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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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sei’n Sie doch schon ‘n bißchen friedlich, Fräuleinchen. Ich werd Ihnen schon nichts tun. Ist es denn nich viel gemütlicher, so ‘n bißchen mit mir zu plauschen, als rumzurennen und Töpfe umzupflanzen?“
    Als ich die klamme Hand an meiner Wange fühlte, verlor ich meine Selbstbeherrschung. In der rechten Hand hielt ich meinen koketten grünen Eimer mit der Kaktuserde. Im nächsten Augenblick hatte der Mann die ganze Erde überm Kopf. Und während er versuchte, die Augen sauberzuwischen und die Stimme wiederzuerlangen, schlüpfte ich hinaus. Hinunter, weg – hinauf auf mein Rad – und ab zum entgegengesetzten Ende der Stadt.
    Dieser morgendliche Zwischenfall verdarb mir den ganzen Tag. Es wurde ein ausgesprochener „Pechtag“.
    Ich kam in ein Villenviertel. Im ersten Haus wurde ich eingelassen und vor eine Reihe von Hortensien und Zwiebelgewächsen geführt – ausgerechnet zwei Blumensorten, die ich gar nicht mag und auf die ich mich infolgedessen auch am wenigsten verstehe. Dazu kam, daß ich unkonzentriert und nervös war. Die Hausfrau hatte messerscharfe Augen und eine kalte, strenge Stimme, meine Antworten fielen unbestimmt aus und klangen wenig überzeugend. Zu allem Überfluß verschüttete ich Erde auf den frischgebohnerten Fußboden und den echten Buchara – nein, dieser Besuch war recht trübselig.
    „Was bin ich schuldig?“ fragte die Dame kühl, als ich meinen Schmutz selber weggefegt und mich entschuldigt hatte.
    „Drei achtzig, bitte.“
    „Wieso denn, es waren sechs Pflanzen. Sie sagten sechzig Ore fürs Stück?“
    „Ach Verzeihung, ich habe mich verrechnet. Es macht natürlich drei sechzig.“
    „Können Sie auf fünf Kronen herausgeben?“
    „Nein, leider nicht – aber ich will gern wechseln gehen.“
    Ein eisiger Blick war die Antwort.
    Die Hausgehilfin wurde zum Wechseln weggeschickt.
    Da ging mir plötzlich ein Licht auf. Sie dachte, ich wollte mit dem Fünfkronen stück durchgehen. Und sie ließ durchblicken, daß sie es auch dachte. Zwar war ich ungeschickt und nicht sehr tüchtig gewesen, aber mußte sie mich deswegen beleidigen?
    Ich hätte heulen können.
    Die Hausgehilfin kam mit fünf einzelnen Kronenstücken. Ich bekam vier davon. „Es tut mir leid – auch darauf kann ich nicht herausgeben.“
    „Sehr praktisch“, murmelte die Gnädige. „Dann behalten Sie meinetwegen die vier Kronen.“
    Ich öffnete den Mund und wollte antworten. Ich wollte antworten, daß sie ihr Geld behalten könne. Aber ich bezwang mich. Es konnten Zeiten kommen, da würde ich mir Vorwürfe machen, daß ich ehrlich verdientes Geld so aus dem Fenster hinauswarf.
    „Danke, ich berechne kein Trinkgeld. Ich werde mir erlauben, die vierzig Ore vorbeizubringen, sowie ich Wechselgeld habe.“
    Fünf Minuten später brachte ich die vierzig Ore zurück. Die Hausgehilfin war an der Tür und nahm sie grinsend an. Ich hätte ihr ins Gesicht schlagen mögen.
    An den vier nächsten Stellen wurde ich an der Tür schon abgefertigt. An der fünften wurde ich eingelassen und vor meine Aufgabe geführt: 1. Ein Riesenstachelschwein von einem ungepflegten Kaktus. 2. Ein Ungetüm von einer Fächerpalme. 3. Eine Azalee, so groß wie ein stattlicher Weihnachtsbaum.
    Die Erde sollte erneuert werden. Für die Palme allein brauchte ich acht Pfund Blumenerde. Ich forderte drei Kronen für die drei Ungeheuer zusammen.
    „Ich meinte, Sie hätten siebzig Öre als Höchstpreis genannt“, sagte die Frau spitz.
    „Ja, aber nicht bei solchen Riesenpflanzen“, setzte ich mich zur Wehr. „Ihre Pflanzen sind viel größer, als ich sie bisher gehabt habe.“
    „Das sagen Sie wohl zu allen“, kam es noch spitzer aus ihrem Munde. „Was haben Sie mit der Erde vor, die Sie aus den Töpfen rausgenommen haben?“
    „Ich habe vor, sie mit Ihrer gütigen Erlaubnis in Ihren Mülleimer zu schütten. Und dann möchte ich gern wissen, ob Sie auf diese kleinen Ableger da Wert legen, die ich von dem Kaktus abknipsen mußte, und wo ich sie in diesem Falle hintun soll?“
    Aus unerfindlichen Gründen wurde die Dame etwas umgänglicher. Mit den kleinen Ablegern dürfte ich machen, was ich wollte. „Danke“, sagte ich und steckte sie in die Tasche.
    Plötzlich mußte ich trotz allem Ärger lachen. Sie hatte also geglaubt, ich würde die alte Blumenerde dem nächsten Kunden verkaufen! Ach ja, viele Menschen haben keine sonderlich hohe Meinung von ihren Zeitgenossen.
    Aber der Tag war, wie gesagt, ein ausgesprochener Pechtag. Ich kam
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