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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Pilz
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Haare und deutete mit der anderen in Richtung Moor. »Gehen wir ein Stück«, sagte er. »Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden auch wir springen. Die alte Eiche ist ein guter Ort, um zu warten.«
    Sie nahmen den gleichen Pfad wie vor zwei Tagen, als sie Quayle ins Moor gefolgt waren und dann vom Hügel aus das Dorf gesehen hatten. Sie gingen schweigend nebeneinander her, jeder in seine eigenen Überlegungen versunken. Emily kaute nachdenklich an ihrem Apfel. Sie würden in ihre Zeit zurückkehren, richtig? Matt war überzeugt davon, also brauchte auch sie sich nicht zu sorgen.
    Sie dachte an Fee: Wenn Quayle gestorben war, dann musste sie in Sicherheit sein. Er konnte ihr nichts anhaben in einer Zukunft, in der er gar nicht existierte, oder doch?
    Und dann dachte sie wieder an ihre Mutter.
    Wie oft hatte sie sich in den vergangenen Tagen gefragt, warum ihre Mutter so gehandelt hatte. Warum sie ausgerissen war mit dem fremden Mann, nur Stunden nach ihrem Kennenlernen. Warum sie ihre Familie und ihre Freunde im Stich gelassen hatte. Jetzt wusste sie, dass ihr keine andere Wahl geblieben war, und dieses Wissen war für Emily unendlich tröstlich. Ihre Mutter hatte niemandem wehtun wollen. Aber sie hatte Emily genauso geliebt wie sie sie liebte, und dies hatte ihr keine andere Möglichkeit gelassen. Sie hatte ihr bisheriges Leben aufgegeben, um mit Emily eine Zukunft zu haben. Die Vorstellung war schwindelerregend, aber so war es: Emily war in die Vergangenheit gereist, um ihre eigene Zukunft zu sichern. Und ihre Mutter hatte sich nicht in erster Linie für den Mann entschieden, sondern für das Kind, von dem sie geträumt hatte.
    »Eines verstehe ich nicht«, sagte sie schließlich. Sie warf den Rest ihres Apfels in die blühenden Ginsterbüsche neben dem Weg und wischte sich die Hand am Stoff ihres Kleides ab. »Wieso hat sie nicht wenigstens Josh oder Eve den Grund genannt, warum sie nicht mit ihnen zurückkehrt? Sie hätte es doch einfach erklären können.«
    Matt sagte nichts. Emily warf ihm einen fragenden Blick zu, aber er wirkte überhaupt nicht so, als ob er ihr antworten wollte. Er hatte die Augen leicht zusammengekniffen und starrte geradeaus.
    »Matt?« Sie berührte seinen Arm, und er reagierte, indem er ihre Hand nahm. Seine Finger verflochten sich mit ihren, und Emily schwieg.
    »Du weißt, warum sie diese Träume hatte?«, fragte er schließlich.
    Emily runzelte die Stirn. »Offenbar konnte sie damit in die Zukunft sehen«, antwortete sie. Und offenbar kann ich das auch, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Matt blieb stehen, sie waren bei der alten Eiche angekommen. Einmal mehr spannte sich ein magischer Himmel über den Hang, der nach unten ins Tal führte – blaugrau und mit gelben Lichtblitzen gesprenkelt, die sich am Fuße des Hügels zu einem warmen Sonnenmeer ergossen.
    Das Dorf war nicht da. Und doch meinte Emily bereits den Schwindel zu spüren, der ihrem ersten Sprung in die Vergangenheit vorausgegangen war.
    »Wann hast du das erste Mal in die Zukunft geträumt?«, fragte Matt.
    Emily antwortete sofort. »In der Nacht, als mir meine Großmutter das Armband gab«, erklärte sie. Sie erinnerte sich noch an jedes Detail. Sie hatte von ihm geträumt, Matt – wie er auf seinem Pferd saß und ihr seine Hand entgegenstreckte, und sie vor etwas davonlief, von dem sie nicht wusste, was es war.
    Sie hatte von Matt geträumt, bevor sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Es kam ihr immer noch absurd vor, dass so etwas überhaupt möglich war.
    Matt ließ seinen Blick zu Emilys Handgelenk schweifen und strich mit dem Daumen über die Kette.
    »Es war ihre Gabe«, sagte er leise. »Ihr übersinnliches Talent. Es gibt viele dieser Fähigkeiten in Hollyhill, aber es gibt sie immer nur einmal.« Er hielt Emilys Blick und sah dabei so traurig aus, dass ihr automatisch Tränen in die Augen stiegen.
    »Das Armband gehörte zu ihr«, erklärte er, »so wie es jetzt zu dir gehört.«
    Er holte tief Luft. »Ich nehme an, dass sie wusste, als sie dich mit dem Armband sah, dass sie …«
    »Nein!« Emily hob eine Hand und legte Matt einen Finger auf seine Lippen. Sie konnte sich vorstellen, was er ihr sagen wollte, aber sie wollte es nicht hören.
    Dass ihre Mutter wusste, dass sie sterben würde.
    Dass sie dieses schreckliche Wissen unmöglich mit jemandem hatte teilen können.
    Dass sie sich, obwohl sie ahnte, was ihr bevorstand, für diese Zukunft entschieden hatte.
    Emily wollte nicht darüber nachdenken, was
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