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Wo gibt es neue Schuhe, Genossen

Wo gibt es neue Schuhe, Genossen

Titel: Wo gibt es neue Schuhe, Genossen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Haha! Hier haben wir es! Nein … da haben wir keine rechten Schuhe hingeliefert. Bedauere, Genosse.«
    »Aber wir haben die linken bekommen!« stöhnte Gorski und schluckte noch einmal zehn Herztropfen.
    »Das muß ein Irrtum sein!«
    »Von Ihnen!«
    »Nein, von Krasnojarsk! Woher telefonieren Sie?«
    »Aus Nowo Tschemka!« schrie Gorski.
    »Stimmt!«
    »Sehen Sie!«
    »Was heißt das: Sehen Sie? Sie sind Parteisekretär und können noch nicht einmal den Namen Ihrer Stadt korrekt aussprechen!«
    Gorski umklammerte mit einer Hand die Tischplatte, mit der anderen preßte er den Hörer an sein Ohr. »Sind Sie verrückt?« stammelte er. »So etwas sagen Sie mir?«
    »Bitte!« Der Betriebsleiter in Kemerowo war ein ungemein arroganter Mensch. »Wie heißt ihr Ort?«
    »Nowo Tschemka …«
    »Nein! Nowo Tschomska …«
    »Tschemka!« brüllte Gorski und begann gewaltig zu zittern.
    »Hier steht: 1.500 Paar Schuhe – für uns also rechte Schuhe – als Unterlieferung nach Nowo Tschomska. Sammellieferung an das Zentrallager von Nischne Udinsk. Ganz klar steht es hier und abgehakt. Also ausgeliefert! Bei uns gibt es keine Pannen! Guten Morgen, Genosse!«
    Gorski fiel in sich zusammen. Dr. Balujew mußte ihm den Telefonhörer aus der Hand nehmen und auflegen. Amossow weinte leise vor sich hin. Väterchen Wladimir betete leise in sich hinein.
    »Unsere rechten Schuhe sind im Zentrallager von Nischne Udinsk«, stammelte Gorski und lehnte sich gegen Dr. Balujews Brust. »Wißt ihr, wo das ist? Da ist die Karte.« Er zeigte auf die Schmalwand des Büros, wo eine große Landkarte von Rußland hing. »Südlich von Bratsk. An der Uda. Im Bezirk Irkutsk! Genossen, wir sind verloren …«
    »Nichts ist verloren!« sagte Dr. Balujew und trat an das Fenster. Er öffnete es. Ein frischer, duftender Wind kam ins Zimmer, und man konnte das schönste Morgenrot seit Wochen sehen. »Wir werden bis Montag den Irrtum von Kemerowo aufgeklärt haben!«
    »Oder den Irrtum von Krasnojarsk!« sagte der Pope.
    »Wie das?« stöhnte Gorski.
    »Man wird feststellen müssen, wer die Schuhe wirklich bekommen sollte: Nowo Tschemka oder Nowo Tschomska. Wenn die Verwechslung nun bei Krasnojarsk liegt …«
    »… dann bedeutet das …«, fiel Dr. Balujew ein.
    »… daß uns gar keine Schuhe zustehen?!« stotterte Gorski. Er holte tief Atem und sprang dann auf. »Nie!« brüllte er heiser. »Nie gebe ich die 1.500 Schuhe her! Was ich habe, das habe ich! Wer weiß, wann wir wieder an der Reihe sind?«
    »Das gleiche wird Nowo Tschomska sagen.«
    »Was wollen sie mit 1.500 rechten Schuhen, he?!«
    »Was fangen wir mit 1.500 linken Schuhen an?« fragte Dr. Balujew.
    »Kann man sie nicht umarbeiten?« stöhnte Gorski. »Dann haben wir wenigstens 750 Paar …«
    »Das geht nie und nimmer.« Amossow hatte sich ein wenig erholt. Die Sache begann hochpolitisch zu werden, und das war nicht sein Gebiet. Er war nur Magazinverwalter. Politik, das war Gorskis Aufgabe.
    »Man kann nicht die Anatomie verändern … nicht bei Schuhen! Und wenn einer sogar einen Spreizfuß hat …«
    »Werft ihn hinaus!« sagte Gorski müde. »Ihr Lieben, tut mir den Gefallen und werft Amossow hinaus, oder ich zerbeule ihm den Hintern!«
    Amossow ging freiwillig. Die Kartons mit den linken Schuhen ließ er im Parteibüro zurück. Es war ja möglich, daß schon jemand um diese Zeit auf den Beinen war, ihn mit den Kartons sah und den Verdacht hegen konnte, er verteile heimlich an gute Freunde bereits die neuen Schuhe.
    »Das wird einen Kampf geben«, sagte Gorski nach einer Weile Schweigen auf allen Seiten. »Wieviel Zeit bleibt uns noch?«
    »Heute ist Freitag.« Väterchen Wladimir hob die rechte Hand. »Gott segne den neuen Tag.«
    »Ich rufe nachher meinen Genossen in Nowo Tschomska an. Wenn das nicht möglich ist – weiß man, wie dieses Nowo Tschomska aussieht –, schicke ich ein Telegramm.«
    »Warum?« fragte der Pope erstaunt.
    »Die rechten Schuhe, Wladimir Wadimowitsch …«, stotterte Gorski entnervt.
    »Glaubst du, der Genosse Sekretär von Nowo Tschomska würde bei dir anrufen oder dir telegrafieren wegen der linken Schuhe? Nie!«
    »Weil er im Unrecht ist und ich im Recht bin!«
    »Weißt du das so genau?«
    »Wir haben 1.500 linke Schuhe!« sagte Dr. Balujew. »Die sind uns sicher. Und die behalten wir! Wenn sich bei uns niemand meldet, warum sollen wir uns melden? Wollen wir eine Prozeßlawine ins Rollen bringen?«
    »Dann soll uns einfach das Kombinat Kemerowo 1.500 neue
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