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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Tanja Heitmann
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einlassen, zu sehr bannte sie der Anblick Saschas, der sich langsam näherte, aber dann ließ sie sich auf die vertrauten blauen Augen ein. Dieselbe Farbe wie Davids Augen. Einen Herzschlag später sendete Meta ihren Ruf aus, und vor Erleichterung hätte sie fast gelacht, so leicht gelang es ihr. Alle Angst war vergessen, und sie verschwendete auch keinen Gedanken daran, was passieren würde, wenn David den Ruf beantwortete, nachdem er gerade erst den Anführer getötet hatte.
    Der Ruf hallte nach und schuf eine hell leuchtende Sphäre, die Meta umhüllte wie ein Kokon. Nur undeutlich nahm sie daher die plötzlich ausbrechende Unruhe wahr.Was auch immer passierte, es war gleichgültig, bis der Ruf beantwortet wurde. Meta registrierte, dass die Körper, an die sie sich bislang gelehnt hatte, in Bewegung gerieten, dass jemand brüllte und jemand anderes fluchte. Einen Moment später wurden auch diese Eindrücke von dem Licht getilgt. Eine ungeheure Druckwelle breitete sich aus und zwang alle in die Knie. Nur Meta taumelte einen Schritt zurück, fing sich und schlug sich vor Glück die Hände vor den Mund. David hatte geantwortet.
     

Kapitel 39
Die Vereinigung
    Der Schatten, der von Hagens Leichnam aufstieg, verdichtete sich und dehnte sich dann schneller aus, als David zurückweichen konnte. Doch bevor er den entsetzten Mann erreichte, erkannte dieser eine Spur, einen feinen Lichtstreifen, als hätte jemand eine Kerze ins Fenster gestellt, damit er den Weg nach Hause finden konnte. Nur zu gern nahm David die Einladung an. Sogleich wurde er in eine Finsternis gezerrt, die ihm bereits vertraut war: die Welt des Dämons. Ein unendliches Schattenreich, in das dieses Mal jedoch jemand ein Licht getragen hatte. Und auf dieses Licht trieb der Dämon mit aller Macht zu, bis es eine solche Helligkeit und Wärme ausstrahlte, dass David sich die Hände vor das Gesicht schlagen musste.
    Dann war es genauso abrupt vorbei, wie es begonnen hatte.
    Vorsichtig sog David Luft in seine Lungen: Der brennende Gestank war fort, stattdessen trug die Winterluft einen Hauch von Rosen mit sich. Er nahm die Hände fort. Zu seinen Füßen lag nicht länger Hagens Leichnam, sondern ein Meer aus niedergesunkenen Leibern. Er sah vertraute Körperumrisse und Gesichter.Vor ihm lag sein altes Rudel und streifte gerade seine Ohnmacht ab.Verwirrt sah David zu, wie Bewegung in das Menschenknäuel geriet, dann entdeckte er eine Armlänge vor sich Meta. Er blinzelte, dann packte er den Mann, der zwischen ihm und Meta kauerte und ihm deshalb den Weg  versperrte, am Kragen und schleuderte ihn beiseite, nicht ahnend, dass es Sascha war. Dabei handelte er nur seinem Instinkt gehorchend, so selbstverständlich auf die Kraft des Wolfes zurückgreifend, als seien sie wirklich eins. David streckte den Arm aus, und erst als seine Finger ihre vom Frost kühle Wange berührten und ihre Lippen lautlos seinen Namen formten, wusste er, dass es wahr war.
    In nächsten Moment kam der Wandel über ihn wie eine schwarze Woge, aber dieses Mal ließ sich David nicht von ihrer Macht übermannen.Alles, was er wollte, stand vor ihm und bot ihm einen sicheren Hafen in diesem Sturm, den der Dämon in seinem Inneren entfachte. Nach all den Jahren konnte er den Wolf endlich annehmen - die Grenzen, die er ihm auferlegte, aber auch die Gaben. Er würde sich nicht länger abwenden.
    Und während David sich an Meta festhielt, strömte die freigesetzte Energie des Wandels durch ihn hindurch und zerstäubte sich wie Gischt über dem Rudel, um es zu vereinen. Für diesen Moment gelang es ihnen, mit Davids Hilfe die innere Zerrissenheit zu überwinden, jenes Verlangen, sich mit den anderen Wölfen zu vereinen und doch fast immer von ihnen getrennt zu sein.
    Kaum richtete David seine Aufmerksamkeit auf das Rudel, wurde sein Ruf beantwortet, und seine Leute scharten sich um ihn. Ein enger Kreis von Menschen, über deren Haut im roten Licht der allmählich verglimmenden Feuer Schatten tanzten. Ohne zu zögern, öffnete David sich so weit, dass es selbst den Schwächsten unter ihnen gelang, in diesen Kreis einzutreten. Er ließ sie an seiner eigenen Stärke teilhaben, indem er ihnen half, den Wolf zu besänftigen. Er schaffte einen Ausgleich zwischen den beiden Welten, so wie es sein sollte.
    Unterdessen richtete Sascha sich benommen auf und torkelte voller Widerwillen zur Seite. Er war sich mit jeder Faser  bewusst, kein Bestandteil dieses Schauspiels zu sein, in dem ein Rudel sich unter
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