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0868 - Die Toten-Krypta

0868 - Die Toten-Krypta

Titel: 0868 - Die Toten-Krypta
Autoren: Jason Dark
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Emily hatte den Raum verlassen. Einen verschlossenen Raum, wohlgemerkt, wobei ich ihr mittlerweile alles zutraute. Ich ahnte viel, aber ich konnte nichts beweisen.
    Emily war zwar erst sechzehn, aber sie war gefährlich und dämonisch zugleich, eine verdammt brisante Mischung. Und dieses Mädchen war untergebracht in einer Nervenklinik, wegen Doppelmordes an ihren Eltern. Diese Tat mußte die Ursache für noch ganz andere, unerklärliche Vorgänge gewesen sein, die ich zunächst einmal aus meinem Gedächtnis verdrängt hatte, denn mir kam es darauf an, Emily zu finden.
    Ich verließ das schmale Bad. Im Zimmer überprüfte ich das Fenster. Da gab es eigentlich auch nichts zu überprüfen, denn es hatte keinen Griff, und die Scheibe erinnerte mich in ihrer Dicke an Panzerglas. Mit den Fäusten war sie nicht zu durchschlagen. Da mußte jemand schon mit härteren Gegenständen kommen.
    Es sah nicht nur nicht gut aus, es kam mir auch so vor, als hätte mich die Person geleimt wie selten jemand.
    Dementsprechend mies war meine Laune.
    Die heiße Julisonne hatte sich auf den Rückweg gemacht. Sie stand schon tief und blendete mich.
    Die Bäume des parkähnlichen Gartens warfen Schatten, die bizarren Geistern ähnelten.
    »Was machen Sie denn hier?« Die Stimme klang scharf wie ein Peitschenknall. Sie sorgte dafür, daß ich herumfuhr und in das Gesicht einer mir fremden Frau starrte, die ich aber vom Wesen her irgendwie kannte.
    Die Frau sah streng aus, trug eine weiße Bluse und einen engen schwarzen Rock dazu. Das Haar war kurz geschnitten. Der dunkelrote Lippenstift paßte nicht zu ihrer blassen Gesichtsfarbe. Die Augen hatten einen wütenden Ausdruck bekommen.
    »Haben Sie mich nicht verstanden?«
    »Doch.«
    »Also, was suchen Sie hier?«
    »Emily.«
    »Warum?«
    »Ich will Sie sprechen.«
    Jetzt grinste sie. Ja, es war ein Grinsen und kein Lächeln, und es sah verdammt hinterlistig aus.
    »Hören Sie zu, Monsieur, ob jemand Emily sprechen darf oder kann, das bestimmen nicht Sie, sondern ich. Außerdem«, sie holte Luft, »wie sind Sie überhaupt in die Klinik hereingekommen?«
    Das Verhalten dieser Tante gefiel mir überhaupt nicht. Es machte mich leicht aggressiv, und dies wiederum artete bei mir in Spott aus. »Wenn Sie es genau wissen wollen, durch die Tür. Und bevor Sie weiter fragen, ich bin kein Einbrecher.«
    Sie fragte nicht weiter, das konnte sie nicht, denn sie schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Einen derartigen Widerspruch hatte sie wohl lange nicht erlebt, und ich setzte noch einen kleinen Berg darauf. »Außerdem möchte ich mit Emily sprechen. Wenn Sie wissen, wo sie sich befindet, bringen Sie mich bitte zu ihr. Das ist alles, was ich will.«
    Sie fauchte mich an. Auf ihrer Wangenhaut tanzten Flecken. »Ich werde Sie festnehmen lassen. Sie sind hier eingedrungen wie ein Verbrecher. Ich habe das Recht…«
    »Sie haben gar nichts. Wenn jemand irgendein Recht hier hat, dann ist es Doktor Prudomme.«
    Die Nennung seines Namens hatte diese Person ein wenig umgänglicher werden lassen. »Ach - Sie kennen unseren Doktor hier?«
    »Wer hat mich hier wohl reingelassen?«
    »Dann waren Sie verabredet.«
    »Es wird Ihnen entgangen sein, Madame, daß ich schon einmal hier in diesem Zimmer gewesen bin und auch mit Emily geredet habe. Und falls Sie mich noch mehr fragen wollen, kann ich Ihnen schon jetzt sagen, daß ich Engländer bin, zugleich Polizist und mich im Dienst befinde. Ist das alles genehm, Madame?«
    »Ja, das ist es.«
    »Dann bringen Sie mich zu Emily, falls Sie wissen, wo sie sich befindet, Madame.«
    »Ich heiße Claire.«
    »Sie können mich John Sinclair nennen.«
    »Dann erlauben Sie auch, daß ich bei Doktor Prudomme eine entsprechende Rückfrage halte?«
    »Wie Sie wollen.«
    Sie verließ vor mir den Raum und ging bis zu einem Wandtelefon. Da blieb sie stehen, nahm den Hörer ab und mußte nur eine Nummer auf der Wählscheibe drehen.
    Ich wollte sie nicht noch nervöser machen und schwieg. Dabei hoffte ich, daß mir nicht die Zeit unter den Fingern wegrann und ich Wichtiges versäumte.
    Es war sogar möglich, daß ich schon einiges versäumt hatte, denn wenn jemand in diesem teuflischen und undurchsichtigen Spiel die Fäden zog, dann war es Emily.
    Wer war sie?
    Ich wußte nicht viel von ihr. Sie hatte ihre Eltern mit einer Gartenschere getötet und war in diese Anstalt eingeliefert worden. Hier hatte sie sich ihr eigenes Reich eingerichtet und schien sich sogar wohl zu
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