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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'!
Autoren: C Winter
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beispielsweise ist rot. De facto war diese Tür der ausschlaggebende Grund dafür, die Mansarde überhaupt zu kaufen. Sie ist aus Holz und sehr alt. Es stört nicht, wenn die Farbe schon ein wenig abblättert. Im Gegenteil. Gerade das macht diese Tür mir so ähnlich. Katharina Lehner steht auf dem Klingelschild. Dieser Name auf dem messingfarbenen Rechteck sagt, dass die rote Tür und ich unwiderruflich miteinander verbunden sind.
    Der Mensch ist von Natur aus faul. Logisch, dass mein zugegebenermaßen hochtrabend klingender Vorname im Laufe meiner Kindheit und Jugend bis hin ins Erwachsenenalter sämtliche Verunglimpfungen über sich ergehen lassen musste. Man glaubt gar nicht, wie viele Abkürzungen und Koseformen es von „Katharina“ gibt. Erstaunlicherweise schrumpften die Buchstaben mit zunehmendem Lebensalter dahin. Wie bei den zehn kleinen Negerlein. Katharinchen, Kathrinlein, Katjuscha, Kätchen, Katinka, Karina, Kathi, Kitty, Katta, Kat. Sollte mich irgendwann jemand K. nennen, werde ich mein Testament verfassen. Mir blieb aktuell und hoffentlich letztendlich „Katta“. So als hätte man aus einer Crème brulée einen schlichten Vanilleflan gemacht. Ich habe mich damit abgefunden.
    Besagte Süßspeise gelangte reichlich unspektakulär zu ihrem Titel. Tatsächlich ist ihr Französisch jedoch reine Protzerei. Ihr Herkunftsland ist nicht Frankreich, sondern England. Nach einigen Quellen stammt die Speise aus Cambridge, wo sie angeblich im 17. Jahrhundert am Trinity College erfunden wurde und unprätentiös „burnt cream“ oder „trinity cream“ hieß. Irgendein Professor ließ seinen Nachtisch versehentlich anbrennen. Das ist auch schon alles. Ich persönlich assoziiere mit Crème brulée wenig Schmackhaftes. Ich meine, für ein deutsches Ohr klingt das Ganze nach einem gepeinigten Pudding, der mit einem Bunsenbrenner gefoltert wird. So wie Haustüren unterschätzt werden, wird dieses Dessert eindeutig überschätzt.
    Äußerst amüsant stellte sich folgendes Erlebnis in einem meiner Lieblingsrestaurants dar: Ich dinierte dort mit einem jungen Mann, der in meinem Leben so bedeutend war, dass ich seinen Namen vergessen habe. Ich erinnere mich lediglich daran, dass er recht annehmbar aussah. Der erste Eindruck überdauerte exakt fünf Minuten. Er redete unablässig. Von sich. Ausschließlich. Von seinem Job, seinem Auto, seinem Meistertitel im Karate sowie seinen Urlauben auf Sylt. Ich hätte mir eine Papiertüte über den Kopf stülpen können, vermutlich wäre ihm das nicht einmal aufgefallen. Mit gewichtiger Miene bestellte er den teuersten Wein auf der Karte, ohne mich um meine Meinung zu fragen. Zu meiner Fassungslosigkeit beraubte er mich weiterhin des einzigen Vergnügens des Abends - mir mein Essen selbst auszusuchen. Nach einem geistigen Haken hinter seiner Person begann ich jedoch, das Ganze lustig zu finden. Zuerst sah ich gebannt auf seine beginnende Halbglatze. Dann eine Weile scharf rechts an ihm vorbei. Da ich nicht die geringste Reaktion erhielt, senkte ich betont langsam den Blick und starrte auf seinen Schritt. Er palaverte ungerührt weiter. Schließlich betrachtete ich das Paar am Nebentisch und rührte demonstrativ gelangweilt in meinem Milchkaffee. Noch immer erklärte er mir die Welt. Ich überlegte gerade, ob ich laut schnarchend mit dem Kopf auf die Tischplatte knallen sollte, als mich der Kellner erlöste. Dieser fragte freundlich nach der Bestellung für das Dessert.
    „Ich möchte einen Nachtisch mit zwei Löffeln bitte“, sagte mein Begleiter nebst einem süffisanten Lächeln in meine Richtung, noch während ich Luft holte, um ein Tiramisu zu ordern, „meine zauberhafte Gesellschaft achtet mit Sicherheit auf ihre Figur.“
    Fassungslos sah ich den Kerl an. Spinnt der?! Der Kellner verzog keine Miene.
    „Wir hätten also gerne einmal die Krähm Brülle.“
    Jetzt brüllte ich. Vor Lachen. Und das ganze Restaurant schreckte auf. Es liegt wohl auf der Hand, dass aus einem Date gleich zwei wurden: das Erste und auch das Letzte.

Crème brûlée
     
    Man nehme:
     
    250 ml. Sahne,
    250 ml. Milch,
    125 gr. Zucker,
    eine halbe Vanilleschote,
    6 Eigelbe.
     
    Den Ofen auf 125 Grad vorheizen.
     
    Die Milch mit der Sahne vermischen und zum Kochen bringen, die Vanilleschote auskratzen und hinzugeben. Die Eigelbe mit Zucker vermischen, dann unter Rühren in den Topf geben. Die Vanille-Crème in eine feuerfeste Form füllen und im Wasserbad etwa eine halbe Stunde im Ofen lassen –
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