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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Pilz
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sein weißes Hemd leuchtete gegen das Schwarz seiner Haare, die in alle Richtungen abstanden.
    Wenn überhaupt möglich, glühten Emilys Wangen noch ein wenig mehr. Er hatte sie geküsst. Sich um sie gesorgt und sie hierher gebracht.
    Sie geküsst.
    Energisch schob Emily den Gedanken beiseite. Er sollte ihn nicht in ihrem Gesicht lesen können.
    Matt drehte sich um, als Emily den Türgriff herunterdrückte, und war in zwei Schritten bei ihr, um ihr aus dem Wagen zu helfen.
    »Hey«, begrüßte er sie. »Geht’s dir besser?« Seine Hand verweilte auf ihrem Arm, länger als nötig war, und Emilys Pulsschlag beschleunigte sich. Er musterte sie kritisch. Unter seinen Augen zeichneten sich schwarze Schatten ab, so als habe er die Nacht schlaflos verbracht, und das Blut an seinem Haaransatz war zu einer kleinen Wunde getrocknet. Doch seine Augen strahlten wie immer, und Emily fühlte eine Woge der Erleichterung.
    »Wie spät ist es?«, fragte sie. Sie war sich peinlich bewusst, dass sie immer noch das viel zu kurze Kleid vom Vorabend trug, und strich es mit einer raschen Geste glatt. Es fühlte sich an, als schlängle sich eine Laufmasche von ihrem rechten Zeh ausgehend ihr Bein hinauf, aber sie wollte Matts Aufmerksamkeit nicht darauf lenken, deshalb sah sie nicht nach.
    »Vier Uhr nachmittags«, antwortete er und griff nach einer braunen Papiertüte, die neben dem Vorderrad lehnte. »Hier, trink das.« Er öffnete eine Dose Cola und reichte sie Emily. »Du hast ewig nichts gegessen, der Zucker wird dir guttun.«
    »Vier Uhr nachmittags?« Sie hatte mehr als zwanzig Stunden geschlafen?
    Matt drückte einen Apfel in Emilys andere Hand und nickte ihr zu. »Iss.«
    Emily nippte an ihrer Limonade. Das letzte Mal, dass sie etwas getrunken hatte, konnte sie sich anschließend kaum auf den Beinen halten. Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war Quayles zerdrückter Wagen, eingeklemmt zwischen zwei Bäumen, umrahmt von dunkelgrauem Qualm.
    »Ist Quayle …«, begann sie, brachte den Satz aber nicht zu Ende.
    Matt betrachtete sie schweigend, dann richtete er seinen Blick gen Horizont und holte Luft. »Quayle ist mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geprallt«, erklärte er. »Er war nicht angeschnallt. Ich schätze, er war sofort tot.« Er wandte sich wieder Emily zu und fuhr fort: »Sie werden ihn sicher längst gefunden haben. Wir konnten nicht warten, bis die Polizei dort aufkreuzt.« Er lächelte schief. »Ohne Ausweis und Führerschein wäre das bestimmt keine schöne Befragung geworden. Außerdem lag da ein narkotisiertes Mädchen auf der Rückbank.«
    Emily spürte, wie sie rot wurde. Sie senkte ihre Lider und starrte auf die Dose in ihrer Hand.
    »Was ist mit dem Dorf? Ist es noch da?«
    »Nein.«
    »Dann sind die anderen weg?«
    Matt zögerte einen Moment, und Emily sah fragend zu ihm auf.
    »Josh, Eve und der Rest jedenfalls«, antwortete er schließlich. »Was deine Eltern angeht, weiß ich nicht, ob …«
    »Schon gut.« Emily hob eine Hand, um Matt zu stoppen.
    Sie würde jetzt nicht weinen.
    Sicher hatte sie ohnehin keine Tränen mehr.
    Sie atmete tief ein. »Sie wusste, dass ich komme«, sagte sie. Sie sah Matt an und schüttelte den Kopf. »Ihr war nicht klar, dass sie mich dort, bei diesem Kongress, auf diesem Parkplatz treffen würde, aber sie wusste, dass wir uns eines Tages begegnen.« Sie blinzelte, schloss die Augen, öffnete sie wieder. »Sie hat von mir geträumt.«
    Matts Augen weiteten sich. »Natürlich«, murmelte er.
    Emily seufzte. »Vermutlich war es ihr in dem Moment klar, in dem sie mich von Quayle weggezerrt hat. Sie erkannte mich und sie wusste, dass dies ihr letzter Abend in England war. Sie – sie hat sie gesehen, ihre Zukunft, und … sie konnte sie nicht ändern.«
    O Gott. Emily schluckte. Sie hatte noch Tränen, jede Menge davon, und sie wischte sie ungeduldig von ihrer Wange. Hätte sie bei ihrer Mutter bleiben sollen? Doch was wäre dann mit Matt geschehen? Mit ihrer Großmutter? Hatte sie die richtige Entscheidung getroffen? War es am Ende möglich, das Schicksal anderer zu beeinflussen, aber sein eigenes nicht? War es das, was sie hier lernen sollte?
    »Was hast du da gerade gesagt?«, fragte Matt.
    »Wie?«
    »Über ihre Zukunft?«
    »›Ich sehe die Zukunft‹«, wiederholte sie, »›aber ich kann sie nicht ändern.‹ Das hat sie gesagt.«
    Aber du kannst es. Geh und rette ihn.
    Matts Augen verengten sich nur das kleinste bisschen. Er fuhr sich mit einer Hand durch seine
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