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Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid
Autoren: Martin Clauß
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penetranten Gestank.
    Noch einmal versuchte Simon, seine Werke zu retten. Er benutzte den Stoff des Rucksacks wie einen Schutzhandschuh und fasste erneut nach den Filmen. Sobald er einen davon in der Hand hielt, griffen die Flammen auf den Stoff über. Es fehlte nicht viel, und Simon wäre selbst ein Opfer des Feuers geworden. Steffen zerrte ihn schließlich zur Seite, als er seine riskanten Rettungsversuche nicht mehr mit ansehen konnte.
    Ohne Vorwarnung schlug Simon zu. Seine Faust grub sich in Steffens Magengrube. „Lass mich in Ruhe! Verflucht!“ Steffen klappte zusammen, ließ ihn los und taumelte in gebückter Haltung ein paar Schritte zurück, bis er mit den Fersen gegen die unterste Stufe der Treppe stieß.
    „Die Wärme des Kaminfeuers“, flüsterte Lilli. „Ich hätte nie gedacht, dass …“
    „Blödsinn“, knurrte Steffen gequält und hielt sich den Magen. „Der Rucksack lag drei, vier Meter vom Kamin entfernt. Wahrscheinlich sind die Batterien ausgelaufen, es gab eine Reaktion und …“
    Simon stand plötzlich vor ihm wie ein Racheengel, den Kopf gesenkt, die Augen gefährlich glimmend. „Wer hat den Rucksack dorthin gelegt?“ Hinter ihm verbrannten die letzten Reste der Filme auf dem Teppich, der ebenfalls zu schmoren begonnen hatte.
    Steffen verzog das Gesicht. „Weißt du eigentlich, was für ein Schwein du bist? Nichts gegen einen kleinen Knuff, aber musst du gleich …“
    „Wer?“, brüllte Simon. „Wer war das?“
    „Das war Pö“, sagte Lilli von der Seite her, und Steffen, den Simon anstarrte, nickte. „Ja, er hatte die Sachen, als wir reinkamen. Du erinnerst dich doch …“
    In Simons Augen war viel Weißes zu sehen. „Ich bringe ihn um“, brummte er. „Ich bringe ihn um. Pö! Gerhard Pödel!“ Seine Stimme klang wie ein Donner durch die Halle. Simon stieß Lilli zur Seite, die ihm im Weg stand, und machte ein paar große Schritte auf den Kamin zu. Den Schürhaken, den Steffen benutzt und wieder aufgehängt hatte, nahm er mit einer ruckartigen Bewegung an sich und schwang ihn wie ein Schwert über seinem Kopf. Das Ding war schwer und verursachte pfeifende Geräusche in der Luft.
    Lilli ließ sich zu Boden sacken, und auch Steffen machte sich klein. „Simon, hör zu, ich verstehe ja, dass du sauer bist, aber du … du übertreibst …“
    Simon schlug mit der Breitseite des Schürhakens zu. Der Hieb traf Steffens Rippen, und er wurde davon auf die Treppe geschleudert. Der Getroffene heulte auf, verstummte jedoch, als Simon die Waffe erneut hob.
    Das Knistern der Filme hatte inzwischen aufgehört. Alle Filme, die sie in den letzten Tagen geschossen hatten, waren zu klebriger schwarzer Asche verbrannt – und die leeren dazu.
    Dafür gab es neue Geräusche. Oben ging eine Tür. Das musste Pö sein!
    Geh weg, Pö! , wollte Steffen rufen. Mach dich aus dem Staub! Spring meinetwegen aus dem Fenster. Der will dich ernsthaft kaltmachen! Er rief nichts, weil Simon beim ersten Mal schon kräftig genug zugeschlagen hatte, und er beim nächsten Anlass mit Sicherheit noch erbarmungsloser auf sein Opfer eindreschen würde. Ein Schlag gegen den Kopf mit diesem Ding konnte das Ende bedeuten. Und er glaubte nicht, dass es Simon in diesen Sekunden etwas ausmachen würde, ihn zu töten.
    Simon nahm die erste Stufe. Langsam. Er wog den Haken in der Hand wie ein Henker seine Axt. Steffen starrte ihm voller Entsetzen nach. Die zweite Stufe.
    Oben näherten sich Schritte. Ohne Zweifel gehörten sie Pö, aber sie … klangen ungewöhnlich. Nicht regelmäßig. Es war, als würde der Mann da oben nicht gehen, sondern stolpern, taumeln, sich dahinschleppen. Manche Schritte waren hart, wie wenn ein schweres Gewicht zu Boden stürzt, andere hörten sich schlurfend an, wieder andere kurz und unsicher, wie von jemandem, der sich schnell abfangen muss, um nicht zu stürzen.
    Steffen drehte den Kopf, so weit er es vermochte, löste den Blick von Simon und schwenkte ihn bis zum Kopf der Treppe. Zuerst konnte er nichts erkennen, doch schon im nächsten Moment kam etwas in sein Blickfeld.
    „Etwas“ war keine ganz unpassende Bezeichnung, obwohl es sich um eine Person handelte.
    Das Wesen war blutüberströmt. Mitten über sein Gesicht verlief eine klaffende Wunde, und darunter schimmerte etwas weiß, was nur der Knochen sein konnte. Steffen schloss die Augen, als er das sah. Er wollte nicht wissen, welche Verletzungen der arme Teufel noch hatte. Ob das Blut, das ihn badete, aus der schrecklichen
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