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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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dass der US-Finanzminister Tim Geithner im Verein mit dem Chef der Notenbank Ben Bernanke dem CEO der Bank of America Ken Lewis unverhohlen mit dem Rausschmiss drohten, sollte dieser es wagen, die Pleite von Merrill Lynch nicht zu absorbieren und so ein paar Dutzend Milliarden Dollar Schulden seinen Aktionären der Bank of America in die Schuhe zu schieben. Und es passt denn auch ins Bild der allgemeinen Verrohung, dass beide die Sache vor dem Untersuchungsausschuss abstritten und dieser sich damit zufrieden gab und dass Ken Lewis sein Job und die damit winkenden Millionenboni denn doch lieber waren als das Wohl seiner Aktionäre. Die Liste der allgemeinen Verrohung könnte beliebig weitergeführt werden, vom Beschiss an den General-Motors-Gläubigern über die Milliardenboni des Jahres 2008 in Pleitebuden wie Merrill Lynch, AIG usw. bis zu den Steinbrückschen Indianerspielen.
    Auf der anderen Seite werden »Zukunftslösungen« aller Art diskutiert. Von Aufsplittung des Bankensektors ist die Rede, von neuen, schärferen Regeln, neuen Behörden, internationaler Zusammenarbeit, Verhinderung von Steuerbetrug, Begrenzung der Boni usw., usw. Die betroffenen Banken nehmen das Gefuchtel der Politiker, Experten und neuerdings sogar des Papstes zähneknirschend zur Kenntnis, investieren aber heftigst in Anti-Lobbying, denn man will sich ja die Boni der Zukunft nicht vermasseln lassen. Eine weitere Spielart geht dahin, den Schwarzen Peter im bösen Ausland zu suchen. Die Herren Brown und Steinbrück haben es zu einer geradezu eindrücklichen Meisterschaft gebracht, mittels der Schweiz von ihrer selbstgebastelten Pleite von geradezu phänomenalen Ausmaßen abzulenken. Je mehr sich ihr politisches Ende und der Staatsbankrott ihrer Länder nähern, desto heftiger trommeln sie auf ihre Brüste.
    Viel wichtiger als die Erregung über Indianerspiele und Doppelmoral sollte aber die Erkenntnis sein, dass man inzwischen auch von einem eigentlichen Staatsversagen sprechen muss. Die gleichen Kasperl, verkleidet als Finanz- oder Wirtschaftsminister, die sich über die ungebrochene Lust auf Boni oder die mangelhafte Bereitschaft der Banken erregen, Kredite in die Wirtschaft zu pumpen, haben doch zuvor genau diesen Banken überhastet und bedingungslos Multimilliarden reingeschoben. Begleitet von Gefasel von systemischen Risiken, »too big to fail«, Weltuntergang, kleineres Übel und anderem Unsinn. Während sich die meisten Banker, außer bei der Mehrung ihrer Boni, als inkompetent und verantwortungslos erwiesen haben, erweisen sich nun die meisten Politiker als inkompetent und verantwortungslos. Denn sie haben nicht nur kommende Generationen in eine finanzielle Geiselhaft genommen, sondern sogar ganze Staaten den Bankerbanden ausgeliefert. Denn wenn jetzt eine solche Bank hops geht, dann sitzen Aktionäre, Gläubiger und Mitarbeiter im selben Boot mit allen Steuerzahlern des entsprechenden Staates.
    Was leider nirgends diskutiert wird, ist die Tatsache, dass der Finanzsektor nicht annähernd die Wichtigkeit hat, die er behauptet zu haben und die man ihm widerspruchsfrei in weiten Kreisen zubilligt. Würden weitere Kreise diese Tatsache verinnerlichen, dann würden absurde Zustände, wie sie jahrelang vorherrschten und heute in geradezu perversem Ausmaß bestehen, nämlich dass es der einzige Industriezweig ist, der seinen Rohstoff, das Geld, jahrzehntelang zum Kollegenpreis und heute praktisch zum Nulltarif angeliefert bekommt, wohl schnell abgestellt werden. Dann würde man auch sehen, dass es gerade diese Discountpreise waren, welche der Welt ein Schlamassel ohnegleichen bescherten, und man käme aufgrund einer derart nüchternen Analyse wohl kaum zum Schluss, dass das einzige Mittel zur Linderung darin besteht, dem Finanzsektor noch viel mehr Geld und dieses Mal völlig kostenfrei anzuliefern. Man würde dann auch feststellen, dass diese Gratislieferungen ein gigantischer fortgesetzter Raubzug sind an Milliarden von Sparern und Rentnern, welche die Zeche bezahlen, indem sie praktisch nichts bekommen für ihre Geldanlagen, sich vor gekürzten Renten sehen und erst noch zittern dürfen um ihre Einlagen. Denn das Staatsgeld fließt umgehend in beachtlichem Umfang wieder in die privaten Geldbörsen der Banker und dient weiter dazu, deren Bilanzlöcher zu stopfen, und als Treibsatz für neue Finanzblasen. So wird klar, dass es keinerlei neue Behörden, Regelwerke und was alles diskutiert wird, braucht, dass es genügt, dass die
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