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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Autoren: Stephen King
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Jahren. Oder selbst vor fünfundzwanzig.«
    Während sie in die Küche vorausging - langsam, damit Ramsey Schritt halten konnte -, fragte sie ihn, wie alt er sei.
    »Im Mai achtundsiebzig.« Er sagte das hörbar stolz. »Wenn ich es erlebe. Das füge ich immer an, damit es Glück bringt. Bisher hat es funktioniert. Was für eine hübsche Küche Sie haben, Mrs. Anderson - einen Platz für alles, und alles
an seinem Platz. Die hätte meiner Frau gefallen. Sie ist vor vier Jahren gestorben. Tod durch Herzschlag, ganz plötzlich. Wie sie mir fehlt! So wie Ihr Mann Ihnen fehlen muss, nehme ich an.«
    Seine blinzelnden Augen - jung und alert in von Schmerzfalten umgebenen Höhlen - musterten ihr Gesicht.
    Er weiß es. Ich weiß nicht, woher, aber er weiß es.
    Sie überzeugte sich davon, dass in der Maschine Kaffee war, und schaltete das Gerät ein. Als sie Tassen aus dem Schrank nahm, fragte sie: »Wie kann ich Ihnen heute behilflich sein, Mr. Ramsey? Oder sollte ich Detective Ramsey sagen?«
    Er lachte, aber das Lachen ging in ein Husten über. »Oh, mich hat schon ewig kein Mensch mehr Detective genannt. Ramsey können Sie auch auslassen; wenn Sie gleich zu Holt übergehen, ist es mir am liebsten. Und eigentlich wollte ich mit Ihrem Mann reden, wissen Sie, aber er ist natürlich dahingegangen - nochmals mein Beileid -, also kommt das nicht mehr infrage. Tja, das kommt gar nicht mehr infrage.« Er schüttelte den Kopf und setzte sich auf einen der Hocker, die um den Hackklotz-Tisch standen. Sein Mantel raschelte. Irgendwo in seinem hageren Körper knarrte ein Gelenk. »Aber ich will Ihnen was erzählen: Ein alter Mann, der in einem möblierten Zimmer wohnt - was ich tue, auch wenn es ganz hübsch ist -, langweilt sich manchmal, wenn er nur den Fernseher als Gesellschaft hat, und deshalb habe ich mir gedacht, hol’s der Teufel, fahr einfach nach Yarmouth und stell deine paar kleinen Fragen trotzdem. Sie wird nicht viele davon beantworten können, habe ich mir gesagt, vielleicht überhaupt keine, aber wozu nicht trotzdem hinfahren? Du musst mal wieder raus, bevor du hier Rost ansetzt, habe ich mir gesagt.«
    »An einem Tag, für den höchstens minus zwanzig Grad vorausgesagt sind«, sagte sie. »In einem Dienstwagen mit defekter Heizung.«

    »Jaja, aber ich habe meine Thermounterwäsche an«, sagte er bescheiden.
    »Haben Sie kein eigenes Auto, Mr. Ramsey?«
    »Doch, doch«, sagte er, als wäre ihm das erst jetzt eingefallen. »Kommen Sie, setzen Sie sich, Mrs. Anderson. Ich bin zu alt, um zu beißen.«
    »Nein, der Kaffee ist gleich fertig«, sagte sie freundlich. Sie hatte Angst vor diesem alten Mann. Auch Bob hätte Angst vor ihm haben sollen, aber darüber war Bob jetzt natürlich hinaus. Dafür hatte sie gesorgt. »Vielleicht können Sie mir inzwischen erzählen, worüber Sie mit meinem Mann reden wollten.«
    »Nun, Sie werden’s nicht glauben, Mrs. Anderson …«
    »Nennen Sie mich einfach Darcy, ja?«
    »Darcy!«, wiederholte er entzückt. »Wenn das nicht der hübscheste altmodische Name ist!«
    »Danke. Nehmen Sie Sahne?«
    »Schwarz wie mein Hut, so trinke ich ihn. Bloß sehe ich mich in Wirklichkeit als einen der White-Hats. Tja, das ist verständlich, nicht wahr? Als Verbrecherjäger und so. Davon habe ich dieses schlimme Bein, wissen Sie. Von einer wilden Verfolgungsjagd mit dem Auto damals im Jahr 1989. Ein Kerl hatte seine Frau und seine beiden Kinder ermordet. Solche Taten werden gewöhnlich im Affekt begangen - von einem Mann, der betrunken oder bekifft oder im Kopf nicht ganz richtig ist.« Ramsey tippte sich mit einem von Arthritis verkrümmten Zeigefinger an seinen Haarflaum. »Nicht jedoch dieser Kerl. Er hat es getan, um ihre Lebensversicherung zu kassieren. Hat versucht, die Tat als … wie sagt man gleich wieder … Hausfriedensbruch hinzustellen. Ich spare mir die Einzelheiten, aber ich habe herumgeschnüffelt und herumgeschnüffelt. Drei Jahre lang habe ich herumgeschnüffelt. Und endlich glaubte ich, genug in der Hand zu haben, um ihn verhaften zu können.
Vielleicht nicht genug, dass es für eine Verurteilung ausgereicht hätte, aber das brauchte ich ihm nicht zu erzählen, nicht wahr?«
    »Vermutlich nicht«, sagte Darcy. Der Kaffee war heiß, und sie schenkte ein. Sie beschloss, ihren ebenfalls schwarz zu trinken. Und das so schnell wie möglich. Dann würde das Koffein sofort wirken und sie hellwach werden lassen.
    »Danke«, sagte er, als sie ihm seine Tasse hinstellte. »Sie sind die
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