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Macabros 106: Die gläsernen Dämonen von Etak

Macabros 106: Die gläsernen Dämonen von Etak

Titel: Macabros 106: Die gläsernen Dämonen von Etak
Autoren: Dan Shocker
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Die Frau griff sich plötzlich an die Stirn.
    »Was ist los?« fragte der Mann an ihrer Seite
besorgt.
    Die Blondine wankte und wäre zu Boden gestürzt,
hätte ihr Begleiter sie nicht aufgefangen.
    Das Paar stand vor einem hellerleuchteten Schaufenster in einer um
diese Zeit ruhigen Seitenstraße. Drei Häuser weiter war
ein Gasthaus, dessen Fenster weit geöffnet waren. Lärm
drang von dort her über die Straße. Vor dem Wirtshaus
standen Stühle und Tische, die bis auf wenige Plätze
besetzt waren. Rund fünfzehn Personen waren in der Nähe,
und doch bekam keiner mit, was sich dort vor dem Schaufenster
abspielte.
    »Ist dir übel, Marie?« Der Mann, Anfang
dreißig, wirkte hilflos. Man merkte ihm an, daß er mit
der Situation nichts anzufangen wußte.
    Die Gefragte schüttelte den Kopf. Sie war eine schlanke,
grazile Person, sechsundzwanzig, hatte einen zarten, gebräunten
Teint und wirkte in ihrem knappen, enganliegenden und
weitausgeschnittenen Kleid sehr sexy.
    Raoul Lescot kannte Marie Rouvier seit drei Wochen. Sie machte
einen ganz gesunden und vernünftigen Eindruck.
    »Nein…, nicht übel…, die Bilder, da sind…
Bilder, Raoul…«
    Zwischen den Augen des Mannes entstand eine steile Falte.
    »Marie?« fragte er leise. »Welche Bilder?«
    Er starrte die hübsche Blondine mit der Stupsnase verwirrt
an.
    Wurde sie krank? Sah sie Halluzinationen?
    Marie Rouvier stützte sich mit der einen Hand an der Hauswand
ab und preßte die andere fest gegen ihre Stirn.
»Raoul…«, wisperte sie bleich und angsterfüllt.
»Hilf mir…, bitte hilf mir… Mit mir… stimmt etwas
nicht…«
    Er konnte sie nur festhalten. »Soll ich Hilfe holen, einen
Arzt?«
    Schweiß perlte auf ihrer Stirn und lief ihre Wangen herab.
Ihr Atem ging schneller.
    »Ich weiß nicht…, Raoul…, ich werde doch
nicht den Verstand… verlieren?«
    Weder für sie noch für ihn gab es ein vergleichbares
Ereignis in ihrem Leben.
    »Särge, Raoul…, ich sehe Särge…, es sind
genau sieben. Sie stehen in einem Kellergewölbe… es ist
sehr düster. An der Wand brennt eine Fackel… eine
unheimlich Atmosphäre…«
    Die Frau redete plötzlich, als wäre sie nicht mehr
Herrin über ihre Gedanken, ihre Worte. »Unweit der
Särge – ist eine Nische. Eine Frau sitzt darin, wie
auf… einem Thron. Sie ist sehr jung, sehr schön – und
nackt. Sie spricht, Raoul…«
    Der Franzose schluckte. Hilfesuchend blickte er sich um. Warum kam
niemand? Seltsamerweise war ihm der Zustand seiner Begleiterin
peinlich. Mit einer Verrückten wollte er nichts zu tun haben.
Etwas stimmte mit dem Mädchen nicht. Hätte Sie an diesem
Abend viel getrunken, wäre ihr Verhalten noch erklärbar
gewesen. Aber außer einem Longdrink hatte sie keinen Tropfen
Alkohol zu sich genommen! Danach waren sie im Kino gewesen, und nun
marschierten sie noch mitten durch die Stadt, um den Abend ausklingen
zu lassen. Einen Abend, den Raoul Lescot sich anders vorgestellt
hatte!
    Marie Rouvier war reizend und leidenschaftlich, aber wenn sie
schon Gespenster sah – das stieß ihn ab. Bei ihm
mußte alles glatt laufen, es durfte keine Schwierigkeiten
geben.
    Einerseits wünschte er sich, daß jemand vorbeikam und
ihm einen Rat gab – andererseits wollte er nicht, daß
jemand sich näherte und Zeuge des merkwürdigen Anfalls
wurde. Es war nur gut, daß Marie keinen Schreikrampf bekam und
herausbrüllte, was sie sah.
    Särge! In einem Kellergewölbe… Und – eine
nackte Frau! Es war zum Lachen, was sie da von sich gab. Aber
seltsamerweise konnte Raoul nicht lachen.
    »…Sie sieht mich an… sie will etwas von
mir…« Marie Rouvier begann zu zittern, die Knie wurden ihr
weich.
    Dann brach sie zusammen, und Raoul Lescot fing sie auf…
     
    *
     
    Als sie wieder zu sich kam, blinzelte sie in helles Licht. Alles
ringsum war sauber und freundlich.
    »Aha, jetzt sie ist sie wieder da«, sagte eine ruhige,
sympathische Stimme. »Mademoiselle? Hallo…, können Sie
mich hören?«
    Maries Gesicht veränderte sich. Ein fragender Ausdruck lag
auf ihren Zügen.
    »Wo – bin… ich?« hörte sie sich.
    »Im Hospital Saint Lucy«, erfolgte die Antwort durch die
gleiche sympathische Stimme.
    »Was… ist denn… passiert?«
    Jemand tätschelte ihre Wangen. Sie sah, daß ein
Schatten die Helligkeit um sie herum vertrieb. Offenbar beugte sich
jemand über sie, aber ihre Sehfähigkeit war noch
eingeschränkt. Details nahm sie nicht wahr.
    »Sie sind plötzlich ohnmächtig geworden,
Mademoiselle.«
    »Aber…
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