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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Autoren: Stephen King
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sagte Donnie und warf einen Klumpen Erde ins Grab. Der Brocken landete auf dem glänzend polierten Sargdeckel. Darcy fand, dass er wie ein Hundehäufchen aussah.
    »Daddy, du fehlst mir so sehr«, sagte Petra und warf ihrerseits eine Handvoll Erde auf den Sarg.
    Darcy kam als Letzte dran. Sie bückte sich, nahm eine lose Handvoll in ihren schwarzen Handschuh und ließ sie aus den Fingern rieseln. Sie sagte nichts.
    Der Geistliche rief zu einem kurzen stillen Gebet auf. Die Trauergäste senkten den Kopf. Der Wind ließ die Äste der Friedhofsbäume knarren. In nicht allzu weiter Entfernung brauste der Verkehr auf der I-295. Darcy dachte: Gott, wenn es dich gibt, lass dies das Ende sein.

19
    Das war es nicht.
    Ungefähr sieben Wochen nach der Beerdigung - inzwischen hatte das neue Jahr begonnen, und das Wetter war blau und hart und kalt - wurde an der Tür des Hauses in der Sugar Mill Lane geklingelt. Als Darcy aufmachte, stand draußen ein älterer Gentleman, der zu einem schwarzen Mantel einen roten Schal trug. Mit behandschuhten Händen hielt er einen altmodischen Homburg vor sich. Das Gesicht war von tiefen Falten durchzogen (auch von Schmerzfalten, dachte Darcy), und was er noch an grauem Haar hatte, war zu flaumigen Stoppeln geschoren worden.
    »Ja?«, sagte sie.
    Er fummelte in der Manteltasche herum und ließ dabei seinen Hut fallen. Darcy bückte sich und hob ihn
auf. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie, dass der ältere Gentleman ihr eine lederne Ausweishülle hinhielt. Darin steckten eine goldfarbene Plakette und ein Foto ihres Besuchers (aus viel jüngeren Jahren) auf einer Plastikkarte.
    »Holt Ramsey«, sagte er in einem Ton, als wollte er sich dafür entschuldigen. »Von der Generalstaatsanwaltschaft. Tut mir schrecklich leid, Sie belästigen zu müssen, Mrs. Anderson. Darf ich reinkommen? In Ihrem Kleid erfrieren Sie sonst noch hier draußen.«
    »Bitte«, sagte sie und trat zur Seite.
    Während sie beobachtete, dass er leicht hinkte und die rechte Hand unbewusst an die rechte Hüfte legte - als wollte er sie zusammenhalten -, erschien vor ihrem inneren Auge ein deutliches Bild: Bob, der neben ihr auf der Bettkante saß und ihre kalten Finger in seinen warmen gefangen hielt. Bob, der redete. Der sogar hämisch prahlte. Sie sollen Beadie für dumm halten, und genau das tun sie, weil sie dumm sind. Ich bin nur ein einziges Mal als Zeuge vernommen worden - ungefähr zwei Wochen nachdem BD Stacey Moore umgebracht hat. Von einem alten Kerl mit einem Hinkebein, halb pensioniert. Und hier war dieser alte Kerl nun und stand kein halbes Dutzend Schritte von der Stelle entfernt, an der Bob gestorben war. An der sie ihn umgebracht hatte. Ramsey sah krank aus und schien Schmerzen zu haben, aber seine Augen waren scharf. Sie bewegten sich flink von links nach rechts und wieder zurück, bevor sie wieder ihr Gesicht fixierten.
    Sei vorsichtig, ermahnte sie sich. Nimm dich vor diesem Mann sehr in Acht, Darcellen.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. Ramsey?«
    »Nun, ich könnte - wenn das nicht zu viel verlangt ist - bestimmt eine Tasse Kaffee brauchen. Ich bin ganz ausgekühlt. Bei meinem Dienstwagen funktioniert die Heizung
praktisch nicht. Ich möchte Ihnen natürlich nicht zur Last fallen …«
    »Durchaus nicht. Aber ich denke gerade … könnte ich Ihren Dienstausweis noch mal sehen?«
    Er überließ ihr bereitwillig die Lederhülle und hängte den Hut an den Garderobenständer, während sie den Ausweis studierte.
    »Dieser Stempel ›a. D.‹ unter dem Dienstsiegel - bedeutet der, dass Sie pensioniert sind?«
    »Ja und nein.« Seine Lippen teilten sich und ließen Zähne sehen, die viel zu gleichmäßig waren, um etwas anderes als ein Gebiss zu sein. »Mit achtundsechzig musste ich in den Ruhestand gehen, wenigstens offiziell, aber ich habe mein ganzes Leben lang in der State Police oder beim GSA gearbeitet - beim Generalstaatsanwalt, wissen Sie - und bin nun sozusagen ein altes Feuerwehrpferd, das einen Ehrenplatz im Stall hat. Eine Art Maskottchen, wissen Sie.«
    Ich glaube, dass du weit mehr bist.
    »Darf ich Ihren den Mantel abnehmen?«
    »Nein danke, den behalte ich lieber an. So lange bleibe ich nicht. Wenn es draußen schneien würde, dann würde ich ihn natürlich aufhängen, damit er Ihnen nicht den Boden volltropft, aber das tut es ja nicht. Es ist nur verflixt kalt, wissen Sie. Zu kalt für Schnee, hätte mein Vater gesagt, und in meinem Alter spüre ich die Kälte viel mehr als vor fünfzig
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