedenkt, wie jung und hübsch Sie heute sind.«
    Sie bedachte ihn mit einem eisigen Ersparen-Sie-mir-das-Lächeln, dann stand sie auf und goss sich noch einen Kaffee ein. Ihre erste Tasse war schon ausgetrunken.
    »Sie wissen wahrscheinlich von den Beadie-Morden«, sagte er.
    »Sie meinen den Mann, der Frauen ermordet und ihre Ausweise der Polizei schickt?« Sie hielt die Tasse völlig ruhig in der Hand und kam an den Tisch zurück. »Davon können die Zeitungen gar nicht genug bekommen.«
    Er zeigte auf sie - Bobs Fingerpistolen-Geste - und blinzelte ihr zu. »Da haben Sie recht. Ja,
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