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Zerrissen - Thriller

Zerrissen - Thriller

Titel: Zerrissen - Thriller
Autoren: Natalie Schauer
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Vor ein paar Jahren (Vorspann)
     
    Ich saß auf der Bettkante und massierte meine Hände, die wie verrückt zitterten, wischte mir den kalten Schweiß von der Stirn und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Was war ich für ein Wrack geworden? Ich wusste noch nicht einmal, wie spät es war, ob es Tag oder Nacht war. Ich war menschlich am Ende – kaputt, innerlich zerfressen, von meinen Schuldgefühlen zerfleischt. Ich fing an, meine Hände zu kneten, damit ich sie wieder fühlte. Oh Gott, waren meine Hände hässlich geworden, genau wie mein Spi egelbild! Da ich mich selbst nicht mehr ansehen konnte, hatt e ich alle Spiegel im ganzen Haus zerschlagen, und wir hatten viele Spiegel, als wir noch eine Familie waren! Wenn man es genau betrachtet e , waren wir verrückt nach Spiegeln, sogar im Schlafzimmer hatten wir an der Decke einen großen angebracht . Ich weinte beinahe, als ich daran dachte. Den großen Spiegel hatte Ian an der Decke angebracht, damit er mich besser beobachten konnte. War ich vielleicht schon immer verrückt, krank, kaputt? Waren wir pervers? War deshalb unser Sohn verschwunden, als gerechte Strafe? Bestraft e Gott meinen Sohn für meine Vergehen? War Gott wirklich so? Seit dem Tag , als Niklas aus unserem Leben gerisse n wurde, fragte ich ständig nach dem G rund. Wahrscheinlich, weil ich versagt hatte . Es konnte nicht anders sein. Ich versuchte mich selbst zu bestrafen, doch es half nichts. Es half mir nicht über den Verlust meines Sohnes hinweg.
     
    Langsam bekam ich wieder ein Gefühl in den Händen und griff zu der Flasche, die sich genau neben meinem Bett befand, besser gesagt, neben dem Kinderbett meines Sohnes, der nicht mehr bei mir war. Der vielleicht nie wieder zurückkam. Ich nahm einen tiefen Schluck, stellte die F lasche wieder ab und versuchte aufzustehen. Ich brauchte immer ein paar Anläufe, denn mein K reislauf machte nicht mehr mit. Seit Tagen hatte ich nur getrunken, Essen konnte ich nicht mehr bei mir behalten. Als die Fahndung eingestellt wurde, flippte ich komplett aus. Ian brachte Paul weg, weg von seiner Mutter, die verrückt wurde. Früher trank ich nur ein Gläschen Wein am Abend, doch seit ich alleine war, musst e ich mich damit betäuben, vor allem , um wieder durchschlafen zu können. Ich hatte keine Alpträume im herkömmlichen Sinne. Ich träumte nicht von schlimmen Dingen, sondern von Erinnerungen, die auf den ersten Blick schön waren, doch das Ausmaß dieser Erinnerungen sp rengt e jegliche Vorstellungskraft. Ich nahm noch einen Schluck und legte mich wieder ins Bett, zur Toilette würde ich es ohnehin nicht schaffen. Ich konnte es nicht verst ehen, warum die P olizei die Suche aufgegeben hatte .
     
    Da waren sie wieder, die Hände , die mir über den ganzen Körper strichen, die mich sanft berührten. Es fühlte sich so richtig an, so wundervoll, doch das war es nicht, denn die Hände waren nicht di e meines Mannes. Es dauerte nie lange, bis mich die Düsternis wieder aus dem Traum riss. Plötzlich sah ich das Gesicht meines kleinen Jungen, das vor Schmerz zu einer Fratze verzerrt war und schrie und schrie und s chrie. Diesen Schrei hörte ich a uch noch, als der Traum zu Ende war, als ich wieder im Bett meines Sohnes lag und mir bewusst war, was ich angerichtet hatte. Mein Griff ging wieder zur Flasche, doch sie war bereits leer, was mich wütend und verzweifelt machte. Ich wusste, dass noch eine im Wohnzimmer unten sta nd, doch der Weg dahin war weit. I ch konnte mich nicht aufraffen und fiel in einen unruhigen Schlaf . Nach einigen Stunden versuchte ich , mich aufzurappeln und kam bis zum Schreibtisch meines Sohnes, den ich seit seinem Verschwinden nicht verändert hatte. Die Polizei durchsuchte alles, durchwühl t e seine Sachen, doch e s fand sich kein Hinweis auf Niklas‘ Verbleib . Er war erst acht Jahre alt, also ging die Polizei sofort von einem Verbrechen aus. Tränen stiegen mir in die Augen , als ich die kleinen Schätze meines Sohnes sah, der ein so wundervolles Baby gewesen war, ein so schlauer und lieber Junge. Die Steine, die er im letzten Jahr aus Neuseeland mitbrachte, die Flaschen mit Sand, die er liebevoll mit kleinen Zetteln beschriftet hatte, standen noch da, als würde Niklas mit seiner Schultasche hereinstürmen und mir gleich einen Kuss geben. Doch die Tür öffnete sich nicht, genau wie in den Wochen und Monate n zuvor. Ich öffnete die Schublade, in der Stifte und Bücher verstreut herumlagen , und da fiel mir das kleine
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