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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster
Autoren: René Zeyer
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letzte Freude am Beruf vergällen. Es ist doch völlig klar, dass Anleger gerupft werden, dazu sind sie doch da. Das einzusehen kann doch nicht zu viel verlangt sein.
    Äbersold schaute auf seine Uhr, eine Zeitwerk von Lange & Söhne, natürlich in Platin, das wirkte nicht so neureich wie Gold. Ab einem gewissen Alter muss man sich einfach so eine Uhr leisten können, führte er seine Überlegungen weiter, während er aus dem Schrank die Golftasche nahm. Vormittags um zehn war auf dem Golfplatz an der Goldküste bei Zürich noch nicht so ein Gedränge, und nach den neusten Wirtschaftsdaten würden heute wohl nicht allzu viele umschichtungswillige Kunden anrufen, also was soll’s. Und ich trage meine Golftasche mal selbst zum Auto, nickte Äbersold, soll ja niemand sagen, dass ich nicht auch selbst kleine Opfer bringe.
    Äbersold drückte auf die Fernbedienung, und die Kofferraumtüre seines Jaguars schwang nach oben. Ein weiterer Klick, sie senkte sich ab und schnappte mit diesem satten Klang zu, den halt nur die Engländer hinkriegen. Abersold drückte auf den Startknopf und erfreute sich wie immer am satten Grollen des Zwölfzylinders.
    Wir haben es hier mit einem Angriff auf die Basis unseres Geschäfts zu tun, dachte Äbersold, wenn das so weitergeht, brechen doch alle Banken zusammen, und dann kann ich mit meinen Golfschlägern Hasen erlegen, die ich dann über offenem Feuer röste, denn wenn die Banken zusammenbrechen, dann kehren wir auf direktem Weg in die Steinzeit zurück. Vielleicht müsste man doch mal der Öffentlichkeit klarmachen, dass unser Banksystem nur dann funktioniert, wenn wir die Gewinne behalten dürfen und die Anleger die Verluste übernehmen und notfalls halt der Staat, der ja eigentlich auch nichts anderes als eine Versammlung von Anlegern ist. Vielleicht sollte man aber wenigstens diese Wahrheit noch durch das Bankgeheimnis schützen, das ja inzwischen leider löchriger als ein Schweizer Käse geworden ist, kicherte Abersold. Und dann drückte er übermütig aufs Gas und wurde prompt geblitzt.

Sechs
    Na, sagte sich Hugentobler, eigentlich ist das doch der Jackpot. Ich kriege eine Million dafür, dass ich zuschauen darf, wie unser Bundeszwerg in Bern in Ohnmacht fällt und vielleicht auch wieder reanimiert werden muss, wenn ich ihm stellvertretend für unsere unabkömmliche Bankspitze erkläre, dass wir mal schnell ein bisschen Staatshilfe brauchen, und schnell heißt schnell, schnell heißt eigentlich vorgestern, sonst sind wir morgen pleite, und das wollen wir doch alle nicht. Und ein bisschen heißt nicht wirklich ein bisschen, wir hätten da so an 80 Milliarden gedacht, denn mit irgendwelchen Peanuts wollen wir ja nicht die Zeit unserer Landesregierung verschwenden, nicht wahr.
    Wäre ja auch unvorstellbar, die EBS geht hops, an der Bahnhofstrasse flimmern keine Börsenkurse mehr über unsere Flachbildschirme, vor denen sich Möchtegerns die Nase platt drücken. Zwischen den Säulen des Haupteingangs bleiben die Stahlgitter unten. Die Bancomaten spucken kein Geld mehr aus, selbst die diskreten Nebeneingänge von Schweizer Banken bleiben verschlossen, die gerne von millionenschweren Potentaten, Massenmördern und Drogenhändlern benutzt werden, die mal wieder ihr Geld in unseren tiefen Tresoren streicheln wollen.
    Vielleicht würde der Nachlassverwalter wenigstens noch die Außenbeleuchtung anlassen, aber sonst wär’s das. Und drum herum Geschrei, Getobe und Chaos, die Schweiz geht unter, das Matterhorn bröckelt zusammen, die Uhren- und Schokoladeproduktion wird eingestellt, russische Mafiosi, chinesische Oligarchen, lateinamerikanische Caudillos glühen mit ihren Privatjets heran, weil sie es einfach nicht glauben können. Und dann können die nicht mal mehr in Zürich-Kloten landen, Flughafen geschlossen, Schweiz zu.
    Hugentobler schaute auf die Uhr, in einer halben Stunde musste er los, der schwarze, gepanzerte Mercedes wartete bereits. Genug Zeit, um noch ein paar wirklich wichtige Dinge zu erledigen, dachte Hugentobler zufrieden. Und dann löste er Schritt für Schritt all seine Konten bei der EBS auf und transferierte das Geld auf seine diversen Trusts und Treuhandgesellschaften, wo es sich mit einigen im Verlauf der Jahre sauer erarbeiteten Millionen vereinigte. Dann suchte er kurz nach einem Briefumschlag, steckte den Barcheck mit Bankgarantie über eine Million hinein, legte eine Notiz dazu, dass er sofort diskontiert und seinem Konto gutgeschrieben werden solle, klebte das
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