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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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Bücher deponieren, Bancomaten sperren, aus die Maus, war Hugentobler noch nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Kommt halt davon, wenn man den Kanal nicht voll genug kriegen kann, hatte er gedacht, zwölf Milliarden in einem Jahr an Boni abräumen, und das Ganze gespeist von Luftnummern, aufgepumpt mit virtuellem Geld, das konnte ja auf die Dauer nicht gut gehen. Dazu hätte ich nicht an der Hochschule St. Gallen studieren und noch ein paar Jährchen irgendwelche Post-Graduate-Kurse an lähmend langweiligen renommierten Businessschools besuchen müssen, dafür reichen die Grundkenntnisse der Grundrechnungsarten.
    Hugentobler hatte sich schon überlegt, wie er noch möglichst viel Abgangsentschädigung aus dem COO rausbrechen könnte, denn er hatte fest damit gerechnet, dass das die Einleitung zu seinem Rausschmiss war. Aber um die Logik eines COO zu verstehen, reichten die Grundrechnungsarten dann doch nicht aus.
    Hugentobler wollte gerade ein paar mitfühlende Geräusche machen, als der COO ihn mit einer Handbewegung unterbrach: »Wir werden auch diese kleine Turbulenz überstehen, lieber Hugentobler, denn wir sind natürlich unsinkbar, sozusagen.« Genau wie die Titanic, hatte Hugentobler gedacht, es aber nicht gesagt. »Wenn wir unsere Geschäftstätigkeit einstellen müssten, würde die gesamte Schweizer Wirtschaft einen Schaden erleiden, den man sich gar nicht vorstellen kann, das wäre ein Erdbeben, vielleicht wäre sogar die Existenz der Schweiz gefährdet, Hugentobler.« Ja, ja, hatte der gedacht, die berühmten letzten Worte, ich bin unersetzbar, immer der letzte Schritt weiter in den Realitätsverlust hinein, bevor man gefeuert wird. Dann geht die EBS halt hops, wäre nicht die erste Bank, der das passiert, und sicher auch nicht die letzte.
    »Ja, das wäre unvorstellbar, in der Tat«, hatte Hugentobler stattdessen gesagt und gedacht, dass er die Entscheidung, in der Nähe welchen Golfplatzes er sich niederlassen würde, doch schneller als angenommen treffen müsse.
    »Genau«, war der COO fortgefahren, »diese Option ist out of question. Wir haben bereits alle Alternativen geprüft und einen Weg gefunden, das Undenkbare zu vermeiden. Wir stehen da allerdings etwas unter Zeitdruck, und das Ganze muss strikt vertraulich, diskret, schnell und in einem ersten Schritt auch in den richtigen Kanälen abgewickelt werden.« Alle Alternativen geprüft, Entscheidungsbäume gebastelt, dann die Äste einen nach dem anderen abgesägt, wie ich dieses Blabla hasse, hatte Hugentobler gedacht, aber was hat das denn alles mit mir zu tun? Diese Frage wurde ihm aber schneller, als ihm lieb war, beantwortet.
    »Nun, lieber Hugentobler, ich lege Ihnen hier kurz die Karten auf den Tisch, keine Zeit für die üblichen Umwege. Sie unterzeichnen mir zunächst bitte hier diese zusätzliche Vertraulichkeitserklärung, sie ist mit einer Konventionalstrafe von 50 Millionen Franken bewehrt, und hier habe ich Ihre Ernennung zum Außerordentlichen Sondergesandten der EBS mit allen nötigen Vollmachten. Sie ist vorläufig auf einen Monat limitiert, jederzeit durch den CEO und mich mit Doppelunterschrift terminierbar. Und das hier ist ein Bankcheck, nicht devaluierbar, über eine Million Franken, als Sonderprämie für die Tätigkeit, die mit diesem Mandat verbunden ist. Würden Sie bitte hier unterzeichnen, hier für die Promovierung zum Gesandten und hier für den Check quittieren?«
    Hugentobler hatte leer geschluckt, das hatte er nicht erwartet. Entweder sofort kündigen oder eine Million in maximal einem Monat zusätzlich kassieren, überlegte er kurz. Und wofür, das würde er nur erfahren, wenn er unterzeichnete. Ist doch spannender als ein weiterer Fortbildungskurs, hatte Hugentobler dann gedacht, und eine Million zusätzlich, da nehme ich dann doch wohl die Villa in Florida, die mir alles in allem doch etwas zu teuer erschienen war. Und ohne zu zögern unterschrieb Hugentobler dreimal.
    »Sehr schön« hatte der COO gesagt, »ich wusste doch, dass wir auf Sie zählen können. Nun, es geht um Folgendes. Morgen Nachmittag haben Sie einen Termin mit dem für solche Fragen zuständigen Mitglied unserer Landesregierung.« Oh, ich lerne den Bundeszwerg kennen, dachte Hugentobler, das ist nicht schlecht. Der kennt ja solche Probleme, den mussten wir doch mal vor Jahren auch vor der Pleite retten, als der seine Rheintaler Leihkasse gegen die Wand gefahren hatte.
    »Ihr Mandat ist dabei folgendes. Er erwartet eigentlich unseren CEO oder den
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