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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
Autoren: Dorothy L. Sayers
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noch hier diese Seitenstraße hinunter. Aber er muß zu spät aufgebrochen sein und ihn verpaßt haben. Warum, weiß ich auch nicht. Horcht! Da kommt er.»
    Während er sprach, kam die Rauchfahne des Zugs in Sicht. Sie hörten ihn in den Bahnhof einfahren. Wenige Minuten später fuhr er keuchend wieder hinaus.
    «Ganz pünktlich», sagte Wimsey. «Na ja, aber verpaßt ist verpaßt. Bis Girvan fährt er als Bummelzug, dann verwandelt er sich in einen Express und hält bis Ayr nur noch einmal in Maybole. Dort bekommt er noch einen Speisewagen angehängt und hat von da an nur noch Verachtung für die Welt, fährt geradewegs durch bis Paisley und Glasgow. Sie sehen, unsere Lage ist ziemlich hoffnungslos. Wir können nur noch weiter durchs Dorf fahren und auf ein Wunder warten.»
    Er stieg wieder auf und radelte weiter. Hin und wieder warf er einen Blick über die Schulter zurück. Schon bald ließ sich ein überholendes Auto vernehmen. Ein alter Daimler, vollgepackt mit Kleiderkartons, schnurrte mit mäßigen 22, höchstens 23 Meilen pro Stunde vorbei. Wimsey ließ ihn überholen, dann setzte er ihm mit tief gesenktem Kopf und wild strampelnden Beinen nach. Sekunden später bekam er den hinteren Fensterrahmen zu fassen und ließ sich gemütlich mitziehen. Der Fahrer wandte nicht den Kopf.
    «Aaah!» entfuhr es MacPherson. «Himmel, das ist doch unser Freund Clarence Gordon! Und uns erzählt er noch, daß er den Mann auf der Straße überholt hat. Hm, und es war sogar mehr oder weniger die Wahrheit. Hoffen wir, daß Seine Lordschaft nicht dabei verunglückt.»
    «Dem passiert nichts», sagte der Polizeipräsident, «solange nur die Reifen halten. Er ist ein umsichtiger junger Mann, wenn er auch noch so viel daherschwätzt. Bei dem Tempo überholen wir tatsächlich den Zug. Wie weit ist es bis Girvan?»
    «Ungefähr 12 Meilen. In Pinmore müßten wir ihn einholen. Dort kommt er um 12 Uhr 53 an.»
    «Hoffen wir, daß Clarence Gordon das Gasgeben nicht vergißt. Langsam, MacPherson. Wir wollen ihn doch nicht überholen.»
    Clarence Gordon war ein vorsichtiger Fahrer, aber er enttäuschte die Erwartungen seiner Verfolger nicht. Hinter Pinwherry legte er sogar einen richtigen Spurt ein, und als sie die starke Steigung nach Pinmore in Angriff nahmen, sahen sie das schwarze hintere Ende des Zugs, der sich den parallel neben der Straße herlaufenden Gleiskörper hinaufmühte. Als sie den Berg erklommen und den Zug hinter sich hatten, schwenkte Wimsey seine Mütze durch die Luft. So fuhren sie fröhlich durch die Lande, wandten sich nach links und kurvten die Serpentinen hinunter dem Meer entgegen. Um fünf nach eins erhoben sich ringsum die ersten Häuser von Girvan. Den Verfolgern schlug das Herz bis zum Hals, als jetzt der Zug rechts von ihnen aufholte und an ihnen vorbei dem Bahnhof Girvan entgegeneilte. Am Ende des Städtchens ließ Wimsey den Wagen los und spurtete wie um sein Leben nach rechts die Bahnhofstraße hinunter. Um acht Minuten nach war er auf dem Bahnsteig, noch drei Minuten zu früh. Die Polizeitruppe konnte sich wie das Heer der Toskana kaum einen Hochruf verkneifen. Während Dalziel zurückblieb und für die sichere Unterbringung der Wagen sorgte, rannte MacPherson zum Schalter und löste drei Erster-Klasse-Fahrkarten nach Glasgow. Als er an Wimsey auf dem Bahnsteig vorbeikam, sah er ihn die Reisetasche abschnallen und hörte ihn in übertriebenem englischem Tonfall einem Dienstmann zurufen, daß er das Fahrrad nach Ayr aufgeben solle. Und als er sich vom Schalter umdrehte, tönte die ungeduldige Stimme des Dienstmanns an sein Ohr:
    «Einmal errrster und Fahrrrad nach Ayr, und mach zu, Junge, ich muß wieder zu meinem Kunden.»
    Sie stürzten auf den Bahnsteig hinaus. Das Fahrrad wurde in den Gepäckwagen geworfen. Sie sprangen in ihr Abteil. Die Pfeife schrillte. Sie fuhren.
    «Puh!» machte Wimsey und wischte sich über die Stirn. Und dann: «Himmel, das Ding klebt wie ein Fliegenfänger.»
    In der linken Hand, versteckt unter der Mütze, die er der Kühlung wegen abgenommen hatte, hielt er etwas, was er jetzt grinsend zeigte. Es war ein Gepäckanhänger nach Euston.
    «So leicht wie Erbsenschälen», erklärte er lachend. «Ich hab’s geklaut, während er das Fahrrad zum Gepäckwagen schob. Fix und fertig gummiert sogar. Bei der Eisenbahn werden Nägel mit Köpfen gemacht. Zum Glück waren die Fächer beschriftet, da brauchte ich nicht mal lange zu suchen. So, das wär’s. Jetzt können wir ein bißchen
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