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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer
Autoren: Juergen Kehrer
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ein verklebtes Papiertaschentuch zutage. »Die Polizei mag ja auf dem rechten Auge sehbehindert sein, aber sie ist nicht blind und taub. Wir verstehen unsere Arbeit.«
    »Dann kannst du mir sicher erklären, warum die … äh … warum meine Anruferin nicht gekommen ist.«
    Er trompetete ins Taschentuch. »Ich gebe ja zu, dass vielleicht eine Panne passiert ist. Aber wir mussten es versuchen.«
    »Weißt du, dass mich das zehntausend Mark kosten kann?« Ich biss mir auf die Lippen. Jetzt hatte ich mich auch noch verplappert.
    »Ach«, schnappte Stürzenbecher nach, »so viel zahlt dir der Bischof?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gesagt.«
    Stürzenbecher lehnte sich an die Autotür und suchte den Himmel ab. Wahrscheinlich nach einer Sternschnuppe, dem ersten Sonnenstrahl oder einem unbekannten Flugobjekt. »Das Ganze war ein Test. Die wollten sehen, ob du überwachst wirst.«
    »Immerhin weißt du jetzt, dass ich nicht einer von denen bin.«
    »Wer sagt mir, dass die Idee für den Test nicht von dir stammt?«

IV
    Das Büro von Monsignore Kratz lag auf dem Horsteberg, einen Steinwurf vom Dom und einen Speerwurf vom Bischofspalais entfernt. (So, wie in Münster überhaupt alles dicht beieinander liegt und jeder jedem jederzeit begegnet, aber das ist wieder ein anderes Thema.) Kratz machte einen gestressten Eindruck und wollte mich schnell wieder loswerden. Ich unterschrieb den Vertrag, der mich zur Verschwiegenheit verpflichtete und die Honorarfrage klärte. Er rückte einen Scheck heraus, und dann erzählte ich ihm von der nächtlichen Telefonaktion. Damit hatte ich seine Aufmerksamkeit gewonnen.
    »Was erlaubt sich die Polizei? Wir haben sie nicht um Einmischung gebeten.«
    »Die Jungs machen nur ihre Arbeit. Trotzdem fürchte ich, dass die Geldübergabe schwierig wird, wenn ich die gesamte Kripo Münsters an den Fersen habe.«
    »Wie heißt der Kommissar, der das veranlasst hat?«
    »Stürzenbecher. Sie erkennen ihn an einer schweren Grippe.«
    »Ich werde Weihbischof Becker davon berichten. Er soll sich mit dem Vorgesetzten dieses Stürzenbecher in Verbindung setzen. Die Operation muss geräuschlos über die Bühne gehen.«
    »Was ich nicht verstehe«, sagte ich, während mir Kratz die Hand auflegte und mich aus seinem Büro schob, »warum wollen Sie den Wiedertäufern eigentlich die Fünfhunderttausend in den Rachen werfen? Ich meine, da müssen eine ganze Menge Kirchensteuerzahler ziemlich lange dran abzahlen. Und das nur, weil irgendwelche Clowns Käfige gelb anmalen und ein Bild von Bischof Waldeck retuschieren.«
    Der Monsignore ließ das Wort auf der Zunge zergehen: »Clowns? Wir dachten, dass Sie denen, nun, eher wohlwollend gegenüberstehen.«
    »Alle Welt glaubt, dass ich mit dem Kommando Jan van Leiden unter einer Decke stecke. Ich versichere Ihnen, dass ich gestern Morgen zum ersten Mal davon gehört habe.«
    Kratz hatte mich auf den Flur bugsiert. »Wie dem auch sei, Herr Wilsberg. Erfüllen Sie einfach Ihre Aufgabe, und überlassen Sie das Denken uns. Guten Morgen.«
    Das war deutlich. Mit einer leichten Tendenz zur Unverschämtheit. Immerhin wusste ich jetzt, wie hoch mein Preis fürs Nichtdenken war.
    Herr Bosse von meiner Hausbank, mit dem ich in den letzten Wochen und Monaten mehrere ernsthafte Gespräche führen musste, zeigte sich erleichtert über den Scheck, den ich ihm überreichte, weil das Papier meinen Kontostand wieder in den Bereich des eingeräumten Dispo-Kredites bringen würde. Dagegen kostete es mich einige Überredungskunst, ihn davon zu überzeugen, dass er meinen Vermieter mit drei Monatsmieten beglücken und mir außerdem noch tausend Mark in bar aushändigen müsse. Erst als ich ihm hoch und heilig versprach, demnächst einen weiteren Scheck über zehntausend Mark einzureichen, gab er klein bei.
    Als Nächstes auf meiner Liste stand die Familie des verschwundenen Jungen. Zwar gab ich nicht allzu viel auf Sigis Idee, dass ein Zusammenhang zwischen dem Abtauchen des siebzehnjährigen Okkultisten und dem Kommando Jan van Leiden bestehen könnte, doch in Ermangelung einer besseren Idee suchte ich die Kleine-Schüttringhausens in ihrem netten Einfamilienhaus in Münster-Gievenbeck auf.
    Ein etwa siebenjähriges Mädchen öffnete die Tür und erzählte mir, dass der Papa bei der Arbeit sei. Dann kam die Mutter angeschossen und musterte mich misstrauisch.
    »Ich komme vom Detektivbüro Bach. Es geht um Ihren Sohn Andreas.«
    »Gibt's was Neues?«, fragte sie ängstlich.
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