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Wenn die Dunkelheit kommt

Wenn die Dunkelheit kommt

Titel: Wenn die Dunkelheit kommt
Autoren: Dean R. Koontz
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Prolog
    1
    Mittwoch, 8. Dezember, 1.12 Uhr
    Penny Dawson schreckte auf und hörte, wie sich etwas durch das dunkle Schlafzimmer bewegte.
    Zuerst dachte sie, das Geräusch gehöre noch zu ihrem Traum. Sie hatte von Pferden geträumt und von langen Geländeritten, und es war der herrlichste, schönste, aufregendste Traum gewesen, den sie in den elfeinhalb traumerfüllten Jahren ihres Lebens jemals gehabt hatte. Als sie allmählich aufwachte, wehrte sie sich dagegen, versuchte, den Schlaf festzuhalten, damit der wundervolle Traum nicht verschwand. Aber sie hörte einen ungewohnten Laut, und das machte ihr Angst. Sie sagte sich, es sei nichts als ein Pferd, was sie da hörte, oder das Rascheln des Strohs im Stall in ihrem Traum. Nichts, worüber man erschrecken müßte. Aber sie konnte sich selbst nicht davon überzeugen; sie konnte den fremden Laut nicht in ihren Traum einordnen, und so wurde sie schließlich ganz wach.
    Das sonderbare Geräusch kam von der anderen Seite des Zimmers her, von Daveys Bett. Was machte er da? Was heckte er jetzt wieder für einen Streich aus?
    Penny setzte sich im Bett auf. Sie blinzelte in die undurchdringlichen Schatten, sah nichts, legte den Kopf schief und lauschte gespannt.
    Ein Rascheln und Seufzen durchbrach die Stille.
    Dann herrschte wieder Ruhe.
    Sie hielt den Atem an und lauschte noch angespannter.
    Ein Zischen. Dann ein unbestimmtes Geräusch, schlurfend und kratzend.
    Es war stockfinster. Die Tür war angelehnt.
    Sie ließen sie immer ein paar Zentimeter weit offen, wenn sie schliefen, damit Daddy sie besser hören konnte, wenn sie in der Nacht nach ihm riefen. Aber in der übrigen Wohnung brannte nirgends Licht, und durch die angelehnte Tür drang keine Helligkeit herein.
    Penny sagte leise: »Davey?«
    Er antwortete nicht.
    »Davey, bist du das?«
    Raschel-raschel-raschel.
    »Davey, hör auf damit.«
    Keine Antwort.
    Siebenjährige Jungens waren manchmal wirklich eine  Plage. Sie konnten einem gewaltig auf den Wecker gehen. Sie sagte: »Wenn das so ein blödes Spielchen ist, dann wird dir das noch sehr leid tun.«
    Ein trockenes Geräusch. Wie ein altes, verdorrtes Blatt, das knisterte und knackte, weil jemand mit dem Fuß darauf trat. Es war jetzt näher als vorher.
    »Davey, laß den Unsinn.«
    Noch näher. Etwas kam durch den Raum auf das Bett zu.
    Davey war das nicht. Er mußte immer lachen; er hätte inzwischen bestimmt nicht mehr an sich halten können und sich verraten.
    Ihre Augen tränten, weil sie so angestrengt ins Dunkel starrte. Sie tastete nach dem Schalter der kegelförmigen Leselampe, die am Kopfende ihres Bettes befestigt war. Sie konnte ihn schrecklich lange nicht finden. Verzweifelt fummelte sie im Dunkeln herum.
    Die unheimlichen Geräusche kamen jetzt aus der Schwärze neben ihrem Bett. Das Ding hatte sie erreicht.
    Plötzlich fanden ihre tastenden Finger den metallenen Lampenschirm und dann den Schalter. Ein Lichtkegel fiel über das Bett und auf den Fußboden.
    In der Nähe war nichts zu sehen, vor dem sie sich hätte fürchten müssen.
    Davey lag in seinem Bett auf der anderen Seite des Zimmers, er schlief in einem Durcheinander von Decken, unter großen Postern von Chewbacca, dem Wookie, aus dem >Krieg der Sterne< und E.T.
    Penny hörte das seltsame Geräusch nicht mehr. Sie wußte, daß sie es sich nicht eingebildet hatte, und sie war auch kein Mädchen, das einfach das Licht ausschalten, sich die Decken über den Kopf ziehen und die ganze Sache vergessen konnte.
    Daddy behauptete, sie sei neugieriger als tausend Katzen. Sie warf die Decke zurück, stieg aus dem Bett, stand im Schlafanzug mit bloßen Füßen reglos da und lauschte.
    Kein Laut.
    Schließlich ging sie zu Davey hinüber und sah ihn sich genauer an. Das Licht ihrer Lampe reichte nicht so weit; er lag größtenteils im Schatten, schien aber fest zu schlafen. Sie beugte sich dicht über ihn, beobachtete seine Augenlider und entschied schließlich, daß er nicht simulierte.
    Das Geräusch begann wieder. Hinter ihr.
    Sie wirbelte herum.
    Jetzt war es unter dem Bett. Ein zischendes, kratzendes, leise rasselndes Geräusch, nicht besonders laut, aber auch nicht mehr verstohlen.
    Das Ding unter dem Bett wußte, daß sie es hörte. Es machte absichtlich Lärm, wollte sie reizen, versuchte, sie zu ängstigen.
    Nein! dachte sie. Das ist ja albern. Das war nur ein... eine Maus. Ja! Das war es. Nur eine Maus, die wahrscheinlich viel mehr Angst hatte als sie.
    Sie fühlte sich ein wenig erleichtert.
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