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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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und andere internationale Bankerbanden hauen noch die ganze Weltwirtschaft zu Klump.«
    Dann ließ er seinen Assistenten mit offenem Mund stehen, packte sein Zeugs in den Kofferraum des Jaguars und fuhr aus der Tiefgarage. Beim Ausgang warf er noch seinen Badge aus dem Fenster und seine Krawatte hinterher. Dann achtete er sorgfältig darauf, dass er nicht geblitzt wurde, während er in den Sonnenuntergang fuhr.

Fünfzig
    »Jetzt keine Anrufe, nicht mal von Wladimir«, bellte Kuster aus alter Gewohnheit, »ich mache mich jetzt ans Feintuning der Reise nach Necker Island, da muss dann alles klappen.«
    Der Nachfolger von Müller, die neue Pfeife, wird sich dann um die Details kümmern, dachte er, aber die großen Linien muss ich ihm schon vorgeben. Kuster verschränkte die Hände für einen Moment im Nacken und lehnte sich zurück. Das mache ich am besten von Hand, beschloss er, ist schließlich persönlicher. Er nahm ein Blatt Papier, schrieb Wladmir drauf, unterstrich den Namen zweimal und fing an, nachzudenken. Schön, dass ich den doch noch rumgekriegt habe, aber einiges von seiner Kohle muss er schon noch rausrücken. Also, dann mal der Wichtigkeit nach: Vodka. Grey Goose wäre nicht schlecht, dachte Kuster, oder Gold Flakes Supreme mit echten Goldflocken, aber die kommen beide aus Frankreich. Nachdem Wladimirs Liebe zu Mütterchen Russland wieder erwacht ist, vielleicht nicht das Richtige. Dann eher der Kristall 100 aus Minsk, oder nein, ich hab’s, was schon den Zaren schmeckte, kann nicht falsch sein, und Kuster notierte: Stolichnaya Ultra Premium, drei Kisten. 36 Flaschen sollten wohl für eine Woche reichen, sonst lassen wir halt mehr aus Miami einfliegen. Dann Kaviar, das ist einfach, Beluga natürlich. In Klammern setzte Kuster dazu: abklären, ob genügend Perlmutlöffel vorhanden sind. Dann klopfte er sich anerkennend auf die Schultern: Die große Linie sehen und das kleine Detail pflegen, das macht eben den Unterschied zwischen einem Private Banker und Kuster aus. Hummer, Champagner, aber auch Borschtsch (saure Sahne, setzte Kuster in Klammern dahinter), was noch? Okay, zum leiblichen Wohl fehlt noch die angenehme Begleitung, lasse ich den neuen Müller in Moskau abklären, dreimal platinblond, langbeinig, nicht ungebildet und trinkfest (Aidstest vorlegen lassen), machte Kuster eine weitere Klammer.
    So, die anderen vier Potencials sind ja pflegeleichter, und auch nicht so reich wie Wladimir, kicherte Kuster, für die sollte der Service, den Bransons fünfzig Angestellte bieten, ausreichend sein. Vielleicht könnte man in Miami noch ein paar Girls stand by halten, am besten ein kleiner Querschnitt, so ein all American Girl, eine scharfe Mulata und eine Schwarze à la Campbell, nur nicht so zickig. Oder besser drei American Girls, man weiß ja nie, wie rassistisch so reiche Säcke sind. Ich komme gut voran, dachte Kuster und wollte sich die Krawatte lockern.
    Befremdet stellte er fest, dass er gar keine trug. Ach, heute ist ja casual Friday, fiel ihm dann ein, aber rasieren hätte ich mich schon können, führte er sein Selbstgespräch fort, während er sich über die etwas rauen Wangen strich. Man darf sich ja nie gehen lassen, als Private Banker mit einem florierenden Family Office, bei diesem kompetitiven Umfeld. Überall lauern Piranhas, die ein Stück von der Beute abbeißen wollen, und um einen herum kreisen die Großbanken wie fette Haifische, jederzeit bereit, zuzuschnappen.
    Kuster warf vorsichtig einen Blick über seine Schulter, aber da war nur eine weiße Wand, kein Raubfisch weit und breit. Kuster atmete auf. Man kann aber nie vorsichtig genug sein, dachte er dann, schließlich bin ich von Feinden und Verrätern umgeben. Wenn ich da nur an Müller denke, ein jahrelanges Vertrauensverhältnis, den habe ich in fast alle Tricks des gehobenen Private Banking eingeweiht, alle zwei Jahre eine Lohnerhöhung durchgesetzt, an Weihnachten immer ein Check aus meiner Privatschatulle, und dann? Hat mich schmählich im Stich gelassen und an Bürgisser verraten. Und mein Ex-Chef Bürgisser, dieser falsche Hund, vier Jahre hintereinander machte er mich zum Banker of the Year, wie oft hat er mir zugeflüstert, dass sein Stuhl einmal meiner sein könne, da sähe er weit und breit keinen anderen. Und dann hat er mich einfach eiskalt abserviert, um seinen eigenen Arsch zu retten, brauchte ganze fünf Minuten, um mich zu terminieren, dieses Charakterschwein.
    Irritiert bemerkte Kuster, wie seine Augen feucht
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