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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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vier Uhr war ich zu Haus. Yvonne stand in ihrem Malkittel am Herd und briet Eier und Speck. Pinsel, Farbtuben und Lappen auf dem Tisch wurden beiseite geschoben und Teller, ein halbes Brot und ein Milchtopf hingestellt.
    Ich stand einen Augenblick davor und überblickte meine neue Lage. Mein neues Dasein in einer Nußschale, sozusagen. Hätte ich malen können, ich würde ein Stilleben von dem Brot, der Milch, den Malsachen und dem Margarinepaket gemacht haben, das Yvonne gerade auf den Tisch legte. Und das Bild hätte heißen müssen: So ist mein Leben. „Na?“
    Yvonne strich sich mit dem Handrücken die Locke aus der Stirn und lächelte.
    Ich buddelte mit der Hand in der Tiefe meiner Tasche. „Komm, wollen mal zählen!“
    Dreiundsechzig Kronen und achtzig Ore. Außerdem hatte ich schon sechs Kronen für Blumendünger und vier fünfzig für den neuen Vorrat an Erde ausgegeben.
    Vierundsiebzig Kronen und dreißig Ore an einem Tag. Davon bekam Yvonne zwanzig Kronen – ihren Verdienst an den Ablegertöpfen. Von den restlichen vierundfünfzig Kronen dreißig Ore ging, wie ich ausgerechnet hatte, so ziemlich die Hälfte für Benzin und andere notwendige Ausgaben drauf. Siebenundzwanzig Kronen und fünfzehn Öre hatte ich am ersten Tag verdient.
    Wir feierten diesen Erfolg, jeder bekam zwei Eier anstatt eines, wir hatten einen Mordshunger.

Es geht wieder bergab
     
     
    „Tu, wie ich sage“, meinte Yvonne. „Trag soviel wie möglich auf die Bank! Verbrauche nicht mehr als höchstens zehn Kronen täglich.“
    „Ach, du Süße“, widersprach ich. „Es geht doch ganz famos. Den ersten Tag siebenundzwanzig Kronen, gestern waren es einundzwanzig und heute neunzehn. Netto. Vergiß das nicht.“
    „Aber du siehst, es geht bergab“, sagte Yvonne bedenklich. „Jetzt bist du in Hansis Wohnblock fertig. Es ist nicht sicher, daß du morgen wieder auf so einen Reklamechef rechnen kannst!“
    Der unmittelbare Anlaß zu dieser Auseinandersetzung waren zwei Stück Schlagsahnetorte gestern und ein Beefsteak und ein Pfund Äpfel heute.
    „Du darfst es dir nicht zur Gewohnheit werden lassen, Näschereien mit nach Hause zu bringen!“ erklärte Yvonne.
    Aha, da sollte ich also erfahren, daß Beefsteak eine Näscherei war.
    „Du mußt pro Tag fünfzehn für mich rausrücken für Essen und Feuerung. Das sind vierhundertfünfzig Kronen im Monat. Dazu kommen dein Anteil an der Miete und am Strom, und denk an Schuhsohlen und Steuern und alles das, was man aufzuführen vergißt, wenn man sich eine Kostenaufstellung macht. Es geht gerade auf – vorausgesetzt, du schaffst es wirklich, siebenhundert Kronen im Monat zu verdienen.“
    Yvonne brachte es zuwege, mich von der Wolke der Begeisterung, auf der ich schwebte, herunterzuholen. Ich fuhr am nächsten Morgen bei der Bank vorbei und zahlte den größten Teil der Kronen ein, die ich besaß.
    Dann begann das Treppauf, Treppab von neuem. Der Anfang war heute gar nicht schön.
    An der ersten Tür machte mir ein Mann in Hemdsärmeln und mit struppigen Haaren auf. Ich fragte nach der Frau des Hauses.
    „Bitte treten Sie näher“, war die Antwort. Wie freundlich der ist! dachte ich. – Der Mann schloß hinter mir die Tür.
    Er ließ mich in eine unaufgeräumte Stube eintreten: abgestandener Tabaksgeruch und Staub auf dem polierten Nußbaum. Einen Augenblick saß ich allein. Mir war unbehaglich zumute.
    Dann kam er wieder. Mit einer Flasche Bier und Gläsern. „Vielleicht ein Gläschen gefällig?“
    „Nein^ danke. Ich hätte gern die Frau des Hauses gesprochen.“
    „Frau des Hauses, ach ja, richtig.“ Er grinste – unrasiert, wie er war und mit glasigen Augen. Trank einen Schluck, musterte mich. „Und was haben Sie denn für Wünsche, Fräulein?“
    „Ich pflege Topfpflanzen… und wollte mal fragen…“
    „Topf… wir ha’m keine Töpfe, wissen Sie! Is nich nötig, in den modernen Wohnungen! Hahaha!“
    Ich wurde glühend rot, stand auf. Er verstellte mir den Weg zur Tür.
    „Na, na, warten Sie doch ‘n bißchen. Sie sind aber ‘n hübsches Ding, Fräuleinchen, hat Ihnen das schon mal einer gesagt?“
    „Haben Sie Ihrer Frau Bescheid gesagt, daß sie kommt?“
    „Nein, ha’m Sie’s denn noch nicht kapiert? Hier ist nichts von wegen ,Frau’. Geht’s mit mir allein denn nich auch?“ Er kam näher. Er roch nach Bier, Schweiß und altem Zigarrenrauch.
    „Wollen Sie mich bitte hinauslassen?“ Ich ärgerte mich, denn ich hörte selbst, wie meine Stimme bebte.
    „Nu,
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