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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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Staatshilfen in unbegrenzter Höhe, Gratisgeld und völlige Freiheit für die »exzellenten Talente« in den Instituten (vor allem in Sachen Entschädigungen natürlich).
    Nun, Henry »the hammer« war ja kein allzu langes Wirken mehr vergönnt in der alten Regierung, und die Welt freute sich auf den Szenenwechsel in Washington: Change als Stichwort; yes we can! Nach einem Jahr Obama fragt sich langsam, aber sicher männiglich, worin dieser Change eigentlich besteht. Keine Regierung der Welt ging mit ihren Finanzjongleuren derart pfleglich um wie gerade der »Changer«, und von Change ist nicht nur im Finanzsektor weit und breit nichts zu sehen. Von Transparenz war die Rede; was dies im Klartext bedeutete, sah man z.B. im Fall Bank of America-Merrill Lynch, wo sowohl Obamas Mann Geithner wie der Chef des FED Bernanke standhaft leugneten, die BoA zur Übernahme von Merrill gezwungen und damit den BoA-Aktionären eine Rechnung von 25 Mia aufs Auge gedrückt zu haben. Man sieht es auch an der Tatsache, dass die amerikanische Notenbank FED neuerdings schlicht auf die Veröffentlichung ihrer Bilanz verzichtet; der Grund ist offensichtlich: Die Miesen wären zu groß, um noch begriffen zu werden. Man sieht den Willen zur Transparenz auch daran, dass kein Schwein weiß, wo die 780 Milliarden TARP-Rettungsgeld eigentlich gelandet sind, und dass es offensichtlich auch niemand so genau wissen will. Und man sieht es nicht zuletzt daran, dass die Rating-Agenturen, die wenigstens für die Öffentlichkeit eine unabhängige Prüfstelle für den Wert von Finanzprodukten sein könnten, weiterhin nicht staatlich kontrolliert werden. Sondern für ihre wertvollen Analysen und Triple-A-Gütesiegel von den Profiteuren, den Banken, bezahlt werden. Sagt da jemand: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing?
    Wenn wir dem neuen Chef in den USA nicht unterstellen, ein ausgewiesener Gauner zu sein, dann muss es eine andere Erklärung geben für sein geradezu absurdes Verhalten. Und sie ist: Dem Mann wurde von den Obergaunern klargemacht, dass es ohne sie gar nicht geht, dass er als der Untergangs-Präsident in die Geschichte eingehen würde, wenn er sie ihr Rad nicht weiter drehen lässt. Wenn wir uns vor Augen halten, dass im Jahr 2006 vierzig Prozent aller Gewinne in den USA aus dem Finanzsektor stammten und dass es 2009 wohl über die Hälfte sind, dann wird klar, wo die einzige Supermacht heute steht: Ohne die Heinis an Wall Street geht nichts mehr! Ist Amerika pleite! »Yes, we can«, wurde ihm von den Zockern entgegengeschmettert, »and no, you cannot«, als Obama etwas von Finanzmarktregulierung verlauten ließ. Und so lässt er sie nicht nur walten, er wird ihnen alles geben, was sie von ihm verlangen, und dabei hängt er jeden Tag tiefer in der Falle, und die Zukunft sieht gar nicht gut aus. Nur dank neuen, noch verrückteren, noch riesigeren Spielchen im US-Finanzsektor kann er sich über seine Präsidentschaft retten, am Ende wird die Welt die Rechnung begleichen, sie wird sehr hoch sein.
    Im Film und in der Vorstellung der meisten Menschen ist der amerikanische Präsident der mächtigste Mann der Welt, mit einem Druck auf den roten Knopf kann er sie in Trümmern legen. In der Realität schießen unkontrollierbar gewordene Bankerbanden eine finanzielle Massenvernichtungswaffe nach der anderen ab, und der amerikanische Präsident weiß nicht, wie er ihnen Einhalt gebieten könnte. Wie sollte er auch; seinen wirtschaftlichen Sachverstand holt sich der Anwalt Obama von seinen Wirtschaftsberatern. Und die kommen, wie bei Clinton oder Bush, natürlich aus der Wirtschaft, woher denn sonst. Das ist allerdings so, als ob man ein Mitglied der Panzerknackerbande zum Aufseher über Dagobert Ducks Geldspeicher machen würde. Innert kürzester Zeit stünde die arme Ente ohne Taler und ohne Federn da. In der Realität werden aber nicht Enten, sondern wir alle gerupft. In einem Geldkrieg, der von marodierenden Bankerbanden gegen den Rest der Menschheit geführt und bislang gewonnen wird.
    Dr. René Zeyer, 2010
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