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Wo gibt es neue Schuhe, Genossen

Wo gibt es neue Schuhe, Genossen

Titel: Wo gibt es neue Schuhe, Genossen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Arzttasche.
    Der Deckel des Kartons flog hoch in die Luft, Gorski griff in ihn hinein, riß den Schuh Astrachan heraus und schwenkte ihn über seinen Kopf. Mit einem Aufschrei fiel Amossow nach hinten gegen den Popen Wladimir.
    »Rechte Schuhe!« brüllte Gorski, als habe er einen Krieg gewonnen. »Es sind 1.500 rechte Schuhe! Genossen, wir sind komplett!«
    Wie Goldstücke trug man später die Kartons ins Magazin und stapelte sie neben die Schachteln mit den linken Schuhen. Väterchen Wladimir ging durch den Lagerraum und segnete die kompletten Schuhpaare. Sogar Gorski hatte nichts dagegen – ihm standen vor Ergriffenheit die Tränen in den Augen.
    Was spielte es für eine Rolle, daß das Modell Astrachan anders geschnitten war als das Modell Nowgorod? Außerdem waren die Herrenschuhe nicht schwarz, sondern braun, darüber hinaus keine Schnürschuhe, sondern Slipper. Das Modernste vom Modernen! Die Damenschuhe waren diesmal schwarz und hatten keine Riemchen. Es waren formschöne Pumps. In der Höhe der Absätze gab es einen kleinen Unterschied – aber das war kein Problem. Man konnte bei den örtlichen Schustern einen Absatz verlängern oder verkürzen. Darüber müßte man zu gegebener Zeit noch abstimmen.
    Es war wieder ein besonderer Feiertag für Nowo Tschemka, als Ende Mai, an einem schönen Morgen, die Schuhe an die Genossen mit dem Berechtigungsschein verkauft wurden. Drei Milizionäre regelten die anstehende Menschenschlange. Wie gelernte Schuhverkäufer probierten Amossow und seine vier Gehilfen die Schuhe an. Wer wieder aus dem Magazin herauskam, seinen Schuhkarton unterm Arm, fühlte sich als der glücklichste Mensch der Welt.
    Und alle sind es bis heute geblieben.
    Sie sollten sich das ansehen, wenn Sie jemals nach Nowo Tschemka kommen. Dort stört es keinen ehrenwerten Bürger, wenn er links mit einem schwarzen Schnürschuh Modell Nowgorod und rechts mit einem braunen Slipper Modell Astrachan angetan herumläuft. Und die Frauen stolzieren wie Zarinnen durch die Straßen, wenn sie am linken Fuß die braunen Riemchenschuhe und am rechten Fuß die schwarzen Pumps tragen können. Allerdings werden Sie das nur sonntags und an Feiertagen beobachten können. Die kostbaren Stücke müssen schließlich geschont werden.
    Jedenfalls: alle, alle sind glücklich. Denn es bewies sich wieder einmal die alte russische Wahrheit: Man muß nur warten können und geduldig sein!
    Außerdem, Hand aufs Herz: Wo gibt es neue Schuhe, Genossen?
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