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Gehen (German Edition)

Gehen (German Edition)

Titel: Gehen (German Edition)
Autoren: Thomas Bernhard
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Während ich, bevor Karrer verrückt geworden ist, nur am Mittwoch mit Oehler gegangen bin, gehe ich jetzt, nachdem Karrer verrückt geworden ist, auch am Montag mit Oehler. Weil Karrer am Montag mit mir gegangen ist, gehen Sie, nachdem Karrer am Montag nicht mehr mit mir geht, auch am Montag mit mir, sagt Oehler, nachdem Karrer verrückt und sofort nach Steinhof hinaufgekommen ist. Und ohne zu zögern, habe ich zu Oehler gesagt, gut, gehen wir auch am Montag, nachdem Karrer verrückt geworden ist und in Steinhof ist. Während wir am Mittwoch immer in die eine (in die östliche) Richtung gehen, gehen wir am Montag in die westliche, auffallenderweise gehen wir am Montag viel schneller als am Mittwoch, wahrscheinlich, denke ich, ist Oehler mit Karrer immer viel schneller gegangen als mit mir, weil er am Mittwoch viel langsamer, am Montag viel schneller geht. Aus Gewohnheit gehe ich, sehen Sie, sagt Oehler, am Montag viel schneller als am Mittwoch, weil ich mit Karrer (also am Montag) immer viel schneller gegangen bin als mit Ihnen (am Mittwoch). Weil Sie, nachdem Karrer verrückt geworden ist, nicht mehr nur am Mittwoch, sondern auch am Montag mit mir gehen, brauche ich meine Gewohnheit, am Montag und am Mittwoch zu gehen, nicht zu ändern, sagt Oehler, freilich haben Sie, weil Sie jetzt Mittwoch und Montag mit mir gehen, Ihre Gewohnheit sehr wohl verändern müssen und zwar in für Sie wahrscheinlich unglaublicher Weise verändern müssen, sagt Oehler. Es sei aber gut, sagt Oehler und er sagt in unmißverständlich belehrendem Ton, von größter Wichtigkeit für den Organismus, ab und zu und in nicht zu großem Zeitabstand, die Gewohnheit zu ändern, und er denke nicht nur an ändern , sondern an ein radikales Ändern der Gewohnheit. Sie ändern Ihre Gewohnheit, sagt Oehler, indem Sie jetzt nicht nur am Mittwoch, sondern auch am Montag mit mir gehen und das heißt jetzt abwechselnd mit mir in die eine (indie Mittwoch-) und in die andere (in die Montag-)Richtung, während ich meine Gewohnheit dadurch ändere, daß ich bis jetzt immer Mittwoch mit Ihnen, Montag aber mit Karrer gegangen bin, jetzt aber Montag und Mittwoch und also auch Montag mit Ihnen gehe und also mit Ihnen Mittwoch in die eine (in die östliche) und Montag mit Ihnen in die andere (in die westliche) Richtung. Außerdem gehe ich zweifellos und naturgemäß mit Ihnen anders als mit Karrer, sagt Oehler, weil es sich bei Karrer um einen ganz anderen Menschen als bei Ihnen und also bei Karrers Gehen (und also Denken) um ein ganz anderes Gehen (und also Denken) handelt, sagt Oehler. Er, Oehler, habe durch die Tatsache, daß ich, nachdem Karrer verrückt geworden und nach Steinhof, Oehler sagt, wahrscheinlich endgültig nach Steinhof gekommen ist, Oehler vor der Entsetzlichkeit, so er selbst, gerettet, am Montag allein gehen zu müssen; dann wäre ich Montag überhaupt nicht mehr gegangen, sagt Oehler, denn es gibt nichts Entsetzlicheres, als am Montag allein gehen zu müssen. Montag, sagt Oehler und allein gehen zu müssen, ist das Entsetzlichste. Mir ist der Gedanke ganz einfach unvorstellbar, sagt Oehler, daß Sie Montag nicht mit mir gehn. Und daß ich also Montag allein gehen muß, was mir ganz unvorstellbar ist. Während Oehler die Gewohnheit hat, seinen Mantel vollkommen geschlossen zu tragen, trage ich meinen Mantel vollkommen offen. Was, denke ich, bei ihm auf seine fortwährende Angst vor Verkühlung und vor Erkältung bei offenem Mantel zurückzuführen ist, ist bei mir auf meine fortwährende Angst, in geschlossenem Mantel ersticken zu müssen, zurückzuführen. Und so hat Oehler tatsächlich fortwährend Angst, erfrieren zu müssen, während ich fortwährend Angst habe, ersticken zu müssen. Während Oehler hohe, bis über seine Knöchel hinaufreichende Schuhe anhat, habe ich Halbschuhe an, weil ich nichts mehr hasse als hohe Schuhe, wie Oehler nichts mehr als Halbschuhe haßt. Eine Ungezogenheit (und eine Dummheit!), sagt Oehler immer wieder, inHalbschuhen zu gehen, eine Unsinnigkeit, in solchen hohen, schweren Schuhen zu gehen, sage ich. Hat Oehler einen breitkrempigen, schwarzen Hut, habe ich einen schmalkrempigen, grauen. Wenn Sie sich angewöhnen könnten, einen solchen breitkrempigen Hut zu tragen, wie ich ihn trage, sagt Oehler oft, während ich oft zu Oehler sage, wenn Sie sich angewöhnen könnten, einen solchen schmalkrempigen Hut zu tragen, wie ich. Auf Ihren Kopf paßt kein schmalkrempiger, sondern nur ein breitkrempiger Hut, sagt
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