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Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid
Autoren: Martin Clauß
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Haus ihnen alle naheliegenden Fluchtwege versperrt hatte, und suchte die Flucht nach vorne. Eine Weile ging es gut. Die goldenen Schatten schienen ihn zu ignorieren. Er konnte eine der Türen auf der linken Seite öffnen. Doch als er das Zimmer durchquerte und versuchte, das Fenster aufzureißen, wehrte sich die Macht, die im Haus wohnte. Goldene Fäden liefen wie Blitze in dem Zimmer zusammen, eine gewaltige Detonation erfolgte, und Pö wurde zurück in den Flur geschleudert. Er prallte gegen die Wand und blieb einen Moment benommen liegen, ehe er wieder auf die Beine kam.
    Die nächsten Minuten gehörten dem Chaos.
    Die jungen Leute liefen unter dem gestrengen Blick der Kamera durch den Korridor. Ziellos durchsuchten sie die Zimmer, manchmal hektisch und voller Panik, dann gingen sie wieder deprimiert und beinahe apathisch umher. Das Licht der Schemen blendete sie, sorgte dafür, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnten. Schon bald hatten sie das Gefühl, sich nicht mehr auf dieser Erde zu befinden.
    „Es sind nur Täuschungen! Der Film wird die Wahrheit ans Licht bringen!“ Das waren die letzten Worte, die sie vernahmen. Natürlich kamen sie von Simon. Er hielt bis zum Schluss an seiner Philosophie fest, während die anderen jede Form des Glaubens und Vermutens aufgegeben hatten.
    Die Filmverbrauchsanzeige näherte sich dem 35-Meter-Punkt. Damit waren neun der elf Minuten verbraucht, die sich auf der Spule befanden. Es war noch genügend Film übrig, um das Ende der vier Menschen zu dokumentieren.
    Die Schemen formten sich zu einer Gestalt, und während das geschah, breitete sich der goldene Schein auf den gesamten Korridor aus. Das Haus schien zu einem Gemälde zu erstarren, während die Person – der Mann mit dem Spitzbart – dunkel und massig dort stand.
    Die vier jungen Leute sanken zu Boden, wo sie gestanden hatte. Alle befanden sie sich im Aufnahmebereich der Kamera. Dunst stieg von ihnen auf, als entweiche ihre Lebensenergie in Form von Wasserdampf. Das Gold kroch an ihnen empor. Für einige Sekunden hatten sie noch die Kraft, es abzuschütteln, und es bröckelte von ihren sich zur Wehr setzenden Körpern. Doch wo eine Schicht abblätterte, legte sich schon die nächste darüber. In den letzten Momenten ihres Lebens krochen sie merkwürdigerweise alle auf die dunklen Gestalt zu, und als ihre Bewegungen schwächer wurden und sie schließlich erstarrten, lagen sie alle vier dem Mann in der Jagdkleidung zu Füßen.
    Die Kamera schaltete mit einem Klick ab. Die elf Minuten, die der Film fasste, waren vorüber.
    Lorenz von Adlerbrunn stieg über den Ring der Toten hinweg und ging mit langsamen Schritten an dem Stativ vorüber. Er legte seine Hand auf die Kamera, wie um zu erfahren, um was es sich bei diesem seltsamen Kasten handeln mochte. Im Inneren gab es ein zischendes Geräusch, beinahe, als zersetze sich etwas in einer Säure.
    Er nahm die Hand wieder von der Kamera und ging weiter zur Treppe. Gemächlich stieg er hinunter und sah sich in der Halle um.
    Das Feuer im Kamin brannte noch.
    Auf dem Fußboden lag eine Art Tasche, daneben einige Gegenstände, die ihm nichts sagten. Er hob sie auf, wog sie in der Hand. Schließlich übergab er sie den Flammen.

14
    Alles begann von neuem.
    Lilli, Steffen und Pö rauchend im Wald – der kleine Junge, der plötzlich ins Bild sprang – einige Aufnahmen von dem Weg herauf nach Falkengrund – die Rückwand mit den Ausschmückungen – die kahle Frontansicht – Pö, der vollkommen desinteressiert durch die Eingangstür trat – dann ein harter Schnitt, plötzlich Lillis von Grauen entstelltes Gesicht, zwecklose Versuche, die Tür von innen zu öffnen, ein Schwenk durch das sich verändernde Haus, das Gesicht des Mannes, das auf allen Gemälden erschien, jetzt die Treppe hinauf, der Flur mit den goldenen Schemen, zielloses Umherirren und schließlich das Erscheinen des Spuks, der Tod der vier Menschen. Filmende.
    Und wieder die Szene im Wald, in der sie sich die Zigaretten anzündeten, der Junge …
    Es wiederholte sich wieder und wieder.
    Simon, Lilli, Steffen und Pö waren tot. Doch gleichzeitig lebten sie weiter. In einer Zeitschleife, in einer Welt, die wie ein Filmstreifen war.
    Wenn dies das Jenseits war, dann war es die Hölle. Sie erlebten das Grauen wieder und wieder, ohne Aussicht auf Erlösung …

    ENDE DER EPISODE
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Der nächste Falkengrund-Band enthält die Episoden
Nr. 33: „Der blutige Baron“
Nr. 34: „Lorenz“
Nr. 35:
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