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Lykos (German Edition)

Lykos (German Edition)

Titel: Lykos (German Edition)
Autoren: Björn Harmening
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Cala Santanyi
„Fast schon kitschig“, dachte Bernd Ritsch, während er vom Balkon seines Hotelzimmers hinabblickte. Zwischen den Ästen eines kleinen Pinienwäldchens glitzerte das Wasser der unter ihm liegenden Bucht im Schein des vollen Mondes und reflektierte das fahle Licht mit flachen Wellen. Buntes Stimmengewirr von Kindern und Erwachsenen, die dort unten noch immer am Strand spielten oder in den Bars und Restaurants saßen, drang zu ihm hinauf.
Die Bucht war klein, vielleicht 150 Meter breit und von hellen Felsen umrahmt, auf denen einige Wohnanlagen und kleine Hotels standen. Etwas oberhalb der östlichen Seite der Bucht gab es eine Siedlung von Ferienhäusern und Fincas, die zumeist an deutsche Urlauber vermietet waren. Gegenüber zog sich ein schmaler Damm bis zum Ende der Bucht hinaus, auf dem man entlang spazieren konnte und an einigen Fischerhäusern mit grün gestrichenen Türen und einer winzigen Anlegestelle vorbeikam. Etwas oberhalb davon befand sich eine Taucherbasis mit eigenem Einstieg, bei der Bernd Ritsch sich in den nächsten Tagen zusammen mit Carola, seiner Frau, zu einem Schnuppertauchkurs anmelden wollte. Der Duft der Nadelbäume, die überall rings um die Bucht standen, stieg ihm in die Nase und er sog die Luft tief ein. Ja, das nannte er wirklich Urlaub. Hier auf Mallorca gab es eben nicht nur den Ballermann von Palma, sondern die wirklich erholsamen Stellen, an denen nicht der Massentourismus herrschte. Hier gab es kein Restaurant, das sich Bayrischer Biergarten oder ähnlich nannte. Hier erklang nicht der neuste Partyhit, der dann von etlichen besoffenen Kehlen nachgegrölt wurde. Hier an der Cala Santanyi herrschte Ruhe – obwohl tagsüber durchaus auch etwas los war am Strand.
„Wir können von mir aus, Schatz“, unterbrach Carola seine Gedanken. Seine Frau kam auf den Balkon und lehnte sich mit ihren Armen von hinten auf seine breiten Schultern, während auch sie den Ausblick genoss. Ihr hellblondes Haar besaß eine modische Kurzfrisur und stand in wild strubbeligen Strähnen in allen Richtungen vom Kopf ab. Ihr schmales Gesicht hatte am heutigen Tag schon Farbe bekommen – vielleicht sogar etwas zu viel, wie die leicht rötlich schimmernde Haut auf ihrer Nase verriet. „Ach ja, das haben wir noch fast zehn Tage“, seufzte sie zufrieden und gab ihrem Mann einen Kuss in den Nacken. „Komm, lass uns die Gegend erkunden.“
Sie verließen das Zimmer und gingen durch die an einen griechischen Tempel erinnernde Rezeption ihres Hotels hinaus auf die Straße. Schräg gegenüber saßen braungebrannte und luftig gekleidete Menschen an einigen Tischen der zum Hotel gehörenden Bar. Musik von Carlos Santana kam in dezenter Lautstärke aus den Boxen und begleitete die fröhliche Geräuschkulisse gut gelaunter Urlauber. Links davon stieg eine Querstraße steil an und führte an den Hotelpools vorbei, bis man in eine Siedlung von Ferienhäusern gelangte. Traumhafte, von hübschen Steinmauern umgebene Gärten mit hohen Palmen und mediterranen Gewächsen bestimmten das Bild. Die Ruhe, die hier plötzlich herrschte, bildete einen fast fühlbaren Kontrast zu der nur wenige Meter unterhalb dieses Ortes liegenden Hauptstraße mit den Hotels und Apartments. Einige Laternen standen in regelmäßigen Abständen auf dem Gehweg und beleuchteten die kleinen Straßen. Geckos kletterten an ihnen empor und warteten geduldig auf Beute, die von dem Lichtschein angelockt wurde. Ab und zu konnte man die Menschen beobachten, die in den Häusern wohnten und es sich zumeist auf den Terrassen gemütlich gemacht hatten, dort aßen oder Wein tranken.
Bernd und Carola schlenderten fasziniert weiter und genossen den herrlichen Abend. Die Straße führte sie an den Rand der Siedlung und verlief sich irgendwo in der Dunkelheit. Hier standen keine Laternen mehr und ein fantastischer Sternenhimmel tat sich über den staunenden Betrachtern auf. Grillen zirpten und irgendwo in der Ferne bellte ein Hund – ansonsten war es hier nur noch still.
„Das gibt es doch gar nicht“, flüsterte Bernd Ritsch kopfschüttelnd. Er wagte es nicht, lauter zu sprechen, um die Ruhe, die sie beide umgab, nicht zu zerstören.
„Wunderschön, nicht wahr?“, schwärmte Carola und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Das haben wir uns wirklich verdient, nach einem solchen Jahr.“
Bernd nickte und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über den fast kahlgeschorenen Kopf. Diese Bewegung machte er ständig, seit dem er sich vor
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