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Venusbrüstchen: Roman (German Edition)

Venusbrüstchen: Roman (German Edition)

Titel: Venusbrüstchen: Roman (German Edition)
Autoren: Monika Detering , Silke Porath
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1.
    Von: [email protected]
    An: [email protected] , [email protected]
    Gesendet: Mittwoch, 12. September, 16:45 Uhr
    Betreff: wieder im eigenen Kotten
    Liebe Sue, liebe Josefa,
    schreibe ich wirklich ›liebe‹? Ich muss noch ferienblind sein. Vorsicht, das sind nur Vorschusslorbeeren. Weiß ich, wie Ihr wirklich seid. Nie hätte ich geglaubt, dass ich Euch verrückten Weibern jemals schreiben würde. Nicht, dass Ihr denkt, jetzt lässt sie die mäkelige Singlefrau raushängen und braucht Unterhaltung an einem Mittwoch! Zur Vorab-Beruhigung: Nein. Lässt sie nicht. Denn ich, die mediale Gerda Thekla Beinlich, bin gerne Single. Schließlich kenne ich auch alles andere. Wie Ehegatten, wie Lebensgefährten, wie Teilabschnittsgefährten, wie Urlaubsgefährten. Schließlich kennt Ihr ja selbst die Scheidungsraten. Na ja, und nun – in meinem Alter – sähe eine weiße oder meinetwegen champagnerfarbene oder gar hellgraue Hochzeit etwas komisch aus. Aber ich weiß, wie Liebe schmeckt. Und allein schon deshalb werde ich hinsichtlich dieses Themas nie jammern.
    Aber eigentlich will ich an unseren Urlaub zurückdenken. Da wird auch ein Montagmorgen heller. Wisst Ihr, nichts ist öder, als wenn du an so einem Tag die Mailbox öffnest und Nachrichten vorfindest wie ›Ihr Foto auf einem Teller – jetzt kostenlos‹ oder ›Die Selbstverwirklichung der alleinstehenden Frau‹ oder auf Facebook die immens wichtige Mitteilung liest, dass es rund um Stuttgart geschneit hat. Zum einen, was soll ich mit Tellerfotos, warum soll ich mich selbst verwirklichen, obwohl ich so was nicht brauche? Und Schnee? Meinetwegen. Stuttgart ist weit.
    Wenn ich noch an Josefas indignierten Blick denke und Sue, ja, Du hast Dich bald vor Lachen verschluckt. Ich weiß genau, was Ihr gedacht habt, als ich an jenem Regennachmittag in die Spiekerooger Teestube kam. Es war voll – kein Tisch mehr frei. Ich – in meinen tollen Sneakers, den roten, der wild gemusterten Kittelschürze, die unter meinem neuen Anorak, dem schwarzen, rausschaute. Dazu die rote Lockenmähne. (Hihi, hab ich nie gesagt, aber das war eine Perücke.) Und ich fragte Euch, ob ich mich dazusetzen könne. Huldvoll habt Ihr genickt. Aber anschließend hattet Ihr Tränen in den Augen. Vor unterdrücktem Gekicher. Und darüber bin ich dann huldvoll hinweggegangen. Ach ja, Kittelschürzen! Ich trag sie halt ganz gerne zu Hause. Ist praktisch, luftig und bequem. Und jeder, der mich so sieht, steckt mich in die falsche Schublade – während ich mir die Leute still anschaue und weiß, hach Frau Krieger (das ist die, die eine Straße weiter wohnt), du wirst Kummer haben. Großen. Und dein Alter fährt nicht regelmäßig die Woche ins Nadelparadies, wie er es nennt, also zur Akupunktur, der hat ein ganz anderes Paradies gefunden. Und der Krieger sagt er, es helfe ihm so gut. Kann ich mir denken. Dazu braucht man nicht hellsehen zu können.
    Ja, zurück nach Spiekeroog. Sue, weißt Du noch, wie Du in der feinen Linde während des Abendessens einige Gäste nach atomarer Kernspaltung gefragt hattest? Warst da wieder mit Deinen Kreuzworträtseln zugange. Und Dein Staunen über den Hafen. Dachtest, hier lägen so große Pötte wie in Kiel oder Hamburg.
    Am Wochenende kriege ich neue Kunden. Die Namen tun ja nix zur Sache, aber jener, der am Samstag kommt, scheint ein smarter Typ mit Fliege zu sein. Er hat Sorgen. Und die sind wohl so schwerwiegend, dass er erst spät, also in der Dunkelheit, mit seinem Jaguar kommen will. Das heißt, man kennt ihn. Das heißt, er ist wohl eine Person des öffentlichen Lebens. Zumindest kommt er ohne Bodyguards.
    Ja Mädels, seid Ihr gut wieder zu Hause angekommen, alles im grünen Bereich? Sue, Du wirst doch wohl nicht diesen Henrik erhören, diesen Blonden, der Dir zum Abschied einen sentimentalen Strauß Strandhafer schenkte? Pfh. Strandhafer. Son billiges Gemüse. Ich meine, da muss Mann sich doch anderes einfallen lassen.
    Josefa, hast Du Dir nun überlegt, das Haus Deines Vaters zu verkaufen? Oder zu vermieten? Was ist eigentlich mit der Buchhandlung? Kann der Besitzer das Haus nicht erwerben? Dich aufzuopfern und Dir gutes Geld entgehen zu lassen – also, sei mal zu Hause so locker, wie Du in den letzten drei Tagen warst. Das würde Dir gut tun.
    Meine ich. Denn ich glaube eher, dass Du in Deinem gewohnten Umfeld – na sagen wir mal, ein bisschen steif bist. Dich an Konventionen hältst. Lass den Quatsch. Das dankt Dir sowieso keiner.
    Aber was
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