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Gehen (German Edition)

Gehen (German Edition)

Titel: Gehen (German Edition)
Autoren: Thomas Bernhard
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kürzesten Zeit von allem sagen, daß es unerträglich und entsetzlich sei. Die Kunst ist also zweifellos die, das Unerträgliche zu ertragen und, was entsetzlich ist, nicht als solches, Entsetzliches zu empfinden. Diese Kunst als die schwierigste zu bezeichnen, ist selbstverständlich. Die Kunst, gegen die Tatsachen zu existieren, sagt Oehler, ist die Kunst, die die schwierigste ist. Gegen die Tatsachen existieren, heißt, gegen das Unerträgliche und gegen das Entsetzliche existieren, sagt Oehler. Wenn wir nicht immerfort gegen , sondern nur immerfort mit den Tatsachen existieren, sagt Oehler, gehen wir in der kürzesten Zeit zugrunde. Tatsache ist, daß unsere Existenz eine unerträgliche und entsetzliche Existenz ist, existieren wir mit dieser Tatsache, sagt Oehler, ohne gegen diese Tatsache zu existieren, gehen wir auf die erbärmlichste und auf die gewöhnlichste Weise zugrunde, es sollte uns also nichts wichtiger sein, als immerfort wenn auch nur in , so doch gleichzeitig gegen die Tatsache einer unerträglichen und einer entsetzlichen Existenz zu existieren. Die gleiche Anzahl Möglichkeiten, in (und mit) der Tatsache der unerträglichen und entsetzlichen Existenz zu existieren, ist die gleiche, wie gegen die unerträgliche und entsetzliche Existenzund also in (und mit) und gleichzeitig gegen die Tatsache der unerträglichen und entsetzlichen Existenz. Der Mensch hat immer die Möglichkeit, in (und mit) einer und folglich in allen und gegen alle Tatsachen zu existieren, ohne gegen diese Tatsache und gegen alle Tatsachen zu existieren, wie er immer die Möglichkeit hat, zwar in (und mit) einer Tatsache und mit allen Tatsachen zu existieren und gegen eine und alle Tatsachen und also vor allem gegen die Tatsache, daß die Existenz unerträglich und entsetzlich ist. Es ist immer eine Frage von Geisteskälte und Geistesschärfe und von Rücksichtslosigkeit von Geisteskälte und Geistesschärfe, sagt Oehler. Die meisten Menschen, über achtundneunzig Prozent, sagt Oehler, haben weder Geisteskälte, noch Geistesschärfe und haben nicht einmal Verstand. Diesen Beweis hat zweifellos die ganze bisherige Geschichte erbracht. Wohin wir schauen, weder Geisteskälte, noch Geistesschärfe, sagt Oehler, alles eine riesige, eine erschütternd lange Geschichte ohne Geisteskälte und ohne Geistesschärfe und also ohne Verstand. Wenn wir die Geschichte anschauen, deprimiert vor allem ihre völlige Verstandeslosigkeit, von Geistesschärfe und Geisteskälte ganz zu schweigen. Insoferne ist es keine Übertreibung, zu sagen, die ganze Geschichte ist eine völlig verstandeslose Geschichte, wodurch sie auch eine vollkommen tote Geschichte ist. Wir haben zwar, sagt Oehler, wenn wir die Geschichte anschauen, wenn wir in die Geschichte hineinschauen, wozu es einem Menschen wie mir von Zeit zu Zeit nicht an Kühnheit fehlt, eine ungeheure Natur hinter, tatsächlich unter uns, aber in Wirklichkeit gar keine Geschichte. Die Geschichte ist eine Geschichtslüge, behaupte ich, sagt Oehler. Aber zurück zum Einzelnen, sagt Oehler. Verstandhaben hieße doch nichts anderes, als mit der Geschichte und in erster Linie mit der eigenen persönlichen Geschichte schlußmachen. Von einem Augenblick auf den andern überhaupt nichts mehr akzeptieren, heißt Verstand haben, keinen Menschen und keine Sache, kein System undnaturgemäß auch keinen Gedanken, ganz einfach nichts mehr und sich in dieser tatsächlich einzigen revolutionären Erkenntnis umbringen. Aber so zu denken, führt unweigerlich zu plötzlicher Geistesverrücktheit, sagt Oehler, wie wir wissen und was Karrer mit plötzlicher totaler Verrücktheit hat bezahlen müssen. Er, Oehler, glaube nicht daran, daß Karrer jemals wieder aus Steinhof entlassen wird, dazu ist seine Verrücktheit eine zu elementare, sagt Oehler. Sich zwar immer mehr und mehr in den aufregendsten und in den ungeheuerlichsten und in den epochemachendsten Gedanken zu schulen und sich solchen einzigen für ihn noch möglichen Gedanken mit einer noch immer größeren Entschlossenheit vollkommen auszuliefern, sei seine tagtägliche Disziplin, aber nur immer bis zu dem äußersten Grade vor der absoluten Verrücktheit. Geht man so weit, wie Karrer, sagt Oehler, ist man plötzlich entschieden und absolut verrückt und mit einem Schlag wertlos geworden. Denken und immer mehr und immer mehr mit immer größerer Intensität und mit einer immer noch größeren Rücksichtslosigkeit und mit einem immer noch größeren
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