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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'!
Autoren: C Winter
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1. Schokoladenseiten
     
    Rrroooah!! Diese unbändige Lust auf Schokolade. Das Verlangen überfällt einen immer völlig unerwartet und vor allem dann, wenn man es überhaupt nicht brauchen kann. Schokolade steht nämlich definitiv nicht auf der Zutatenliste Ihrer Eiweißdiät. Auch nicht beim zweiten Durchlesen. Möglicherweise hat der Hund die kostbare Tafel vom Couchtisch geklaut, sie im Garten verscharrt und weigert sich nun, Ihnen das Versteck zu verraten. Im Supermarkt zieht der Kunde vor Ihnen die letzte Packung Ihrer Lieblingssorte „Mandelcrisp“ aus dem Regal, weil Sie mal wieder zu lange zögernd vor den zahllosen Butterpackungen in der Kühlabteilung standen. Sie finden im Vorstandsbüro partout keine Ausrede, um mal eben die Powerpoint-Präsentation zu unterbrechen und Ihnen liegt etwas an ihrem Job. Schlimmstenfalls haben Sie eine Kakao-Allergie.
    Schokoladengelüste sind leicht auszumachen. Man erkennt sie an plötzlichem Zittern, Gedankenkreisen und diesem merkwürdigen Zusammenziehen der inneren Gaumenwand, meist gepaart mit pawlowschem Speicheln. Sie sind fiese, kleine Geister, die unentwegt kichern. Meine fallen zu den unmöglichsten Zeiten aus dem Dunkel auf das Bett und kriechen unter die Decke. An den Füßen bin ich ziemlich kitzelig. Mitten in der Nacht schlage ich also die Augen auf und mein erster Gedanke ist, na? Richtig. Schokolade. Zur Bekräftigung malt das Mondlicht den Weg zum Kühlschrank verführerisch auf den Teppich. Es soll ja Menschen mit ausgesprochen eisernem Willen geben. Die können sich grunzend umdrehen, das Ganze auf den nächsten Morgen verschieben und einfach weiterschlafen. Leider gehöre ich nicht dazu. Ich schleiche nachts um drei in die Küche.
     
    Eine richtig leckere Schokoladenmousse braucht wirklich keine immense Kunstfertigkeit und nur wenige Zutaten. Vergessen Sie komplizierte, klassische Zubereitungsmethoden, wie in einschlägigen Kochbüchern beschrieben. Ich trenne vorsichtig ein paar Eier, stelle das Eigelb für das Frühstücksrührei beiseite und schlage aus dem Eiweiß einen schönen, fluffigen Eischnee. Einen kurzen Moment bedauere ich die Nachbarn von nebenan, als das Handrührgerät in die Masse taucht.
    Wenn ich den Becher umdrehe und sich der weiße Schnee beharrlich oben festhält, ist er perfekt. Dasselbe widerfährt der Sahne. Auf dem Herd schmilzt Zartbitterschokolade dahin und flüstert unzüchtige Dinge mit dem Wasserbad. Ich zeige den beiden einen mahnenden Finger und kann nicht anders, ich tunke ihn in die heiße, schwarzbraun glänzende Flüssigkeit.
    Was Schokolade angeht, bin ich davon überzeugt, dass sie das universelle Mittel gegen allerlei seelische Leiden ist. Ich huldige dem räuberischen Columbus, der in einem Anfall von Habgier ein Handelskanu der Mayas vor der Küste von Honduras kaperte, welches sich unter der Fracht von Kakaobohnen bog. Nicht umsonst nannte man Schokolade früher das braune Gold und benutzte es sogar als Zahlungsmittel. Kakao galt bei den Azteken als Quelle der Weisheit und gesteigerter sexueller Potenz. Und so ist es - der süße, sinnliche Geschmack auf der Zunge lässt einen so ziemlich alles vergessen, was schlecht ist und so ziemlich an alles denken, was schön und unanständig ist.

Verboten simples Mousse au Chocolat
     
    Man nehme:
     
    10 (Bio-) Eier,
    1 Becher Schlagsahne,
    1 Zartbitterschokolade bester Qualität.
     
    Zuerst die Schokolade in einer hochwandigen Tasse im Wasserbad schmelzen. Wer mehr Erotik möchte, bevorzugt gleich eine Chili-Schokolade, oder gibt eine scharfe Schote hinzu. Währenddessen die Eier trennen und aus dem Eiweiß einen stichfesten Schnee schlagen. In einem zweiten Gefäß die Sahne steif schlagen. Die flüssige Kostbarkeit gemächlich unter Rühren in den Eischnee geben. Am Schluss die Sahne vorsichtig unterheben.
     
    Das Ganze circa zwei Stunden kaltstellen, um eine optimale Konsistenz zu erhalten. Wem es jedoch eilt, dem reichen auch 30 Minuten im Gefrierfach.

Mein Küchenstuhl wippt leicht nach hinten, während meine Füße auf der Heizung liegen. Ich wackle mit dem großen Zeh. Noch brennt Licht in einigen gegenüberliegenden Häusern und ich denke mir mit jedem Löffel, den ich mir in den Mund schiebe, ein anderes Dasein.
    Glauben Sie nicht, dass ich mir eines ausmalen müsste, weil meines etwa gähnend langweilig wäre. Oder gar freudlos und anstrengend. Das ist es durchaus nicht. Es ist eben nur unspektakulär normal.
    Als 28-jährige Singlefrau lebe ich in
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