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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4
Autoren: Andrew Lane
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das Gefühl, dass der Sturm noch nicht vorübergezogen war, sondern nur für einen Moment eine Pause eingelegt hatte. Schließlich, als niemand sich näherte und ihn ansprach und nirgends etwas Außergewöhnliches um ihn herum passierte, machte er sich mit einem seltsam leeren Gefühl in seinem Inneren auf den Weg.
    Auf dem Pferdekarren eines Bauern fand er eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Holmes Manor. Vor den Toren des Anwesens angekommen, sprang er vom Karren. Mit seiner Reisetasche über der Schulter ging er die Zufahrt hinauf, die sich in Kurven zum Haupteingang schlängelte.
    Die Eingangstür war nicht verschlossen, und er stieß sie auf. Die Sonne ergoss ihr Licht in die Halle. Der Ort, der ihm während vieler Monate so düster und bedrohlich vorgekommen war, war von Wärme und Helligkeit erfüllt. Es war, als wäre er in einem völlig anderen Haus. Hatte es womöglich etwas mit Mrs Eglantines Verschwinden zu tun? Hatte sie die Schatten und Finsternis mit sich fortgenommen?
    Als er die Halle betrat, tauchte eine Gestalt aus dem Speisezimmer auf.
    »Ah, Sie müssen Master Sherlock sein«, sagte eine Stimme.
    Mit müdem Blick nahm Sherlock die Gestalt einer Frau mittleren Alters wahr. Ihr strohblondes Haar war nach hinten zu einem Dutt zurückgesteckt, der mit einem Haarnetz am Hinterkopf befestigt war. Ihr Gesicht wirkte freundlich, und ihre braunen Augen musterten ihn mit lebhaftem Ausdruck. Obwohl sie Schwarz trug, war da etwas an ihrer Kleidung, das ihn eher an Feste und Tanzen denken ließ als an Beerdigungen und Totenwachen.
    »Ja«, sagte er. »Ich bin für ein paar Tage fort gewesen.«
    »Das hat der Master gesagt. Er erwähnte, dass er Sie bald zurückerwartet.« Sie lächelte. »Mein Name ist Mrs Mulhill, und ich bin die neue Hauswirtschafterin. Gestern war mein erster Tag.«
    »Willkommen auf Holmes Manor.«
    »Danke sehr. Ich freue mich wirklich darauf, hier zu arbeiten.« Sie blickte auf seine Reisetasche. »Ich bin sicher, Sie haben Wäsche, um die wir uns kümmern können. Wenn Sie es sich irgendwo bequem machen möchten, werde ich Ihnen ein Tablett mit Tee und Keksen bringen. Der Master und die Mistress sind im Moment außer Haus, werden jedoch zum Abendessen zurück sein.«
    »Tee und Kekse wären wundervoll«, sagte er.
    Nachdem er die Reisetasche ihrer Obhut überlassen hatte, durchquerte er die Halle und begab sich in die Bibliothek. In Abwesenheit seines Onkels war das der Ort, an dem er sich am ehesten zu Hause fühlte. Der Salon war dem Empfang von Besuchern vorbehalten, das Speisezimmer der Einnahme von Mahlzeiten, und er verspürte keinen Drang, nach oben auf sein Zimmer zu gehen.
    Er ließ sich im Ledersessel seines Onkels nieder und gab sich dem beruhigenden Geruch der Bücher und Manuskripte hin, die ihn umgaben. Auf dem Schreibtisch erblickte er den Stapel von Predigttexten, Briefen und dergleichen, die zu sortieren sein Onkel ihn gebeten hatte, bevor Josh Harkness, Gahan Macfarlane und Bryce Scobell in sein Leben getreten waren. Das alles schien bereits so lange her zu sein.
    Der Predigttext, der vor ihm lag, gehörte zu denen, die er bereits gesichtet hatte: ein Pamphlet eines Vikars irgendwo in den Midlands gegen verschiedene Häresien und Schismen innerhalb der Kirche. Plötzlich blieb Sherlocks Blick auf einem besonderen Begriff hängen: die
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
. Es war, als wäre ihm plötzlich ein Licht aufgegangen.
    Goldplatten! Mrs Eglantine hatte nach goldenen Platten gesucht, weil sie aufgeschnappt haben musste, wie Onkel Sherrinford einmal davon geredet hatte. Daraufhin war sie von der Vorstellung besessen gewesen, dass irgendwo im Haus irgendein Schatz, ein Hort von Goldplatten versteckt war. Doch sie hatte ihn nie gefunden.
    Es gab tatsächlich einen Schatz, aber keinen, wie sie ihn sich vorgestellt hatte.
    Sherlock rief sich ins Gedächtnis, was er beim Schmökern in der Bibliothek seines Onkels über die
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
einst gelesen hatte – beziehungsweise über die Mormonen, wie sie auch genannt wurden. Die Bewegung hatte vor ungefähr vierzig Jahren in Amerika begonnen und war von einem Mann namens Joseph Smith jr. angeführt worden. Er hatte behauptet, im Besitz eines heiligen Textes zu sein, dem sogenannten Buch Mormon, das, wie er den Leuten sagte, eine Ergänzung zur Bibel darstelle. Gefragt, woher dieses heilige Buch denn stamme, hatte Smith behauptet, dass ihm im Alter von siebzehn
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