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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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Prolog
     
     
    R egungslos verharrte der Reiter zwischen den Bäumen. Nur sein Pferd schnaubte und scharrte ungeduldig mit den Hufen. Von der nahen Straße trug der Wind den Klang zahlreicher Glöckchen herüber. Er hörte das fröhliche Gelächter, die Hochrufe auf das Brautpaar.
    Dann sah er sie. Es war ein prächtiger Hochzeitszug, an der Spitze die Musikanten, dahinter hoch zu Ross die Frischvermählten. Der Bräutigam auf einem kräftigen Fuchs, seine junge Frau auf einem zierlichen Schimmel. Die Braut strahlte. Ihr helles Haar leuchtete, als würde die Sonne darin baden.
    Er seufzte. Es hatte eine Zeit gegeben, da war er selbst auf solchen Festen willkommen gewesen. Er stellte sich vor, wie die Dienerschaft schon seit Tagen das Hochzeitsmahl vorbereitet haben mochte. Gebratene Kapaune, Fasane, vielleicht sogar ein ganzer Ochse, dazu Berge von Pasteten, frisches Brot und natürlich nur der beste Wein. Ohne dass er es wollte, stieg eine alte Sehnsucht in ihm auf.
    Die Braut lachte. Ein fröhliches, unbeschwertes Lachen, das sich mit dem Klingeln der Glöckchen mischte. Sie war ein schönes Mädchen, so lebendig, so voller Kraft.
    Für einen Moment spürte er tatsächlich so etwas wie Bedauern, doch sofort schüttelte er das lästige Gefühl ab. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass seine Männer bereit waren.
    Soeben bogen die Musikanten in das kleine Waldstück ein. Sein Pferd warf unruhig den Kopf hoch.
    »Jetzt!« Sein Schrei ging im Kampfgebrüll seiner Männer unter. Brutaler Abschaum, genau dafür schätzte er sie. Wild trieb er sein Pferd an, ritt einen halbwüchsigen Knaben nieder, hörte ihn schreien, als die Knochen knackten. Er galoppierte vorbei an kreischenden Frauen, die durch einen einzigen Schwerthieb für immer verstummten. Ringsum ließen seine Männer Äxte und Schwerter tanzen, warfen sich über die Ahnungslosen, erdrückten den Widerstand allein durch ihre bloße Übermacht.
    Die junge Braut starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Ihr Gatte versuchte noch, das Schwert zu ziehen, doch er ließ ihm keine Zeit dazu. Ein einziger, gut gezielter Hieb trennte ihm den Kopf von den Schultern. Hellrotes Blut spritzte auf die Braut, durchnässte ihr Hochzeitsgewand, während sie sich hilflos an der Mähne ihres Pferdes festkrallte. Er hätte erwartet, dass sie schreien würde, doch sie blickte ihn immer noch fassungslos an, ganz so, als könne sie nicht glauben, was hier geschah. Hinter sich hörte er das Sirren eines Schwertes, das aus der Scheide gezogen wurde. Sofort fuhr er herum. Fing mühelos den Streich ab. Ah, Ritter Sigmund, der Vater der Braut. Das gute Leben hatte den gefürchteten Kämpen fett und träge gemacht. Kein Gegner für ihn. Er lachte.
    Der Schimmel der Braut scheute. Die junge Frau wurde rücklings zu Boden geschleudert.
    »Lauf!«, schrie der alte Ritter seiner Tochter zu. Es war sein letztes Wort.
    Als er das blutige Schwert aus Sigmunds Leib zog, rappelte das Mädchen sich gerade auf, wäre fast über den Saum ihres Kleides gestolpert. Sie rannte tiefer in den Wald hinein. Ihr Brautkranz verfing sich an einem Gesträuch, rutschte ihr vom Kopf. Nicht dumm, die Kleine, hoffte wohl, er könne ihr dorthin nicht zu Pferde folgen. Zwei Galoppsprünge, dann hatte er sie erreicht, sprang aus dem Sattel und riss sie zu Boden. Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, doch noch immer schrie sie nicht. Das blutige Kleid klebte nass an ihrem Leib, betonte ihren wohlgeformten Körper. Er atmete tief durch. Er könnte sie nehmen und später töten. Einen Augenblick lang zögerte er. Nein, das würde nur Ärger geben, besser, er erledigte es sofort.
    Mit aller Kraft stieß er ihr das Schwert in die Brust und zog es erst zurück, als er den Widerstand ihrer brechenden Rippen überwunden glaubte.

1. Kapitel
     
     
    E r sieht mich an, als wäre ich eine Heilige. Lena strich mehrfach über den dunkelblauen Stoff ihrer Suckenie. Sie schämte sich für ihre feuchten Hände, die ihre Scheu zu verraten drohten. Niemals würde sie sich an die Ehrfurcht gewöhnen, mit der die Menschen außerhalb des Klosters sie betrachteten. Der Stoff wurde warm unter ihren Händen. Hör auf!, mahnte sie sich und ließ ihr Kleid los.
    Der Mann vor ihr trug die einfache Bekleidung der Landarbeiter, der graue Kittel war vielfach geflickt, aber sauber. Gewiss hatte er erst kurz zuvor die Badestube aufgesucht. Er stand so aufrecht vor ihr, wie er es mit Hilfe seiner Krücke auf seinem verbliebenen linken
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