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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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Finanzindustrie, wie jede andere Industrie auch, ihren Rohstoff zum Marktpreis einkaufen muss und damit automatisch auf das richtige Maß zurückgestuft und auf ihre Grundfunktionen gestutzt wird. »Sozialismus für die Reichen«, nennt diesen akuten Wahnsinn der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, Verluste werden den Steuerzahlern, Kleinanlegern und Rentnern aufs Auge gedrückt, Gewinne dürfen von den Großgangstern behalten werden. Es sei an dieser Stelle einmal in aller Klarheit darauf hingewiesen, dass es weder eine ökonomischen Grund gibt noch einen moralischen, Banken mit Tausenden von Milliarden vor dem Untergang zu retten, andere Industrien aber ihrem Schicksal zu überlassen. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass mein Votum für generell höhere Zinsen in keinem einzigen Statement, keiner Analyse, keinem Vorschlag oder Konzept je auftaucht. Es würde dem ganzen Spuk sehr schnell ein Ende bereiten, dem Risikoträger endlich ein anständiges Entgelt für sein Engagement sichern, den Finanzsektor auf das Maß zurechtstutzen, welches ihm ökonomisch zusteht: fünf Prozent des Sozialproduktes. Dieses Modell hätte nur einen kleinen Schönheitsfehler: Die USA würden ab der Stunde seiner Umsetzung der Wohlfahrt zur Last fallen.
    Zurück zum Wirbelsturm: Im Moment befinden wir uns im Auge desselben. Man braucht kein Meteorologe zu sein, um zu wissen, wie es weitergeht. Je länger wir uns der Ruhe im Auge erfreuen, umso schlimmer werden die Schäden nach dem Abzug sein; sicher ist aber, dass wir nur aus dem Auge herauskommen, indem wir noch einmal durch den Sturm gehen. Wer schon einmal drin war, weiß, dass die Rückwand des Sturms sehr oft wesentlich schlimmer ist als die Vorwand. Was uns in der Rückwand um die Ohren fliegen könnte, segelt etwa unter den Stichworten »Staatsbankrotte, galoppierende Inflation, massive Arbeitslosigkeit« und so ziemlich alles, was uns die ökonomische Horrorkiste zu bieten hat.
    Und da braut sich einiges zusammen, denn die Bangster haben ein neues Spiel entdeckt: Blasen blasen. Nur drei Dinge braucht der Banker, um sich dabei dumm und dämlich zu verdienen: Billiges Spielgeld, inexistente Spielregeln und uninformierte Mitspieler.
    Deshalb sind wir mittendrin im Krieg. Nur hat’s kaum einer gemerkt, denn es ist ein Geldkrieg, der die finanziell bemessenen Gesamtschäden des Zweiten Weltkriegs, je nach Quelle 500 Milliarden bis 50 Billionen Dollar, locker in den Schatten stellt. Mit der vom International Monetary Fund auf bislang 4000 Milliarden Dollar geschätzten Schadenssumme der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise liegen wir da locker in der Mitte. Und heute? Banker auf dem Kriegspfad haben zwar keine Atombomben, aber finanzielle Massenvernichtungswaffen zum Einsatz gebracht, wie das der große Finanzguru Warren Buffett nennt. Willige publizistische Helfer errichten Nebelwände und werfen Blendgranaten, um den klaren Blick auf eine einfache Wahrheit zu verstellen: Es war der größte Bankraub aller Zeiten. Das ist die schlechte Nachricht, aber es gibt eine noch schlimmere: Er geht ungehemmt weiter. Während die Polizei, Ambulanzen, Politiket und viele Kameras um die rauchenden Trümmer herumstehen, die die letzte große Finanzblase hinterlassen hat, haben die Banker schon weitere aufgeblasen.
    Innerhalb eines Jahres stieg beispielsweise der Ölpreis von 60 Dollar pro Barrel auf 147 Dollar. Die Anhänger der Regulierungskräfte des Marktes kratzten sich mal wieder am Kopf. Denn in der gleichen Zeitspanne stieg die Produktion, die Nachfrage ging zurück. Klare Indikatoren für einen sinkenden Preis des Produkts, lernt jeder angehende Wirtschaftswissenschafter im ersten Semester. Aber was er nicht lernt: 2008 waren rund drei Viertel aller Transaktionen im Ölmarkt rein spekulativer Natur, ein Barrel Öl wurde im Schnitt 27-mal gehandelt, bevor es konsumiert wurde. Bis die Blase platzte und der Ölpreis Mitte 2008 auf 33 Dollar pro Barrel absackte. Natürlich hatten die Bangster vorher ihre Spekulationen als sogenannte Futures längst weitergereicht, die Arschkarte zogen mal wieder weltweit die Anleger. Ach, und als kleiner Kollateralschaden kam es zu einer weltweiten Verteuerung der Nahrungsmittel und Hungerkatastrophen. Aber jeder Zockerbanker und Spekulant würde natürlich moralisch höchst erregt den Vorwurf zurückweisen, dass durch seine Geldgier der Tod von Tausenden von Menschen verursacht wurde. Nachdem diese Blase eher still und leise platzte,
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